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Meine Augen waren vor Schreck weit aufgerissen - ich sah schon die Kugel in meinen Brustkorb einschlagen. Mein panischer Schreck durchschnitt die Stille.
„Oh mein Gott, nein..."
Doch da kam kein Aufprall der Munition auf meinem Körper, da kam gar nichts.
„Entspann dich. Ich habe ihm nur ein Zeichen zum Rückzug gegeben."
Mein Herz raste auf eine Weise, die ganz bestimmt nicht gesund war. Mir war heiss und kalt zugleich, so fühlte sich also Todesangst an. Ich hätte nie gedacht, dass ich so etwas einmal erleben würde. Meine Handflächen bedeckten mein Gesicht - kalte Finger auf glühenden Wangen. Mein Kreislauf spielte verrückt, ich hatte das Gefühl im luftleeren Raum zu schweben. Die Tränen kamen jetzt so stark, dass ich das Gefühl hatte an ihnen zu Ersticken. Ich sank auf den Boden, kauerte nun am Rand des Stegs. Mein Blick wanderte zu Thomas hinauf, ich sah zu ihm auf, schockiert.
„Ganz schön mieses Gefühl, was? So ausgeliefert zu sein..."
Wie ein Häuflein elend saß ich auf den kalten Planken des Stegs, seine Überlegenheit war fast greifbar. Mir tat alles weh, fast so als würden wir körperlich gegeneinander kämpfen und nicht mit psychospielchen. Mein Gesicht zu einer leidenden Grimasse verzogen blickte ich zu ihm auf - abwartend, am Boden zerstört, kraftlos. Noch einmal musste ich die Frage stellen auf die ich immer noch keine Antwort hatte.
„Was passiert jetzt?"
Wahrscheinlich würde er mich diesmal wirklich umbringen, aber ich hatte einfach die Nerven nicht mehr diese Ungewissheit weiter zu ertragen. Vielleicht wäre es sogar besser, wenn er mich hier und jetzt ermorden würde, wer weiß, was mir sonst noch alles bevor steht, in meinem „neuen" Leben „mit ihm". Als er sich neben mich hinhockte, streifte sein heisser Atem meine Wange.
„Wir werden uns erst einmal ganz in Ruhe unterhalten. Schließlich haben wir uns so lang nicht gesehen."
Meine Schminke war vom vielen weinen verwischt - aber irgendwie war es mir gar nicht peinlich so hier vor ihm zu sitzen, die Gewissheit, dass er mich nun wahrscheinlich sowieso hasste, saß tief genug. Er war mir so nahe, er kniete neben mir, wie ein Papa bei seinem Kind, was scheisse gebaut hatte. Doch ich wollte diese trügerische Illusion nicht aufrecht erhalten, ich musste wissen, woran ich wirklich war.
„Du willst dich rächen, oder?"
Das war so offensichtlich, jedoch hatte er mich doch vorhin immerhin nicht umgebracht. Die Frage war nun, ob das ein gutes oder schlechtes Zeichen war - vielleicht würde ich mir ja nach seiner Antwort wünschen irgendwo als tote Leiche in Frieden ruhen zu können.
„Verdient hättest du es."
Ich versuchte es mit meinem wehmütigsten Blick, der Gesichtsausdruck, der zumindest früher immer bei Thomas gezogen hatte. Der ihn jedes Mal dazu gebracht hatte zu mir zurückzukehren, egal, welchen Mist ich gebaut hatte. Jedoch nur, um mich dann bei der nächsten Gelegenheit unter fadenscheinigen Gründen wieder sitzenzulassen. Doch nun ging es um mein weiteres Leben - also legte ich noch eine Scheibe drauf, ich machte Eingeständnisse, die ich sonst niemals in Erwägung gezogen hätte.
„Thomas, was ich damals getan habe... es tut mir leid..."
Thomas lehnte sich zu mir hinüber, er kam mir gefährlich nahe. Tödlich und toxisch nahe. Seiner Mimik nach verlor er langsam die Geduld. Früher war ich schließlich nicht so mühsam gewesen, nicht so ein in Tränen aufgelöstes Häuflein elend mit dem er herum diskutieren musste.
„Es tut dir leid?!"
Es wäre mir lieber, wenn er den Abstand zwischen uns wieder vergrößern würde - ich fühlte mich so unwohl. Sein Gesicht war so nahe, ich könnte ihn küssen; was für ein verrückter Gedanke. Ich hatte jetzt doch eine ganz andere Aufgabe, ihm klar machen, dass mir mein Fehler bewusst war.
„Du hast mir keine Wahl gelassen. Du hast dich auf die Seite des anderen Anteilseigners geschlagen."
Ich sackte unter den folgenschweren Worten meines Geständnis zusammen, kalt berührten die Planken des Stegs meine Handflächen. Ich fühlte mich so kraftlos und mies wie schon lang nicht mehr. Ich war ein lebloses Stück dreck - ein Spielzeug, was Thomas nur mehr lästig war.

Wie glaubt ihr geht es mit Agnes und Thomas jetzt weiter?

Dieses Kapitel behandelt wie die Kapiteln zuvor die selbe Szene damit ich diese genauer beschreiben konnte. Dies ist auch durch den Buchstaben neben der kapitelzahl ersichtlich

Über votes und Kommentare würde ich mich wie immer sehr freuen

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