Bald würde Kevin Verdacht schöpfen - schon allein die Tatsache, dass ich Thomas ständig in Schutz nahm, kam ihm ganz komisch vor. Doch nun musste ich mit Thomas kooperieren, um schlimmeres zu verhindern.
„Ich habe Kevin gebeten dich nicht raus zu werfen."
Thomas saß an einem Tische unseres Cafés in der Lobby, ich war extra zu ihm gekommen, um ihm das mitzuteilen. Ich stand neben seinem bequemen Sessel in dem er entspannt zurückgelehnt sass, viel verkrampfter konnte die Situation ja wohl kaum noch ausschauen. Doch mich zu setzen brachte ich nicht über mich - außerdem würde es Kevin sicher nicht gefallen uns so zu sehen, Kevin, der als mein Stellvertreter auch einige macht in der Geschäftsführung der Pension besaß und der Thomas lieber gestern als heute los geworden wäre. Wenn es nach ihm Gänge, sässe Thomas jetzt schon auf gepackten Koffern. Thomas sah mich nicht mal an, ihm war das hier alles so egal, ich war ihm so egal.
„Wie großzügig."
Aber da war noch eine Sache, die Kevin nicht verstand, noch eine Lüge: Thomas sollte ja eigentlich 2 Millionen € als Kaufpreis von Martin für meine Anteile erhalten. Kevin hatte ich jedoch eine verdrehte Wahrheit erzählt - ihm wollte ich Weiss machen, dass Thomas mich mit irgendwelchen alten dubiosen Geschäftspraktiken erpresste, die ich gegen Martins andere Hotelkette in Thailand damals ausgeführt habe, um ihn wirtschaftlich noch mehr zu ruinieren. Und ihm Gegenzug für sein schweigen verlangte er angeblich von mir das Geld. Nur der Grund, warum Thomas die Kohle brauchte, war in jeder Version der gleiche; er wollte sich seine eigene schönheitsklinik kaufen. Ich musste versuchen Thomas klar zu machen auf welch dünnem Eis ich mich bewegte, wenn ich Kevin weiterhin so anlog.
„Aber er glaubt mir nicht, dass ich dir nur aus alter Verbundenheit helfe damit du über ein paar nicht ganz legale geschäftliche Transaktionen Stillschweigen bewahrst."
Thomas musste mir irgendwie helfen - ich konnte die ganze Last der Lügen, Vorwürfe und Verdächtigungen nicht mehr allein tragen. Ich ging um den Tisch herum und setzte mich neben Thomas. Nur bei weitem angespannter wie er. Er scheuchte mich nicht fort, aber das hieß noch lang nicht, dass man mit ihm ein gescheites Gespräch führen konnte.
„Dann solltest du seinen Verdacht schleunigst zerstreuen. Oder willst du, dass er heraus findet, was du damals mit mir gemacht hast?!"
Ich fuhr zu ihm herum - er konnte nicht so mit mir reden, nicht in meinem Motel, vor meinen Angestellten und meinen Gästen.
„Nicht so laut..."
Wenn irgendjemand jetzt neugierig reagieren und nachfragen würde, könnte ich nicht dafür garantieren, dass Thomas seinen Mund halten würde.
„Verkauf deine Anteile und Sorg dafür, dass ich mein Geld bekomme. Dann lasse ich dich in Ruhe."
Langsam riss auch mir der Geduldsfaden, Thomas konnte so stur sein. Wütend funkelte ich ihn an - wenn seine Blicke töten könnte, wäre ich allerdings schon längst nicht mehr am Leben. Egal, ich musste Thomas dazu bringen mir zumindest irgendwelche schlüssigen Erläuterungen zu liefern, die ich meinem Umfeld bekanntgeben konnte.
„Und, wie soll ich Kevin und seinem Papa den Verkauf erklären?! Die wissen doch, dass ich Martin hasse."
Thomas lehnte sich wieder in seinem Sessel zurück, sein Desinteresse an diesem Gespräch war wohl für alle deutlich zu spüren.
„Nicht mein Problem."
Scheisse - das lief ja noch schlechter als ich dachte. Ich lehnte mich zu Thomas hinüber und er wich nicht zurück. Ich betete, dass nicht ausgerechnet jetzt Kevin in die Halle kommen und mich Kopf an Kopf mit Thomas sehen würde. Doch das Café war äußerst leer, bis auf ein paar wenige andere Gäste war alles ruhig. Ich musste versuchen Thomas klar zu machen in was für massive Probleme uns das bringen könnte, wenn die ganze Sache aufflog.
„Aber sie werden vermuten, dass ich mit weitaus schlimmeren Sachen erpresst werde... und womöglich werden sie den Verkauf dann anfechten und alles rückgängig machen."
Wir mussten diese Sache hier jetzt schnell klären - jede Minute, wo wir hier saßen, war 1 zu viel. Seine Anwesenheit war pures Gift für mich, ein Gift, das mich schleichend, aber doch dahinraffen würde. Vielleicht hatte Kevin doch recht gehabt mit seinem Vorschlag Thomas vom Hof zu jagen. Aber er hatte auch keine Ahnung, was wir ihm hier wirklich vorspielten und welche fatalen Folgen ein nur kleiner Fehltritt für mich haben könnte. Nein, es war schon richtig, dass ich dafür gesorgt habe, dass Thomas als unser ganz besonderer Gast bleiben durfte damit wir „diese Sache" zwischen uns klären konnten. Und bis dahin musste ich beten, dass Kevin nicht dahinter kam, welche Scheinwelt ich ihm grade vorgaukelte. Beinahe alles, was er über mich wusste, war eine Illusion - ein Kartenhaus, was vielleicht bald zusammenbrechen würde. Vielleicht war ich es ja dann, die er aus dem Haus warf. Vielleicht war ich es ja dann, die bei ihm zu Kreuze kriechen musste. Vielleicht würde er mich dann endlich (?!) so sehen, wie ich wirklich war. Vielleicht würde er dann sehen, wie schwarz meine Seele war.
„Unsinn... kevins Papa wird froh sein, wenn er dich los ist... und du kannst dir mit deinem neuen lover irgendwo auf einer Südseeinsel ein schönes Leben machen."
Nun konnte ich mich einfach nicht mehr zusammenreißen und verdrehte genervt die Augen - das war alles so zermürbend und führte dennoch zu nichts. Warum hat Thomas mich nicht gleich wieder weggeschickt, wenn er ohnehin nicht wirklich gewillt war mit mir diese Unterhaltung zu führen?! Doch ich durfte jetzt nicht aufgeben, sonst war ich im weiteren „Kampf" chancenlos.
„Wenn Martin hier wieder die Oberhand hat, wird kevins Papa auch nicht begeistert sein... und falls sie den Deal anfechten, dann gehst du leer aus."
Vielleicht war das jetzt mein 1. schlagkräftiges Argument in diesem Gespräch - denn auch er hatte hier hoch gepokert. Thomas erstarrte in der Bewegung, richtig, meine Worte hatten ihn getroffen. Sein Gesicht war versteinert, leicht geschockt, aber auch irgendwie frustriert.
„Dann musst du dir glaubwürdige Gründe einfallen lassen, warum du verkaufst... du kriegst das schon hin... im Lügen warst du immer gut... und sollte mir irgendetwas zustoßen, landet die Aufnahme mit deinem Geständnis sofort bei der Polizei dank meinem Notar... schönen Tag noch..."
Thomas fischte einen Geldschein für seine Bestellung aus dem Portemonnaie - dann erhob er sich und ging. Alles war umsonst gewesen, im Gegenteil, er machte es mir immer schwerer. Ich blieb zurück, verzweifelt, genervt und psychisch kurz vor dem Zusammenbruch.Glaubt ihr Agnes schafft es den anteilsverkauf glaubhaft abzuwickeln? Oder wird es dazu gar nicht kommen?
Über votes und Kommentare würde ich mich wie immer sehr freuen
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Misterio / SuspensoAgnes hat ihren ex-Mann Thomas kaltblütig und ohne Rücksicht auf Verluste ermordet - denkt sie jedenfalls. Denn in letzter Zeit häufen sich die Anzeichen, dass Thomas eventuell noch am Leben ist. Und nun scheint er vor allem eines zu wollen: Rache T...