Seit dem Abend auf dem Kirchendach waren ein paar Tage vergangen, in denen Adina und ich uns nicht gesehen hatten. Sie stürzte sich in die Arbeit und ich konzentrierte mich auf die Schule. Selbst am Sonntag beim Gottesdienst waren wir nur flüchtig aneinander vorbeigegangen. Ihre Eltern waren da gewesen, die sie wie immer auf Schritt und Tritt beobachteten. Die kleinste flüchtige Berührung unsererseits wäre nicht unentdeckt geblieben.
Jetzt gerade saß ich in Yannes' Garten auf einer der grünen Liegen und ließ mich von der Sonne anstrahlen.
Obwohl es bereits Oktober war genossen wir die überdachte Lounge, die uns vor Wind schützte. Die aufgestellten Wärmestrahler hinterließen ein angenehmes Prickeln auf meiner Haut.,,Hab mich gestern mit Mila getroffen," grinste Yannes, während er sich auch schon den nächsten Keks 'reinschob.
Ich lachte kurz auf als ich den mir unbekannten Namen hörte. ,,Wer ist das denn schon wieder? Ich dachte, deine Neue heißt Merde?"
Yannes verdrehte als Antwort die Augen und erklärte: ,,Ach die! Nein, das mit der war nur eine einmalige Sache. Sie war zwar echt heiß, aber-"
,,Okay stop!", unterbrach ihn Rahels Lachen, ,,Ich bin immer noch deine Schwester und will nichts von deinen Sexgeschichten hören."
Wir brachen alle drei in Gelächter aus. Auch wenn unsere Gemeinde strikt war, was das Thema Sex vor der Ehe anging, ging Yannes immer wieder lockere Beziehungen ein. Viele sahen deshalb auf ihn herab, aber ich fand, er konnte selbst entscheiden, was er tat. Es ging mich nichts an, mit wem er schlief und mit wem nicht. Auch wenn es natürlich immer wieder interessant war, seinen Geschichten zu lauschen.
,,Wie war's denn mit Mila? Und woher kennst du sie?", fragte ich, nachdem wir uns wieder eingekriegt hatten.
,,Es war echt gut. Wir waren Essen und sind dann zu ihr nach Hause." Die Details sparte er sich, mit einem Seitenblick auf seine Schwester, die sehr erleichtert darüber zu sein schien. ,,Ich hab sie auf der Arbeit kennengelernt und sie konnte meinem Charme natürlich nicht widerstehen."
,,Natürlich," zwinkerte ich, griff ebenfalls nach der Keksdose.
,,Und wie geht's jetzt weiter mit euch?", wollte nun Rahel wissen. Sie war wohl auch neugierig auf die neue Bekanntschaft ihres Bruders.
Yannes überlegte kurz, bevor er meinte: ,,Ach keine Ahnung! Sie ist auf jeden Fall sehr witzig und auch gut im Bett," er schenkte seiner Schwester einen frechen Blick, ,,aber ob das mehr als nur ein One-Night-Stand war, werde ich sehen, wenn wir uns auf der Arbeit begegnen. Keine Ahnung, wie sie sich jetzt mir gegenüber verhält. Ist ja auch egal. Erzähl du doch mal, was bei dir so geht, Malou!"
Ich verdrehte die Augen. Natürlich musste er wieder auf mein 'Liebesleben' anspielen. Seit Wochen versuchte meine Mutter mich mit Typen aus der Gemeinde zu verkuppeln. Dass mir das extrem unangenehm war, einmal wegen Adina, aber auch, weil ich diese Männer teilweise seit meiner Kindheit kannte, schien sie nicht zu interessieren.
,,Lass mich in Ruhe mit dem Thema!," lachte ich abwinkend, ,,Meine Mutter checkt einfach nicht, dass ich keinen von diesen perfekten und geleckten Typen will."
Rahel begann zu grinsen. ,,Verständlich. Dass sie dich noch nicht mit Yannes verkuppeln wollte, ist ein Wunder."
,,Pah!", rief Yannes laut aus, ,,Ich hab viel zu viele Tattoos für Frau Weber."
,,Yannes," bewarf ich ihn mit ein paar Krümeln, während ich seinen Namen mahnend in die Länge zog, ,,hör auf meine Mama beim Nachnamen zu nennen!"
Yannes begann sofort zu lachen, weil er genau wusste, wie sehr mich das nervte.
,,Sorry, Malou, aber ich werde deine Mutter niemals duzen. Dafür ist sie zu autoritär. Fühlt sich schon an wie ein Versprechen, nicht Ma'am zu ihr zu sagen.",,Du bist so ein Spinner," grinste ich. Er hatte ja Recht, Mama war sehr autoritär. Dennoch hatte sie ihm wirklich schon hundertmal das Du angeboten, immerhin kannte sie Yannes schon, seit er Windeln trug.
Wobei das auch nicht viel aussagte, da das nicht bedeutete, dass sie ihn mochte. Mama konnte einfach nicht damit leben, dass seine Familie das Christentum sehr viel offener auslebte als unsere.
DU LIEST GERADE
Hör nicht auf zu lieben
RomanceUnd vielleicht wird unsere Liebe irgendwann nicht mehr verboten, irgendwann einfach nur Liebe und keine Sünde sein. ,,Ich wollte unbedingt das Glänzen in ihren wunderschönen, besonderen Augen sehen, wenn sie aus der tiefsten Seele ihres Herzens spra...