Es Tut Mir Leid

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Da stand sie also vor mir, der Mensch dem mein Herz, meine ganze Liebe gehört, und ich bekomme kein Wort heraus außer "Bitte hass mich nicht!"

Cleo schob mich sanft zur Seite, um sich neben mich zu setzen. Ihr Körper nah an meinem. "Niemals!" sagte sie, als sie nach meiner Hand griff. "Ich wusste das nicht, es tut mir leid, wenn ich dich irgendwie verletzt habe. Ich mag dich, ich mag dich sehr."
"Aber nicht so." entgegen ich ihr, um ihr die Worte abzunehmen. "Ich weiß das, ich bin nicht blöd. Ich wollte nicht, dass du das weißt. Sie hat es versprochen, sie sollte doch schweigen." ich weine noch immer, lautlos, es rinnen nur die Tränen über mein Gesicht, aber es ist kein Ende in Sicht.

"Ich bin froh, dass sie es mir gesagt hat." Cleos Stimme ist sanft, wie immer. Wie kann sie so gelassen bleiben? Wie kann sie froh darüber sein?
"Ich nicht. Es wird alles anders sein. Du wirst anders sein. Alle werden anders sein. Wir werden anders sein. Ich habe alles zerstört."

Cleo lässt meine Hand los, aber nicht, um zu gehen, sondern um mich zu umarmen. Sie hält mich fest und flüstert mir ins Ohr: "Nichts wird sich ändern, das verspreche ich dir. Ich werde da sein. Immer! So einfach wirst du mich nicht los. Wir sind wir. Nur, weil ich nicht in dich verliebt bin, heißt das nicht, dass du mir nicht wirklich wichtig bist. Ich gehe nirgends hin und alles bleibt so, wie immer."

Ich schüttle den Kopf, denn ich glaube nicht, dass das funktionieren kann. Ich stehe auf und mache einen Schritt die Treppe hoch, als Cleo meine Hand nimmt. "Wo willst du hin?"
"In mein Zimmer." antworte ich knapp, ich verstehe die Frage nicht wirklich, sie weiß es wohl genau.
"Nix da, wir schlafen heute Nacht alle bei Mona, so wie geplant. Auch du!" die letzten Worte klingen mehr wie ein Befehl als sonst was, da zu widersprechen wäre sinnlos.

Ich drehe mich um, wischte mir die Tränen aus dem Gesicht und gehe mit Cleo vor die Tür. Die anderen stehen alle da und warten. Mona hatte wohl nicht erwartet, mich heute nochmal zu sehen und versucht, meinem Blick auszuweichen. Meine Lippen Formen die Worte "Ich hasse dich!" und sie kann mich auch ohne sie zu hören verstehen. Wäre es nicht wegen Cleo, hätte ich dieses Haus heute Abend unter Garantie nicht mehr betreten.

Cleo nahm meine Hand und zog mich mit ins Haus und rauf in den zweiten Stock in Monas Zimmer, in dem auch Mona und eine Freundin von ihr, die ich seit dem Kindergarten kenne, übernachten werden.

Mona und Jenny schlafen in Monas Bett und Cleo und ich auf einer Luftmatratze am Boden. Cleo nimmt meinen Arm und legt ihn um ihren Körper um sich dann fest an mich zu kuscheln. Sie ist wie immer der kleine Löffel. Sie dreht sich noch kurz zu mir "Nichts wird sich je ändern. Ich hab dich lieb!", dann schläft sie friedlich ein.

Ich spüre Monas Blicke in meinem Nacken, aber ich werde jetzt garantiert nicht mit ihr reden, sie hat Glück, wenn ich das jemals wieder tue. Man könnte meinen, sie wollte, dass Cleo nichts mehr mit mir zu tun haben will.

Ich habe die letzte Nacht nicht geschlafen, ich hatte ununterbrochen Angst, mich falsch zu bewegen, meinen Arm zu weit oben oder unten zu positionieren und sie damit mit zu wenig Respekt zu behandeln.

Die nächsten Tage waren komisch, von wegen alles ist, wie immer. Aber es lag nicht an Cleo, sie war perfekt! Sie verhielt sich tatsächlich, wie immer gab mir nie das Gefühl, als wäre irgendetwas von meinen Gefühlen falsch oder würde sie stören. Sie greift nach meiner Hand, wenn wir wohin gehen, sie übernachtet mit in meinem Bett und kuschelt sich an mich. Alles ist wie immer, aber eben auch nicht.

Ich war nicht mehr so, wie immer. Ich konnte nicht mehr so einfach nach ihrer Hand greifen oder sie umarmen. Wenn sie bei mir übernachtet versuche ich wach zu bleiben. Ich wollte am Boden oder in der Hängematte schlafen. "Dann schlafe ich auch dort." kommt dann von ihr.

Wie macht sie das nur? So gelassen bleiben? Ich verstehe das nicht.

In der Schule wird plötzlich alles irgendwie komisch. Niemand weiß davon, dass ich in Cleo verliebt bin, aber alle wissen mittlerweile von Rebe und Nina. Jedes Mal, wenn wir uns auf den Mund küssen oder Händchen halten kommen komische Blicke. Ich mag diese Blicke nicht, ich mag überhaupt keine Aufmerksamkeit. Und sowieso war da ja nix zwischen Rebe und mir.

"Was läuft da eigentlich bei euch beiden?" fragt Bärbel wie aus dem Nichts. "Gar nix!" betone ich wohl etwas zu deutlich, denn Rebes Blick war zweideutig in diesem Moment. "Und wenn, wäre es unsere Sache!" sagte Rebe und griff nach meiner Hand.

"Ja klar, nach nichts sieht mir das aber nicht aus." sie blickt auf unsere Hände. "Aber wenn da nichts ist, könnt ihr euch ja auch küssen, ohne, dass etwas passiert."
>Wie zum Teufel kommt man auf so eine Logik? War nicht ich die, mit dem Kopf Ping Pong? Sollte nicht ich solche komischen Dinge denken?<

Ohne groß darüber nachzudenken sage ich: "Klar, wann und wo du willst!"

"Okay, also küsst ihr euch bis spätestens an Cleos Geburtstag, also am 1. Mai, sonst habe ich die Wette gewonnen!"

>Wette? Seit wann war das ne Wette? Worum geht's hier bitte eigentlich? Kann mir mal jemand erklären, wie ein Kuss irgendwas beweisen soll?<

"Von mir aus gleich hier und jetzt." sagt Rebe und dreht sich zu mir. Es klingelt und ich bin erleichtert. Ich will Rebe hier nicht küssen, ich weiß nicht mal, ob ich sie überhaupt küssen will. Cleo ist die einzige die ich küssen will, aber das wird nie passieren.

Ich denke an dem Tag erschreckend oft daran, wie es wäre, Rebe tatsächlich zu küssen und es macht mir Angst.

Es sind übrigens noch 11 Tage bis zu Cleos 16. Geburtstag. Das weiß ich, weil heute mein 15. Geburtstag ist. >Was für ein tolles Geschenk. Danke Bärbel!<

Was, wenn es Liebe ist?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt