Kapitel 25

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"The worst type of crying is the silent one. The one when everyone is asleep. The one where you feel it in your throat, and your eyes become blurry from the tears. The one where you just want to scream. The one where you have to hold your breath and grab your stomach to keep quiet. The one where you can't breath anymore. The one when you realize the person that meant the most to you, is gone."

~Julia

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Simon empfing mich in einem weissen Shirt und hellbraunen Hosen. Er hatte keine Schuhe an, dafür trug er aber ein riesiges Lachen im Gesicht. Ich hatte in noch nie so glücklich, wie in diesem Moment gesehen. Er strahlte mich regelrecht an.

Freudig umarmte er mich. Ein wenig verwundert erwiderte ich seine Umarmung, bevor ich ihn auf Abstand brachte und betrachtete. Lachend fragte ich: "Wow, was ist denn mit dir passiert? Hast du im Lotto gewonnen, oder was?"

Simon betrachtete mich verschmitzt. "Nein, aber ich habe gerade die schönste Frau auf der Welt gesehen. Und dann ist mir eingefallen, dass das ja meine Freundin ist und sie mir gehört." Grinsend drückte er seine Lippen kurz auf meine. "Awww, du süsser", geschmeichelt wuschelte ich ihm durch die Haare. Meine Wangen nahmen bestimmt einen leichten Rotton an. Das waren wirklich süsse Worte gewesen.

"Ah, hey Jacky." Jack war ebenfalls gerade aus dem Haus gekommen. Augenverdrehend kam er auf mich zu und umarmte mich. Sofort schoss mein Puls wieder auf hundertachtzig. Warum war mein Leben nur so verkehrt? Schnell machte ich mich wieder von ihm los und ergriff Simons Hand.

"Wo ist Rose?" Simon, welcher kurz zwischen Jack und mir hin und her schaute, zog mich durchs Haus, Richtung Sitzplatz. Rose empfing mich mit einer warmen Umarmung. "Schön bist du gekommen. Wo sind deine Eltern?", fragend schaute sie mich an. "Sie kommen gleich."

"Okay, danke Julia. Jungs, kann mir jemand mit dem Grill helfen? Ich möchte ihn noch einen Meter in dieser Richtung haben." Rose deutete auf einen Stein ausserhalb des Sitzplatzes. Gerade wollte ich ihr zur Hilfe eilen, als Simon mich packte und mich auf die Lounge zog. Erschrocken entfuhr mir ein Schrei. "Simon!"

Der lachte jedoch nur und drehte sich über mich, eher er mich innig zu küssen begann. Es war mir ehrlich gesagt ein wenig peinlich Simon vor der ganzen Familie zu küssen, denn gerade waren auch meine Eltern dazugekommen.

"Klar, Mom, ich helfe." Jacks verärgerte Stimme drang zu mir durch. Ups, er hatte mir doch gesagt, ich soll Simon nicht vor seinen Augen küssen. Schnell drücke ich Simon von mir weg. "Hey!", protestierte der. Wieder bog er sich zu mir runter und küsste mich. Es war ein langsamer und gefühlsvoller Kuss.

Als er den Kopf hob, um nach Luft zu ringen, waren seine Augen leicht verschleiert. Mit dunklem Blick schaute er zu mir hinunter. Ich konnte das Verlangen darin förmlich spüren.

Wieder bog er sich nach unten und vereinte unsere Münder. Sofort kam das gleiche Gefühl auf, wie bei dem Kuss, nach Simons Rückfall. Das Gefühl, als ob es unser letzter wäre. Angst breitete sich in mir aus. Meine Armen fanden seinen Nacken und zogen ihn noch näher zu mir. Ich wollte ihn nie wieder loslassen, denn ich hatte Angst vor meinem eigenen Gefühl im Inneren.

Wenig später erhob er sich, drückte mir einen sanften Kuss auf die Stirn und blickte mir lange in die Augen. "Alles okay?", fragte ich ihn unsicher. "Klar, ich muss nur kurz auf die Toilette. Warte hier so lange, okay?" Er stand auf, eher er sich nach einem langen Blick abwandte.

Etwas war komisch an der ganzen Sache. Verwirrt blicke ich zu Jack, welcher Simon ebenfalls mit merkwürdigem Blick nachschaute. Als er meinen Blick auffing, erwiderte er ihn kurz, bevor von meiner Mutter in ein Gespräch verwickelt wurde. Die Zeit verging und verging. Simon war immer noch nicht zurück. Doch immer, wenn ich ihn suchen gehen wollte, kam Rose, Mom, Dad oder Jack und fragten mich zu irgendwelchen Dingen aus.

Irgendwann schaffte ich es dann aber doch, mich aus all den Gesprächen zu befreien. Ich stand auf und ging ins Innere des Hauses. Mein Herz beschleunigte sich leicht. Irgendetwas in meinem Inneren sagte mir, dass etwas nicht in Ordnung war. Ich bekam leicht Panik, als ich die Treppe hochstieg und Richtung Simons Zimmer lief.

