Kapitel 9

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Trotz meinen Worten ließ sich Tim nicht abwimmeln, egal wie ich versuchte, ihn loszuwerden. ''Ich weiß, dass du dich an nichts beziehungsweise wenig erinnerst, ich kann dich nicht allein hier herum irren lassen.''

''Aber ich hab es bis hierher auch alleine geschafft, ich werde es auch noch weiter alleine schaffen. Immerhin konnte ich mich auch an dich erinnern... Da wird mir so ein Weg bestimmt auch noch einfallen.'', antwortete ich und trat aus dem Büro. Allerdings kam ich nicht weit, denn ich knallte mit jemanden zusammen. Ich schaute die Person vor mir an und zuckte zusammen. Der Blick der Frau war entwürdigend, eingebildet und ohne Gnade. Ich hatte vollkommen vergessen, dass nicht jeder Mensch so nett mit mir umgehen würde, wie die, die in den letzten Tagen in meiner Nähe waren.

Ohne mir einen weiteren Blick zu würdigen drehte sie sich zu Tim. ''Du willst gehen, Schatz?'' Die ziemlich hohe Stimme war zu hören. Schatz? Meine Augen wurden größer und ich schaute zwischen den beiden Personen hin und her. Tim hatte jemand Neues gefunden? Ich presste meine Lippen zusammen, um meine Enttäuschung etwas zurück zu halten.

''Ja, ich bin aber bald wieder da.'', antwortete Tim und gab ihr einen kurzen Kuss zur Verabschiedung, ehe er an ihr vorbeiging. Sofort folgte ich ihm, denn ich wollte mich keine weitere Minute den Blicken dieser Frau aussetzen. Sie mochte mich nicht, denke ich. Übel nehmen konnte ich ihr das aber auch nicht. Immerhin war ich mal mit Tim zusammen und uns dann zusammen auf dem Weg aus dem Büro zu erwischen, musste für sie bestimmt verwirrend gewesen sein. Oder wusste sie womöglich gar nichts von mir?

Ich folgte Tim wieder in den Fahrstuhl, durch den wir vor knapp 20 Minuten auch hoch gekommen sind. Doch dieses Mal konnte er mich nicht so in den Arm nehmen. Seine Freundin oder Frau, ich wusste es ja nicht, beobachtete uns immer noch.

''Es tut mir leid, dass du das jetzt so erfahren musstest.'' Als sich die Fahrstuhltüren schlossen, wurde er mir gegenüber wieder netter und aufgeschlossener.

Ich schüttelte lächelnd den Kopf. ''Ist nicht schlimm.''

Doch, es war schlimm. Irgendwie. Ich hatte gerade erst erfahren, dass wir nicht mehr zusammen waren und schon war seine neue Flamme vor mir. Eigentlich würde ich jetzt gerne wirklich wieder alleine unterwegs sein und denen beiden bei ihrem Glück nicht im Weg stehen, denn das tat ich, wenn ich weiterhin bei ihm bliebe. Aber ich werde ihn ab morgen wahrscheinlich gar nicht mehr sehen, denn ich sollte ja zu Chris. Anfangs war ich von der Idee noch richtig überzeugt, doch jetzt? Ich hatte Angst davor, was auf mich zukommen wird.

Meine Gedanken wurden unterbrochen, als Tim auf einen großen, roten Knopf drückte, auf dem in weiß 'STOP' stand. Es gab einen heftigen Ruck, der mich fast auf den Boden zwang, bevor alles zum Stehen kam. Hatte er gerade wirklich den Fahrstuhl zum stoppen gebracht?

''Was machst du denn?'', fragte ich und zog eine Augenbraue hoch. Mein Herz schlug mir immer noch wegen dem plötzlichen Stoppen des Fahrstuhls bis zum Hals und ich hatte Mühe mich wieder zu beruhigen. Hätte ich nicht mitbekommen, dass Tim auf den Knopf gedrückt hatte, hätte ich gedacht, dass wir abstürzen. Es war das zweite Mal, dass ich einen Aufzug betrat und es gab schon eine solche Situation. Nein, das war kein guter Start für dieses Teil.

''Ich muss mit dir reden.'', meinte er.

''Und dafür stoppst du den Fahrstuhl? Du hättest auch im Büro mit mir sprechen können?'', antwortete ich und lehnte mich gegen die Wand des Fahrstuhls. Auf der gegenüberliegenden Seite war ein Spiegel angebracht, der Teppichboden war grau und auch der Rest des Fahrstuhls war in dieser Farbe gehalten. Richtig ungemütlicher Ort um zu reden. ''Oder du hättest warten können, bis wir in diesem Park sind.''

''Es ist mir aber wichtig, dass du es JETZT weißt, Hannah.''

Etwas überrascht schaute ich ihn an. Es schien etwas wichtiges zu sein, sonst hätte er warten können. ''Na dann, schieß' los.''

''Hannah, ich wünschte, ich hätte dir das alles vorher irgendwie sagen können, aber du hattest immer Leute um dich und es ist wichtig, dass ich dir das allein sage. Hör zu, als du mich verlassen hast, war es das schlimmst Gefühl, was ich je hatte. Ich hatte keine Lust mehr irgendwas zu tun.'' Er kam näher und nahm mein Gesicht in seine Hände. ''Die Wahrheit ist, dass ich immer noch nicht über dich hinweg bin, selbst nach 2 Jahren bist du noch jede Sekunde in meinem Kopf.''

Oh mein Gott. War das gerade Wirklichkeit? War das sein Ernst?

''Ich- Also Tim, ich wei-'' Ich konnte nicht zu Ende sprechen, denn er hatte seine Lippen auf meine gelegt und mich somit zum Schweigen gebracht. Ich wusste nicht was ich tun sollte. Er hatte eine Freundin. Und ich? Ich wusste nicht einmal ob ich vergeben war.

Als Tim bemerkte, dass ich mich wie in einer Schockstarre befand, entfernte er sich nur wenige Zentimeter von mir. ''Denk' nicht so viel nach.'', flüsterte er und strich mir einige Strähnen aus meinem Gesicht. Er ließ mich gar nicht antworten, ehe er seine Lippen wieder auf meine legte. Dieses Mal dachte ich wirklich nicht nach, sondern erwiderte diesen Kuss. Ich hatte das Gefühl, dass ich all die Sorgen auch ein einziges Mal vergessen könnte, trotzdem fühlte es sich falsch an. So verdammt falsch.

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