Als ich meine Augen wieder öffnete, war Thomas Gesicht noch immer so nahe - seine wunderschönen Augen ruhten auf mir.
„Ich lasse nicht mit mir spielen."
Thomas plötzlich so harsche Aussage holte mich wieder in den Albtraum zurück, der sich mein Leben nannte. Der verheißungsvolle Ausdruck in seinem Blick war verschwunden, das war jetzt wieder der Thomas, den ich in den letzten Tagen kennen und hassen lernte. Er wich vor mir zurück, ganz so als ekelte er sich vor mir und meinem Verhalten. Ich starrte ihn fassungslos an, ich habe doch tatsächlich für 1 Augenblick geglaubt, dass alles wieder gut wäre. Aber nein, Thomas würde jetzt gehen und ich wäre wieder allein - einsam bis auf meine Probleme, die waren immer da. In seine Augen war ein eisiger Ausdruck getreten, Abscheu, Sarkasmus, Boshaftigkeit. Wie ich ihn ansah, wie ein Welpe, der um Aufmerksamkeit und liebe bettelte, Erbärmlich. Er rückte von mir weg, die schmale Bank schien auf einmal viel zu lang zu sein. Sein plötzliches auf Abstand gehen machte mich mehr nervös als seine Nähe und all seine Drohungen auf einmal. Der Himmel hinter ihm war so düster wie seine Stimmung nun wieder - eine böse Prophezeiung. Doch ich stellte mich dumm, meine naive Hoffnung war schon immer meine Schwäche gewesen.
„Was meinst du?"
Er sah mich entgeistert an, so dumm hatte er mich ja gar nicht in Erinnerung. Am liebsten hätte er mir wahrscheinlich eine runter gehauen damit ich wieder zu Verstand kam. Aber das war ihm dann doch zu riskant, mitten hier im Park meines Hotels.
„Egal, wie weit du noch gehen würdest... es bleibt dabei... verkaufst du nicht an Martin, wanderst du ins Gefängnis."
Tränen schossen mir in die Augen - warum tat er das?! Warum spielte er mit mir?! Er trat auf meiner Seele herum, wie er es wohl am liebsten mit meinem Körper machen würde. Und, doch Verstand ich nicht, warum er mich gar so quälen musste.
„Aber..."
Meine Hand fand wie von selbst ihren Weg auf Thomas Schulter. Sein Blick blieb kalt, aber immerhin schlug er meinen Arm nicht weg.
„Agnes, lass es... der alten Zeiten wegen..."
Er demütigte mich auf allen möglichen Ebenen. Und seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, machte es ihm auch noch Spaß. Dabei wäre alles, was mich mir wünschte doch jetzt nur, dass er mich in den Arm nahm und mir sagte, dass das alles nur ein blöder Traum war. Dass wir wieder zusammen waren - er mich liebte und ich in Sicherheit war. Doch, wenn ich ihn so ansah, wurde mir klar, wie weit ich von dieser Illusion entfernt war. So weit weg, dass sie unscharf und surreal erschien. Thomas würde mich wieder verlassen, wenn er seinen dubiosen Deal mit Martin hier abgezogen hatte, er würde irgendwo neu anfangen, mit einer neuen Frau. Das musste ich unbedingt verhindern.
„Hast du denn gar nichts gespürt? Das war doch wie früher... da war doch alles noch da... wir beide... Thomas, bitte..."
Ich griff an den Kragen seines Mantels und rüttelte ihn - er musste zu Sinnen kommen bevor es zu spät war. Er wehrte sich nicht gegen mich. Er ließ mich gewähren, wohl wissentlich, dass er mich mit Worten hier wohl mehr verletzen konnte als mit seinen Händen. Ich versuchte vergebens seinen Blick einzufangen, er wich mir aus. Seine Augen wirkten so hart und unerschütterlich wie Stahl, da waren keine Gefühle mehr in ihnen, da war noch eine tiefe Abgeklärtheit an der es nichts mehr zu rütteln gab. Ich spürte seine muskulösen Schultern unter meinen Fingern, der dünne Stoff seines Mantels und seines Hemds konnten jahrelanges Training nicht verheimlichen. Er war so stark - ich war nur irgendeine dahergelaufene Frau, ich war ein Niemand für ihn, das war ich eigentlich schon immer gewesen.
„Wir beide?!"
