・Addison White ・ 23:24 Uhr ・ Freitag, der 03.07.1998・
"Du weiß aber schon, dass du mich gerade mit all dem völlig überforderst?", fragte Severus belustigt. "Du kannst doch nicht einfach alles auf den Kopf stellen", fügte er im gleichen Tonfall hinzu und sah mir in die grünen Augen.
"Ich weiß, es wird nicht wieder vorkommen, versprochen", beteuerte ich und hoffte inständig, er würde nicht verneinen, würde einwilligen.
"Du bist aber noch so jung", protestierte Severus, der sichtlich mit sich haderte und um die richtigen Worte rang.
"Alana war es, Addison ist es nicht, ich bin es nicht."
"Du kannst dein Aussehen ändern, deinen Charakter, aber nicht dein Alter, Addison", meinte er und ich wusste, dass es die Wahrheit war. Trotzdem zog ich etwas Hoffnung aus dem Namen, mit dem er mich angesprochen hatte - Addison und nicht Alana.
"Aber das ist doch egal. Ich bin volljährig und das zählt doch, oder?"
"Du bist aber immer noch 21 Jahre jünger. Du könntest meine Tochter sein."
"Ich weiß", seufzte ich und sah, dass ich verloren hatte, dass auch Addison verloren hatte. Resigniert griff ich wieder nach meinem Glas.
"Jetzt guck nicht so traurig, ich kann doch auch nichts dafür." Sollte es eine Entschuldigung sein, ein Versuch mich aufzuheitern? Ich wusste es nicht und trotzdem ließ es mich matt lächeln. Er hatte schon wieder recht.
"Ich weiß", wiederholte ich und sah wieder zu ihm. Es tat weh zu wissen, dass es jetzt an unserem Altersunterschied scheitern sollte. "Aber das Alter, ist das nicht einfach nur eine Zahl?"
"Hör auf, bitte!", unterbrach er mich. Ich hatte damit gerechnet, dass er wütend werden würde, aber er blieb ruhig. Immer wieder konnte ich sehen, wie er sich sichtlich unschlüssig war. "Ist es, aber manche sehen das anders."
"Manche... Lass es bitte nicht an der Meinung anderer scheitern", flehte ich schon fast. "Severus, bitte."
"Glaubst du ausgerechnet ich, würde viel Wert auf die Meinung anderer legen?"
"Nein", antwortete ich sofort. Er hatte schon wieder recht.
"Gib mir ein paar Minuten", bat Severus dann. Wieder lag sein Blick auf mir.
"Okay, ich bin still", versicherte ich ihm und versteckte mich hinter meinem Glas. Egal welchen Weg er wählen würde, ich würde mich damit abfinden. Ich würde es akzeptieren. Und dieses Mal, das schwor ich mir, würde ich nicht daran zerbrechen, nicht Addison. Mein Herz begann mit dem Verstreichen der Zeit immer heftiger zu schlagen. Ich war so ungeduldig, dass ich am liebsten alle paar Sekunden nachgefragt hätte, was gerade in seinem Kopf vorgehe. Doch ich riss mich am Riemen und bleib still. Mit zusammengebissenen Zähnen, um bloß keinen Ton von mir zu geben, starrte ich vor mich hin. Irgendwann begann ich die Sekunden zu zählen. Bei acht gab ich bereits wieder auf. Meine Gedanken wollten einfach nicht aufhören, sich die ganze Zeit um seine Antwort zu drehen. Würde er mich stehen lassen? Würde er über unser Alter hinwegsehen? Beides konnte ich mir kaum vorstellen. Nicht nachdem er eben so oft betont hatte, ich sei zu jung oder er zu alt. Genauso glaubte ich nicht, er könne mich einfach von sich stoßen. Dafür hatten ihn die letzten zwei Monate zu sehr mitgerissen. Hatte er denn nicht auch geweint, als Alana vor ihm gestanden hatte, seine Schülerin? Hatte er nicht versucht sie zu trösten und ihr ein Versprechen abzuringen, weil auch sie ihm wichtig gewesen war?
Egal, was er gleich sagen würde, ich würde es sicherlich nicht nüchtern aushalten können. Und so leerte ich mein Glas und winkte den Mann hinter der Bar zu mir. Er stellte mir ein neues hin.
"Ich verstehe zwar nicht ganz, was hier vor sich geht, aber meiner bescheidenen Meinung nach, tun Sie ihm gut." Sein Blick wanderte deutend zu Severus.
"Wie kommen Sie da drauf?", fragte ich interessiert.
"Ich weiß auch nicht. Aber irgendetwas an seiner Art hat sich geändert. Seine eiskalte Miene und der scharfe Tonfall sind weicher geworden. Er lächelt, selten, aber er tut's", flüsterte er mir zu, sodass Severus es nicht hören konnte. Ich lächelte. All das hatte ich nicht bemerkt, aber jetzt, wo er es so sagte, musste ich ihm recht geben, diesem fremden Mann, der immer nur noch einen Whiskey vor mich geschoben hatte. Sein faltiges Gesicht wirkte keineswegs alt, eher freundlich. Auch etwas, worauf ich nie geachtet hatte. "Viel Glück", sagte er dann noch und zwinkerte mir zu.
"Danke", erwiderte ich etwas überrascht von ihm. Zuvor war er nie so sympathisch gewesen. Nicht einmal als mich dieser Muskelprotz hatte abschleppen wollen, hatte er sich nicht gemuckst. Aber das hätte ich wirklich nicht erwartet.
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𝐅𝐫𝐞𝐢𝐭𝐚𝐠𝐚𝐛𝐞𝐧𝐝𝐞 - 𝐞𝐫𝐬𝐨𝐟𝐟𝐞𝐧 𝐢𝐧 𝐅𝐞𝐮𝐞𝐫𝐰𝐡𝐢𝐬𝐤𝐞𝐲
Hayran KurguNach Ende des Krieges versucht Professor Snape seine Gedanken in Feuerwhiskey zu ertränken. Doch statt den Sturm in seinem Kopf beruhigen zu können, tobt dieser noch heftiger los, als sich eine ihm völlig fremde Frau neben ihn an die Bar setzt. Noch...