Es war wieder da, das Gefühl nicht in die Schule zu wollen.
Meine Vergangenheit und meine Gegenwart prallen gerade aufeinander und das gefällt mir ganz und gar nicht.
Jess ist ein sehr loyaler Mensch, aber ihre Antwort auf vieles ist Gewalt. Sie kennt es seit ihrer Kindheit nicht anders. Und ich mochte sie immer, nur brachte sie nicht immer meine beste Seite zum Vorschein. Nein, ich gebe ihr nicht die Schuld daran, ich bin und war für alles was ich tue selbst verantwortlich.
Ich hatte übrigens tatsächlich neben Cleo noch andere Freunde an der neuen Schule. Man glaubt es kaum. Und zwei davon werden mich auch dieses Jahr wieder begleiten. Bärbel, sie war in derselben Klasse als ich und wird es auch weiter sein. Ein bisschen habe ich den Rebellen in ihr geweckt, es macht mir Angst darüber nachzudenken, was Jess für Potenzial in ihr sehen wird. Ich hoffe auf das Beste und zwar, dass Jess kein Interesse an ihr haben wird.
Und dann gab es da noch Rebe, sie ist genial. Wirkt wie ein Mauerblümchen, aber in ihr steckt do viel mehr. Ich hoffe, dass wir zumindest in manchen Fächern gemeinsam Unterricht haben werden.
Aber ganz egal, mit wem ich mich gerade unterhalte, mir fehlt etwas. Wenn ich meinen Blick über den Schulhof gleiten lasse, suche ich nach ihr, als wäre sie noch da.
Ich musste Cleo versprechen, dass ich mir Mühe gebe, Freunde in der Schule zu haben, dass ich mich nicht von allen zurück ziehe.
Ich erzähle Jess, dass ich morgens nicht mit dem Schülerbus fahre, also fahren wir von nun an gemeinsam. Täglich kommen neue Leute dazu und Bärbel und Rebe freuen sich auch immer schon, wenn wir kommen.
Mit den Lehrern läuft es wie immer, die Lehrer meiner alten Schule haben sie gewarnt, was Jess und ich zusammen für ein Unheil über die Schule bringen werden.
Ich mache das Beste daraus und freunde mich immer mehr mit Rebe an. In der Schule sind wir unzertrennlich, zumindest immer, wenn es irgendwie geht.
Cleo hat nicht mehr so viel Zeit für mich, aber am Wochenende bin ich wann immer es geht in ihrer Nähe.
Kino, Musik hören, Filme gucken, wie immer halt. Sie lernt mit mir, verbringt auch Zeit mit mir, wenn Mona, Bärbel oder Rebe dabei sind und uns geht es gut. Hin und wieder vergesse ich sogar für einen Moment, was ich empfinde, aber nie lange genug, um abzuschalten.Der Winter ist da und damit auch die Eisdisco. Da darf man Abends mit Schuhen auf den Eislaufplatz und es läuft Musik und eine Laser Lichtshow.
Nina, die kannte ich vom Sehen aus meiner alten Schule, ist auch da. Die hatte so eine Masche, bei der sie so tut, als wäre sie ein Junge. Nennt sich dann Mario und behauptet sie ist der Bruder von Nina. So macht sie dann Mädchen an. Irgendwie clever, aber auch verdammt gemein.
Das Problem war, mir glaubte das ja keiner, irgendwie war sie darin echt gut.
Und das sie sich dann ausgerechnet Rebe aussuchen musste, von all den Mädchen, war sicher kein Zufall.
Ich hab das natürlich erst mitbekommen als die beiden längst am knutschen waren.Ich will Rebe nicht verletzen, also sage ich nichts. Morgen wird das alles Schnee von gestern sein und warum sollte ich da jetzt eine große Sache daraus machen?
Nach den Ferien in der Schule erzählt mir Rebe dann, dass sie und Mario seit diesem Abend miteinander gehen. Ok, so viel zum Schnee und meiner Hoffnung, dass das alles einfach wie Wasser im Boden versickert.
Ich weiß, ich muss es ihr sagen, aber wie, nachdem ich es ihr an diesem Abend nicht gesagt habe? Sie wird so wütend auf mich sein und ich will das nicht. Ich will in jeder Pause nach ihr suchen, mit ihr die Briefe austauschen, die wir uns täglich mehrmals schreiben und ich will, dass sie weiterhin jeden Morgen mit Ablauf auf mich zuläuft um mich dann anzuspringen und zu umarmen, währen ich sie die Treppe hochtrage und sie die Beine um mich geschlungen hat. Denn so begrüßt sie mich jeden einzelnen Morgen und ich liebe es. Es ist platonische Liebe, aber es ist Liebe. Sie gibt mir jeden Tag das Gefühl jemand zu sein, nicht irgendjemand.
Darauf kann und will ich nicht mehr verzichten müssen. Ich will sie nicht verletzen, aber ich muss Nina dazu bringen, ihr die Wahrheit zu sagen.
Die Tage vergehen, es werden ein paar Wochen daraus, bis mir der Kragen platzt. Es ist Freitag, ich bestelle Nina zu einer Telefonzelle, hebe den Hörer ab und wähle Rebes Nummer, die ich natürlich auswendig kann. Während ich wähle, drehe ich mich zu Nina: "Du sagst es ihr, jetzt sofort, oder ich tue es. Sie hat das nicht verdient. Verstanden?" Nina will mir widersprechen, aber der Ernst in meinen Augen ist nicht zu übersehen.
Es klingelt, Rebe hebt ab und ich halte Nina den Hörer hin. Aus Respekt gehe ich und lasse sie reden. Als sie den Hörer aufgelegt hat, geht sie schweigend an mir vorbei und steigt in den Bus.
Ich habe das ganze Wochenende nichts mehr von ihnen gehört. Cleo war stinksauer auf mich, als ich ihr alles erzählt hatte. Viel hatte wohl nicht gefehlt und ich hätte mir eine Ohrfeige eingefangen.
Am Sonntag bleibe ich den ganzen Tag im Bett und höre Musik. Ich schreibe einen Brief an Rebe versuche mich zu entschuldigen, die richtigen Worte zu finden, aber nichts scheint gut genug zu sein. Ich muss ihr das persönlich sagen!
Montagmorgen in der Schule, ich renne vom Bus runter, warte auf Rebe, die immer nach mir kommt und mich dann schon von weitem sucht.
Da sehe ich sie, sie sieht mich. Sie kommt auf mich zu, sieht mir tief in die Augen und geht schweigend weg. Mein Herz zerbricht in diesem Moment gefühlt in 1000 Teile. Dieser Mensch ist die Ergänzung meiner Seele und ich habe sie so sehr verletzt, dass sie mir nichts mehr zu sagen hat.
DU LIEST GERADE
Was, wenn es Liebe ist?
RomanceDie erste Liebe klingt toll, was aber, wenn sie nicht so verläuft, wie im Film und in all den Vorstellungen die man so davon hat? Was, wenn alles anders ist als bei den anderen? Wenn es eben nicht die Disney Love Story ist, die man sich wünscht? Dan...