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Stumm starrt er auch mich weiter runter. Kurz glaube ich sogar, dass er mich gar nicht gehört hat.

Doch dann blinzelt er und ich beobachte fasziniert, wie sich sein Adamsapfel beim Schlucken bewegt. Meine Gedanken schweifen weiter ab und als plötzlich seine Lippen bewegt, auf denen mein Blick schon klebt, merke ich peinlich berührt, dass ich ihn weiter angaffe.

Konzentration! Piper, du versucht hier ein ernstes Gespräch zu führen. Da bleibt dir keine Zeit über Elijah herzuschmachten. Nicht angebracht!

Ich schüttle meinen Kopf nach meiner eigenen Moralpredigt und hebe meinen Blick wieder. Unsere Blicke treffen sich und ich schlucke. Hat er es bemerkt? Meine Wangen fangen an zu brennen, bei der Vorstellung er hätte meinen Blick bemerkt.
Jedoch bleibt sein Blick weiter verwirrt.

„Du.. was ...", stottert er los. Allein, dass ich ihn mit dieser Frage überrumpelt habe, lässt meine Wangen glühen.

„Es ist vielleicht nicht der richtige Zeitpunkt, vor allem wenn ich mich in wenigen Stunde mit Benjamin auseinandersetzen muss. Aber ich ab etwas gehört - in der Schule und ich kann nicht aufhören darüber nachzudenken. Es macht mich verrückt, weil du letztes Jahr einfach verschwunden bist und ich irgendeinen Grund haben wollte auf die böse zu sein. Doch jetzt überhör ich diese Mädchen, wie sie über Oliver reden und es ... macht alles irgendwie einen Sinn und trotzdem herrscht so ein Chaos in meinem Kopf. Aber..."

„Piper, atme", unterbricht Elijah mich in meinem Redeschwall und legt seine Hände auf meine Wangen. Die plötzliche Kälte seiner Hände bringt meinen ganzen Körper zum Zittern.

Laut atme ich aus.

Schwach lächelt er auch mich herab und streicht in gedankenverloren über mein Gesicht. Die Zärtlichkeit dieser Gestehe wirft alle meine Entscheidungen, die ich gerade beschlossen habe, durcheinander. Ich verliere mich in der Wärme zwischen uns, nach der ich mich so gesehnt habe.

„Wollen wir uns setzen?", schlägt er vorsichtig vor und zieht mich gleich schon mit in Richtung Sofa. Immer noch nicht ganz bei der Sache, folge ich ihm und entziehe ihm meine Hand nicht.

Als wir sitzen, schaut er mich schon wieder an. In seinen Augen sehe ich, wie er mit sich kämpfen muss. Ich fühle mich wie die größte Idiotin, dass ich ihn dazu gezwungen habe. Man merkt doch, dass er noch nicht dazu bereit ist und ich heule ihm etwas vor.
Beschämt wende ich meinen Blick ab.

„Oliver hatte schon immer ein Problem mit Drogen. Seine Familie hatte sich noch nie wirklich um ihn gekümmert und so zerbrach er immer weiter. James und ich haben unser Bestes versucht. Wir wollten ihm immer nur helfen, aber irgendwann hat auch er uns nicht zugehört und sich abgewendet", fängt er an. Sein Blick schaut in die Ferne, als würde er jeden dieser Momente noch einmal durchleben.
Mitleid breitet sich in mir aus.

„Die Feier letzten Sommer. Einmal in meinem Leben wollte ich etwas für mich und mich nicht mehr über andere sorgen. Du hast mir gezeigt, dass es eine Welt gibt, in der ich ich sein kann. Noch nie wollte ich etwas so sehr wie dich."
Tränen steigen mir in die Augen, als er weiter erzählt. Trotzdem war ich nicht da und konnte für ihn da sein... 

„An diesem Abend hat sich Oliver das Leben genommen. Überdosis. Man fand ihm am Strand, wahrscheinlich hat er noch den Sonnenaufgang angeschaut und dann die Pillen genommen", haucht er und schließt verletzt die Augen. Sofort lege ich eine Hand auf sein Bein, nur damit er weiß, dass ich jetzt da bin.

Nur halb verarbeite ich alles, was er mir eröffnet und kann es kaum glauben. Wie blind musste ich sein, um es nie zu bemerken? Scham, weil ich nie versucht habe, Elijah oder James zu fragen, warum sie weggegangen sind und weil ich so wütend auf Elijah war. 

„Seine Familie tut aber weiter so, als würde er noch leben, nur damit die Öffentlichkeit nicht erfährt, dass ihr Sohn an Drogen gestorben ist", lacht er rau auf und fährt sich einmal über das Gesicht. Die Verletzlichkeit trifft mich tief in der Brust. Also streiche ich sanft über sein Bein und warte ab, ob er noch was sagen möchte. 


Wut kocht in mir hoch, als er von Olivers Familie spricht. Was zu Hölle denken sie sich? Ich kann mir gar nicht vorstellen, was in Elijah Kopf gerade abgeht. Wie hat er es geschafft, mit diesem Wissen weiterzuleben und so zu tun, als würde Oliver gerade tatsächlich am Strand liegen ...

Meinen Mund jetzt zu öffnen, würde alles nur noch schlimmer machen. Es herrscht pures Chaos in meinem Kopf. Doch erstmal will ich Elijah einfach nur zu hören und für ihn da sein. 

„James und ich waren ihn suchen gegangen, deswegen lag ich morgens nicht mehr neben dir. Wir haben ihn am Strand gefunden und als wir erfahren haben, was für ein Theater seine Eltern veranstalten sind uns die Sicherungen durchgebrannt. Wir sind einfach abgehauen, wie Feiglinge. Aber ich konnte dir nicht mehr unter die Augen treten, mit dem Wissen, dass ich Schuld an dem Tod an Oliver trage und ...", öffnet er sich mir weiter, doch ich unterbreche ihn. 

„Was sagst du da? Elijah, du bist nicht Schuld an seinem Tod", hauche ich leise und rücke näher an ihn dran. Verzweifelt suche ich seinen Blick, um ihm klarzumachen, dass er gerade den größten Stuss von sich gibt. Fast schon panisch drehen sich die Rädchen in meinem Kopf.

„Elijah, schau mich an", dränge ich ihn leicht, „du kannst nichts dafür. Oliver hat sich von Anfang dafür entschieden. Nur seine Eltern sind dafür verantwortlich und was auch immer sie jetzt machen .... macht mich so wütend", rede ich weiter und versuche meine Emotionen unter Kontrolle zu haben. 

Immer noch sprachlos über das Verhalten der Familie schweife ich kurz in meinen Gedanken ab. Ich kannte Oliver, zwar nicht gut, aber hätte ich selbst etwas tun können? 
Nach der Feier, als Elijah verschwunden ist, wollte ich irgendjemanden finden, dem ich die Schuld geben konnte. Ich war wütend und verletzt, doch jetzt erfahre ich den Grund. Die Wahrheit.  

Schmerzhaft muss ich zusehen, wie sich sein ganzer Körper mehr verkrampft und seine Atmung immer schneller wird. Er hört mir weiterhin nicht zu und ich merke, wie sein Körper unter meiner Hand anfängt zu zittern. Ich ahne schon, wie das hier enden wird. 

Schnell sind meine Gedanken vergessen und ich drehe Elijah ganz zu mir herum. Er schaut weiterhin auf seine Hände, als habe er mich komplett ausgeblendet. 

Entschlossen lege ich meine beiden Hände auf seine Wangen, um seinen Kopf zu heben. Langsam macht mir seine Atmung angst, denn ich kenne nur zu gut, was er gerade erlebt. 

"Hey", flüstere ich besorgt und suche seine Augen. Als er seinen Blick hebt, schlucke ich. Mit einem sanften Lächeln wische ich die einzelne Träne weg, die seine Wange herunterkullert.  

 "Du jetzt mit mir zusammen atmen, dann hört der Schmerz auf", erkläre ich ihm und hole einmal tief Luft. Voller Hoffnung beobachte ich ihn, wie er versucht mir zu folgen. 

Dann atme ich aus. 

Wieder ein. 

Aus. 

Irgendwann lege ich meine Arme um seinen Nacken und ziehe ihn an mich heran. Ich selber entspanne mich, als ich seine Wärme spüre und hoffe, dass ich ihm irgendwie helfen konnte. 

Still sitzen wir weiter so, bis Elijah seine Arme um mich legt und mich abrupt auf seine Schoss zieht. Umschlungen lehnt er sich nach hinten und zieht meinen Duft ein. Ein Schauer durchzieht mich, als sein ganzer Körper augenblicklich entspannt. 

"Danke, Piper." 


~~~

Wir reden nicht darüber, dass ich die letzten drei Monate eine fette Schreibblockade hatte... 

Aber ich bin zurück und mein einziges Ziel ist ENDLICH die beiden zusammenzubringen und diese Story abzuschließen.

Also bleibt dran, denn die Achterbahnfahrt ist noch nicht vorbei :) 

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⏰ Letzte Aktualisierung: Jun 07, 2022 ⏰

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Just hold me tight and don't leave meWo Geschichten leben. Entdecke jetzt