Seine Stimme triefte vor Sarkasmus und Gereiztheit. Nun war da Zorn in seinem Blick - seine Zähne waren gebleckt, wie bei einem Hund kurz vor dem Angriff. Meine Hand krallte sich in den Stoff seiner Jacke, ich wollte ihn nicht los lassen, egal, wie weh es auch noch tun würde. Ich hielt ihn fest damit er hier bei mir blieb, er konnte mich verletzen und verspotten wie er wollte, aber er sollte mich um gottes Willen nicht schon wieder allein lassen. Er entwand sich nicht aus meinem Griff. Doch er sah mich an als sei ich das letzte Stück dreck. Da war keine Liebe, nicht mal mehr bedauern oder erinnern in seinem Blick. Er könnte jetzt gehen - ohne sich noch mal umzudrehen zu mir und damit würde er mir zum keine Ahnung wievielten mal das Herz brechen. Er könnte mich noch weiter hinhalten und seine psychospielchen mit mir spielen, wenn er mich verlassen würde, würde ich ihm trotzdem nachweinen, zumindest kurz. Vielleicht würde ich sogar versuchen ihn aufzuhalten, wenn es mein Mut zuließ. Auf jeden Fall würde ich ihm aber hilflos hinterher schauen, wie eine sitzengelassene Teenagerin. Wenn ich mich vor ein paar Wochen noch so gesehen hätte, hätte ich gesagt das sei alles ein schlechter Scherz. Doch nein, meine Verzweiflung war echt - ich wollte ihn zurück, auf eine Art und Weise, die ich selber nicht verstand.
„Ja..."
Er konnte meinen Gedanken nicht folgen, das sah ich ihm sofort an. Ich riss am Stoff seiner Jacke, wollte ihn zu mir ziehen, doch er hielt mühelos dagegen.
„Und sobald du mich nicht mehr brauchst... was dann?! Erschiesst du mich und verbuddelst mich im Wald?!"
Meine Wangen waren nass von meinen Tränen, ich weinte über meine eigene Grausamkeit, die er mir mit Vergnügen immer wieder vorhielt. Meine Finger taten weh - so krampfhaft waren sie angespannt, so sehr hielt ich den Mann fest, den ich vor ein paar Jahren um jeden Preis der Welt loswerden wollte. Die Kälte in seinem Blick ließ mich beinahe erfrieren, er war schon immer gut drin gewesen mir genau das zu nehmen, was ich am meisten brauchte. Meine Tränen schmeckten salzig und auch seltsam bitter, bitter wie meine Reue. Ich musste ihn stoppen, bevor er mich immer mehr in meine eigene abwärtsspirale aus schuld und Sühne hinein ziehen würde.
„Hör auf damit..."
Er schüttelte meinen Arm ab - erbost und kochend vor Wut. Ich zuckte nicht zurück, er hatte mich schon so weit aus meiner Komfort-Zone hinaus gebracht, dass das auch schon egal war. Meine Augen bettelten um eine Absolution, die ich nicht verdiente. Doch er sah nichts mehr in mir, zumindest nicht mehr als längst vergangenen Schmerz und längst zerstörte Hoffnungen.
„Hör du damit auf... ich falle nicht mehr auf dich hinein."
Mit diesen Worten stand er auf und überschritt mit schnellen Schritten den kleinen Vorplatz - zu schnell, zu plötzlich, ich war noch nicht fertig mit ihm. Eine letzte Frage, vorerst, die wichtigste.
„Liebst du mich denn gar nicht mehr?"
Ich weiß nicht, ob ich mit der Antwort leben können würde, aber das konnte ich ja mit der ganzen Situation hier ja eh schon länger nicht mehr. Die Stille war zum zerreißen gespannt, zu lang, zu vorahnungsvoll, zu absolut leise. Er drehte sich zu mir herum. Da stand er nun, in seiner vollen Größe und Schönheit noch einmal so vor mir.
„Lass dir nicht zu lang Zeit mit dem Verkauf."
Seine Blick war unergründlich - irgendwie zerrissen, auf die schlimmste Art und Weise. Dann wandte er sich wieder um und ging, fort von mir und meinem Leid, das er wieder mal verursacht hatte. Vor Frustration stampfte ich mit dem Fuß auf, genau auf jene Kieselsteine, die bereits dunkel von meinen herab getropften Tränen waren.Glaubt ihr Thomas wird wirklich nicht aus alter Liebe vom Verkauf von Agnes hotelanteilen Abkommen?
Über votes und Kommentare würde ich mich wie immer sehr freuen
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One more moment with you
Misteri / ThrillerAgnes hat ihren ex-Mann Thomas kaltblütig und ohne Rücksicht auf Verluste ermordet - denkt sie jedenfalls. Denn in letzter Zeit häufen sich die Anzeichen, dass Thomas eventuell noch am Leben ist. Und nun scheint er vor allem eines zu wollen: Rache T...