Mein Herz begann zu rasen. Simons Zimmertüre war geschlossen. Mit einem dicken Kloss im Hals stiess ich langsam die Türe auf und hätte mir im Nachhinein gewünscht, dass ich das nie getan hätte. "Sim-", meine fragende Stimme wandelte sich in einen lauten Schrei um.

Simon lag merkwürdig verkrümmt, halb auf dem Bett, halb auf dem Boden. Sein Mund war mit weissem Schaum verschmiert. Seine Augen waren geschlossen. Auf seinem Bett lagen unzählige Dosen. Tablettendosen. Regungslos lag er da.

Tränen schossen mir in die Augen. Panisch begann ich zu schreien. Ich schrie so laut ich konnte, als ich auf ihn zu rannte, ihn ganz aufs Bett legte und an ihm zu rütteln begann. Ich weinte und schrie so fest ich konnte. Meine Sicht wurde unklar und verschwommen von all den Tränen.

Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, als ich einfach nur dastand, an Simon rüttelte und hoffte, nein betete, dass er noch lebte. Irgendwann hörte ich Stimmen um mich herum. Es waren ebenfalls Schreie. Doch ich hörte sie nicht, ich stand immer noch da und schrie. Rüttelte an ihm und hoffte, dass er endlich seine Augen aufschlug, mich anlachte und mich küsste.

Seine Mutter drängte sich in mein Sichtfeld. Sie nahm mir ihren Sohn aus den Händen und tastete panisch nach seinem Puls. Auch sie weinte und schrie. Zwei starke Hände packtet mich, als ich die Frau vor mir wegstossen wollte und selbst Simon halten wollte. Ihn wach rütteln wollte.

Die Hände zerrten mich nach hinten aus dem Zimmer. Ich schrie und schlug wie wild um mich. "Nein!" Doch meine Schreie waren unter all den anderen Schreien, Stimmen, Schluchzern und Wörtern kaum zu hören. Sie gingen völlig darin unter. Es war so laut wie noch nie und trotzdem fühlte ich in meinem Inneren eine Leere, eine Stille, wie ich sie noch nie gefühlt hatte.

Immer mehr Leute drängten sich in Simons Zimmer, während dem ich hinausgezogen wurde. Die Hände waren kräftig und versuchten erst gar nicht meinen Schlägen um mich auszuweichen. Sie zogen mich über den Flur in ein anderes Zimmer. Sie drehten mich um, doch ich sah nichts. Meine Augen waren gefüllt mit Tränen, die mir keine Sicht ermöglichten.

Ich wollte zurück zu Simon rennen, doch die Hände fassten nach meinen und zogen mich zu sich. Ich wurde von starken Armen umarmt. Sie hielten mich, als ich drohte, zusammenzubrechen. Sie hielten mich, als ich wenig später zusammenbrach. Ich hörte die Sirenen der Ambulanz, dann noch mehr Stimmen. Fremde stimmen. Dann hörte ich das Piepsen und Summen von Geräten.

Und dann, dann hörte ich plötzlich nichts mehr. Es herrschte Totenstille. Bis irgendwann wieder Schluchzer zu hören waren. Und dann wieder schreie. Alle sagten das gleiche: Nein. Und da wusste ich es, ohne dabei gewesen zu sein. Simon war gestorben. Er war nicht mehr auf der gleichen Welt wie ich.

Und wieder hielten mich die starken Armen. Sie zitterten, doch sie hielten mich. Ich spürte, wie etwas Nasses auf meinen Kopf tropfte. Ich wischte mir die Tränen aus den Augen und hob langsam meinen Kopf. Grüne Augen voller Tränen empfingen mich.

Ein einziger Blick genügte, dass ich wusste, dass er es auch wusste. Ich wandte den Blick wieder ab und sofort sah ich wieder Simon vor mir. Wie er dalag. Ich riss mich los. Jack war überrascht und konnte mich nicht zurückhalten, als ich den Gang weinend überquerte und in sein Zimmer stolperte. Doch da war niemand mehr. Nur noch die Tablettendosen lagen da. Ansonsten war es wie immer. Ich begann noch lauter zu schreien, als ich mich umdrehte, Jack geschickt auswich und die Treppe herunterstürmte.

Ich riss die Haustüre auf und sah noch, wie der Krankenwagen aus der Ausfahrt fuhr und hinter dem nächsten Ecken verschwand.

"Nein." Kraftlos sank ich zu Boden. Immer und immer wieder schrie ich das Wort nein. Es war entsetzlich. Es war grausam, einfach nicht human.

Ab diesem Moment war ich gebrochen, das wusste ich. Nie wieder würde ich gleich wie vorher sein. Ich hatte ihn verloren. Ich hatte Simon verloren und damit auch mich selbst.

Niemals DeinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt