Kapitel 11: Spaziergang durch den Park

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Emma
Am darauffolgenden Montag ging ich wieder zur Schule, obwohl ich gerne noch ein wenig Zuhause geblieben wäre. Frau Clarke war ab dem Abend meiner Entlassung nicht mehr lange geblieben, worüber ich eigentlich froh war, da sich mein Herzschlag garnicht mehr beruhigen wollte. Es war zwar generell ein schönes Gefühl, aber es machte mich gleichzeitig fertig, denn meine Gefühle würden unerwidert bleiben. Selbst nach meinem Abschluss, wäre sie noch in einer Beziehung. Mit einem Mann. Also war sie hetero. Aber was war ich eigentlich? Ich wusste es nicht.

"Guten Morgen Emma!" begrüßte mich Leyla, als ich zur Schule kam. Auch die anderen grüßten mich und wollten selbstverständlich wissen, was passiert war. Aber ich wollte es nicht erzählen, nicht zu diesem Zeitpunkt. "Och, komm schon Emma.", "Das ist echt nicht fair.", "Wir sind doch Freunde." redeten die drei auf mich ein und ich bin maßlos überfordert gewesen. Ich versuchte alles zu ignorieren, bis ich ein Räuspern vernahm. Langsam drehte ich mich um, nur um in diese wundervollen blauen Augen zu schauen. Ohne das ich es hätte verhindern können, beschleunigte sich mein Herzschlag, was noch intensiver wurde, als ich ihr Parfüm vernahm. "Morgen. Würdet ihr bitte aufhören, eure Freundin zu drängen? Wie ihr seht, möchte sie nicht darüber reden." mischte diese sich schließlich ein. Ich schaute wieder zu den anderen. Fabian und Jule schauten zu Boden, doch in Leyla sah ich Wut. "Verzeihen Sie, aber das geht Sie wirklich nichts an! Emma ist meine beste Freundin." kam diese zu Wort. Frau Clarke atmete tief ein und anschließend wieder aus. "Nicht in diesem Ton. Außerdem geht es mich sehr wohl etwas an. Also entschuldige mich, ich würde Emma nun gerne mitnehmen, um mit ihr zu reden. Ihr geht am besten in den Unterricht." Weiterhin erkannte ich Wut in Leyla brodeln, jedoch hielt sie sich diesmal zurück. Die drei nickten also. "Leyla, ich werde später nochmal auf dich zukommen." sagte Frau Clarke noch, als diese an ihr vorbei ging.

"Geht es dir gut?" fragte Frau Clarke, als wir alleine waren. Ich nickte, doch die Situation hatte mich überfordert. "Wenn du möchtest, gehen wir in mein Büro. Selbstverständlich würde ich dich für die jetzige Stunde entschuldigen." Ich schüttelte den Kopf. "Nein. A..alles gut." Sie schaute mich skeptisch an. "Obwohl, eine Umarmung würde mir gerade guttun." Mir liefen vereinzelte Tränen über die Wange, welche sie sanft wegstrich, bevor sie mich in den Arm nahm. Es war mir völlig egal gewesen, dass es kontraproduktiv bezüglich meiner Gefühle war, denn das war es, was ich gebraucht hatte. Jemanden, der mich einfach umarmt, ohne viel zu reden. Das bekam ich von ihr. Bei ihr fühlte ich mich verstanden und sicher. "Komm, wir gehen ein wenig durch den Park." sagte sie. Es war mir nicht mehr möglich gewesen, zu widersprechen. Wahrscheinlich wäre es ohnehin unnötig gewesen. Außerdem konnte ich mich sowieso nicht auf den Unterricht konzentrieren, also war dies wohl die beste Option gewesen. Wir gingen also gemeinsam durch den Park, welcher nicht weit von der Schule entfernt lag und liefen einfach nebeneinander her. "Darf ich Sie etwas fragen?" brach ich das Schweigen irgendwann. Wir blieben stehen. "Natürlich. Ob ich dir antworte, entscheide ich dann." Auf ihren Lippen zeichnete sich ein Lächeln an. Aber was für ein Lächeln! Wie konnte man nur so hübsch sein? "Sie sagen immer, dass sie meine Situation nachempfinden können. Aber aus welchem Grund sagen Sie das?" Mir war natürlich klar gewesen, dass sie eine schwierige Vergangenheit bzw. Gegenwart haben musste, aber dennoch wollte ich sie fragen. "Hm. Also ins Detail werde ich nicht gehen, da es alles andere als Angebracht ist, aber ich hatte auch die ein oder anderen Probleme. Vielleicht können wir da in der Zukunft mal drüber sprechen, wenn ich nicht mehr deine Lehrerin bin. Aber das dauert ja noch ein bisschen." antwortete sie und ging weiter, was ich ihr gleichtat. Wollte sie mir damit sagen, dass wir nach meinem Abschluss noch in Kontakt sein könnten? Das wäre ja unglaublich gewesen. Hoffnungen wollte ich mir zu dem Zeitpunkt jedoch nicht machen, denn wer wusste schon was in der Zukunft passieren würde.

Wir gingen noch ein Weile weiter und es machte mich glücklich. Ich spürte, dass uns etwas verband, aber ich konnte es nicht benennen. Vielleicht waren wir uns ähnlicher, als mir bewusst war. Wie sagt man so schön: gleich und gleich gesellt sich gern. Schon meiner Klinik-Zeit ist mir aufgefallen, dass einem Menschen auf Anhieb sympathisch sind, wenn sie ebenfalls eine verletzte Seele haben. Möglicherweise war das auch bei Frau Clarke und mir so? Zwar wusste ich nicht, ob sie auch in der Gegenwart noch Probleme hatte, aber immerhin hatte sie welche in der Vergangenheit gehabt. Ich bin der Meinung, dass Wunden an der Seele niemals mehr komplett heilen können. Es würden immer Spuren zu sehen sein, egal wie viel Zeit auch vergehen würde. Selbst wenn die Wunde verheilt, daraus würde eine Narbe entstehen, welche nicht verheilen könnte. Diese konnte nur verblassen.
"Danke." sagte ich, als wir wieder an der Schule ankamen. "Wofür?" fragte Frau Clarke daraufhin. "Für den Spaziergang. Es hat mir wirklich sehr geholfen." Wieder bildete sich ein Lächeln auf ihren Lippen, welches ich sofort erwiderte. "Nicht dafür."

Der restliche Schultag verlief ruhig und einigermaßen entspannt. Mir den anderen hatte ich nicht mehr gesprochen, erst nach der Schule kamen Leyla und ich wieder in ein Gespräch. "Tut mir leid." sagte diese und schaute mich entschuldigend an. "Ich wollte dich zu nichts drängen. Das war doof von mir, aber ich hatte mir einfach Sorgen gemacht." Ich nahm sie in den Arm. "Alles gut. Wie wäre es, wenn wir am Wochenende etwas zusammen machen? Dann erzähle ich euch alles." schlug ich vor. Sie nickte und schrieb sofort eine Nachricht an die anderen, welche ebenfalls zustimmten. Wir wollten zusammen ins Kino gehen und anschließend in eine Bar. Natürlich in Paris. Da hatten wir drei schon viel zusammen gelacht und es war unsere Lieblingsbar. Wir gingen immer dorthin, vorallem war sie gut zum feiern. Aber natürlich hatten wir uns dort auch gerne mal von unserem Leben abgelenkt. Für uns kam keine andere Bar mehr in Frage, was aber ja auch nicht schlimm war.

Can it be wrong? | Jane Clarke & Emma Krämer {1}Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt