IV

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In der Englischstunde klingelt mein Handy und ein Blick darauf lässt mein Herz schneller schlagen. Es ist die Kita und das heißt, dass irgendetwas passiert sein muss. Als die Kita das letzte Mal angerufen hat, war Lana krank.

Den Missbilligenden Blick unserer Lehrerin ignoriere ich, als ich aus dem Klassenraum sprinte und währenddessen den Anruf annehme. „Ja?"

„Herr Böger? Es tut mir leid, dass ich sie stören muss, aber Lana ist gefallen und sie besteht darauf, abgeholt zu werden. Sie beruhigt sich überhaupt nicht mehr und ich glaube, sie sollten lieber mir ihr zum Arzt."

„Ich bin schon auf dem Weg", antworte ich gehetzt und stolpere fast die Treppen nach unten, so sehr beeile ich mich.

Mit großen roten Augen schaut Lana mich verheult an, als ich endlich in er Kita bin. Ihr Knie ist aufgeschlagen und voller Blut und sie stürzt sofort in meine Arme.

„Hey meine Kleine, was machst du denn für Sachen?", frage ich leise, während Lana in meine Schulter schnieft.

„Danke, dass sie angerufen haben", sage ich zu Lanas Erzieherin, die besorgt nickt: „Sonst ist sie ja nicht sehr empfindlich, es schein wirklich schlimm zu sein."

Bei unserem Kinderarzt bekomme ich einen Termin in einer Stunde und bis dahin versuche ich die Kleine mit einem Eis abzulenken.

Ich bin froh, dass die Erzieherin noch nie etwas dazu gesagt hat, dass es immer ich bin, der meine fünfjährige Schwester abholt und bringt.

Zum Glück ist das mit dem Knie nicht so schlimm, aber der Arzt erinnert mich daran, dass noch eine Vorsorge fällig wird. Wenn ich die Zeiten nicht einhalte, dann wird das Jungendamt informiert und dann haben wir ein Problem.

Eigentlich wollte Lana nach der Kita zu einer Freundin, aber das hat sich für heute erledigt, deswegen tausche ich mit Chris den Dienst im Café von zwei bis sechs.

Lana kommt mit und spielt mit den beiden Söhnen der Besitzer, so wie meistens, wenn ich arbeite. Sonst hole ich sie in meiner kleinen Pause aus der Kita, wo sie mittags auch isst und Mittagsschlaf macht.

Ich koche Kaffee, bediene Gäste und räume Tische ab, bis ich fast vergesse, dass ich eigentlich heute noch etwas vorgehabt hatte.

Erst als wir nachmittags wieder zuhause sind, sehe ich die neue Nachricht, die auf meinem Handy aufleuchtet.

Wo warst du? Wir waren verabredet...

Hatte zu tun. Woher hast du meine Nummer?

Lana zieht an meinem Arm und beschwert sich, dass sie Hunger hat. Natürlich, sie hatte immerhin auch kein Mittagessen. Ich muss einhändig auf Dominiks Nachrichten antworten, weil ich gleichzeitig Nudeln in den Topf werfe und Wasser darüber gieße.

Von Kai. Was war denn so dringend?

Dominik antwortet sofort und ich bin leicht überfordert, einhändig, das Tomatenpäckchen aufzuschneiden. Dabei sollte ich mich eigentlich beeilen, denn schon im sieben muss ich wieder im Rainbow sein.

Ist doch auch egal. Wehe du gibst irgendwem meine Nummer weiter. Und sag Kai, dass er das in Zukunft gefälligst lassen soll.

Sag es ihm doch selbst. Und wieso sollte ich deine Nummer weitergeben?

Kann man ja nie wissen.

Wir haben morgen frei, dritte Stunde, können wir da dann Chemie machen.

Meinetwegen.


Nicht NormalWo Geschichten leben. Entdecke jetzt