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Die Stille ist zerreißend. 

Ich höre, wie kräftig mein Herz schlägt und versuche vergeblich zu atmen. Aber der Druck auf meiner Lunge erschwert mir dies. Der Druck entstand durch die Worte meiner Mutter, die immer noch in meinem Kopf hallen. 

Eine leichte Panik schwappt in mir auf, da mir augenblicklich bewusst wird, mit wem wir es eigentlich aufnehmen wollen. 

Benjamin Harris ist kein Niemand. 

Er hat alles, was man in unsere Welt braucht, um zu überleben. Macht, Einfluss und Geld. Zudem ist er brutal. Er wird kein Halt machen und uns zerstören. Allein schon aus dem Grund, dass wir uns gegen ihn wenden. 

Seine perfekte Familie bricht zusammen, die er so verzweifelt versucht hat, aufzubauen. Letzten Endes ist es jedoch seine Schuld. 

"Ich habe schon meine Anwälte kontaktiert und sie haben sich schon an die Arbeit gemacht", erklärt meine Mutter mit einer tödlichen Ruhe. "Ich hatte Jahr lang Zeit, mich dafür vorzubereiten", hängt meine Mutter noch dran. 

Die Wahrheit hinter ihren Worten ist erschreckend. Sie ist immer noch seine Ehefrau, hat eine Familie mit ihm gegründet und arbeitet in seinem Imperium. Natürlich weiß sie, von allen Menschen auf der Welt, über seine dunkelsten Geheimnisse Bescheid. 

Ein gefährliches Grinsen breitet sich auf meinen Lippen aus. Mir wird bewusst, dass wir gerade eine tatsächliche Chance haben. Eine Chance, Benjamin von seinem Thron zu stürzen. 

Meine Mutter entspannt sich auf einmal und setzt sich in Bewegung.

Mit leisen Schritten läuft sie auf die Kiste, die auf dem Tresen steht, zu. Vorsichtig greift sie nach dieser, zieht sich nach vorne und öffnet sie dann. 

Es scheint, als würde sich die Atmosphäre zwischen uns wieder anspannen. Schweigend beobachten Rebecca und ich meinte zu und warte auf irgendeine Reaktion. 

Mit zittrigen Finger greift sie langsam rein und holt nach und nach die Sachen raus. Mit zusammengepressten Lippen mustert sie alles ganz genau, als kenne sie die Hintergrundgeschichte jedes Stücks. 

Pure Trauer packt mich, als ich sehe, wie sehr meine Mutter gerade zu kämpfen hat. Die ganze Situation ist so abgedreht, dass ich es selbst noch gar nicht fassen kann. Es wird aber auch noch lange so bleiben. Lange, bis die Normalität wieder zurückkehrt. 

Nur aus dem Augenwinkel bemerke ich, wie Rebecca ihre Sachen zusammenpackt und ich schaue sie kurz verwirrt an. Mit dem Kopf zeigt sie in Richtung Tür und hebt zum Abschied nur kurz die Hand. 

Dankend nicke ich ihr nur zu, da ich in diesem Moment meine Mutter hier nicht allein lassen möchte, was Rebecca versteht. Mit leisen Schritten entfernt sie sich und kurz darauf höre ich, wie die Tür geöffnet und wieder zu geschlossen wird. 

"Dieses Bild entstand kurz nach deiner Geburt", flüster meine Mutter. Keine Ahnung, ob sie mitbekommen hat, dass Rebecca gegangen ist, aber sie scheint es auch nicht zu interessieren. 

"Benjamin wusste sofort, dass du nicht sein Kind bist und wollte dich zur Adoption freigeben", redet sie weiter, während ihr Blick auf dem Bild in ihrer Hand weiter kleben bleibt. "Aber ich konnte das einfach nicht. Dann wurde ihm jedoch klar, dass bereits jeder mich mit dem Babybauch gesehen hat und die Adoption hätte ein schlechtes Bild auf uns geworfen", erzählt sie, als wäre seine Reaktion total nachvollziehbar. 

"Sam kam in dieser Nacht ins Krankenhaus. Er wollte seine erste und einzige Tochter sehen und hat sich so auf dich gefreut." Ihre Stimme bricht bei dieser Erinnerung und ich schlucke schwer. 

Wieso kann ich mir diese Bild so gut vorstellen? Ich senke meinen Blick auf den Bilderrahmen in ihrer Hand und meine Vorstellung wird erfüllt. 

Ich in den Armen meiner Mutter und Sam uns beide in den Armen haltend. Meine Mutter schaut müde, aber gleichzeitig so erleichtert, zu Sam auf und er schaut auf mich. Liebevoll und voller Wärme. 

Just hold me tight and don't leave meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt