Mit dem eiskalten Lappen in meiner Hand, drehte ich mich vom Waschbecken weg und erkannte, dass Chris bereits im Türrahmen stand. Er hatte allerdings keinen wütenden Gesichtsausdruck. Mehr einen verwunderten, würde ich sagen. ''Es tut mir so leid, wirklich. Ich hab dich nicht gehört und dann war da plötzlich diese Hand und-''
''Hast du was getrunken?''
Wie bitte? Jetzt war ich diejenige, die verwirrt war. Ich hatte ihm gerade eine Ohrfeige erteilt, ohne ihm zu erklären warum. Und er kam auf so eine Frage? Warum? ''Ja, Cola?'', antwortete ich und drückte ihm den kalten Lappen in die Hand, den er sich grinsend an seine mittlerweile knallrote Wange hielt.
''Nein, nein... Ich meine Alkohol.'' Das Grinsen verschwand nicht aus seinem Gesicht, während er mich von oben bis unten musterte. So, als würde er irgendein Merkmal suchen, dass dafür sprach.
''Was? Nein?'' Schon etwas beleidigt verschränkte ich meine Arme vor der Brust. Ich verstand nicht wirklich, wie er auf die Frage kam. Nur, weil ich dachte, dass er ein Einbrecher war und mich diese Hand auf meiner Wange erschrocken hat? ''Warum fragst du?''
Sofort verschwand das Grinsen aus seinem Gesicht. Er ließ den Lappen fallen und stellte sich vor mich, ehe er mir eine Hand gegen die Stirn hielt. Ich nahm ein leises 'Scheiße' war, von dem ich mir aber nicht sicher war, da es wirklich sehr leise war und auch Einbildung gewesen sein könnte. Doch die nächsten Worte, die mir entgegen kamen, waren deutlich zu hören.
''Wir müssen ins Krankenhaus. Sofort.''
''Was? Nein!'' Ich schüttelte heftig meinen Kopf. Warum auch? Dieses Gefühl von Übelkeit hatte ich die letzte Zeit öfter und es ist jedes Mal wieder, nachdem ich geschlafen hatte, verschwunden. Wegen diesem kleinen Bisschen würde ich nicht wieder zurück in dieses langweilige, traurige und farblose Haus gehen und dort womöglich noch über Nacht bleiben. Diese kurzen Untersuchungen, zu denen ich alle zwei Wochen kommen sollte, waren noch kein all zu großes Problem, aber schlafen wollen würde ich dort in nächster Zeit sicherlich nicht. ''Ich geh da nicht wieder hin.''
''Warum nicht?''
''Du fragst auch noch warum?'' Ich wendete meinen Blick von ihm ab und starrte auf den Schrank, der neben mir stand. ''Ich lag dort die letzten Tage lang genug. Niemand konnte mit mir irgendwohin gehen, weil ich nicht raus durfte. Und jetzt bin ich kurz wieder hier und soll wieder zurück? Nein, Chris, das tu ich mir nicht an.''
''Du tust ja so, als hättest du es hier jetzt vollkommen ausgenutzt, dass du dich wieder frei bewegen konntest, aber das hast du nicht. Du hast hier genau so viel gemacht, wie, als du im Krankenhaus warst.'', antwortete er und ich war mir fast sicher, dass er diese Worte nicht so meinte, wie sie auf mich wirkten.
Ich presste meine Lippen aufeinander, um nicht irgendwas unüberlegtes zu sagen und quetschte mich an ihm vorbei, um aus dem Badezimmer zu kommen. Ich merkte, wie die Wut, die diese Worte verursachten, langsam durch meinen ganzen Körper strömte. Manch andere würden über solche Worte vielleicht lachen, oder sie gar auf die leichte Schulter nehmen, aber mir tat dieser Satz unglaublich weh und machte mich gleichzeitig verdammt wütend.
Es war, als ob er es nicht verstand, dass ich mich erst einmal aus der Öffentlichkeit heraushalten wollte und dabei dachte ich, dass gerade er, nach dem 'Zusammenbruch' bei den besten Freunden meines Bruders wissen müsste, wie es mir ging.
''Mir ist egal, was du meinst. Ich gehe nicht wieder zurück ins Krankenhaus.'', keifte ich und stapfte die Treppe nach unten, so gut es eben ging. Ich hörte Chris' Schritte nur knapp hinter mir, immer darauf vorbereitet, mich aufzufangen, falls ich vor Übelkeit umkippte, aber ich schaffte es mich auf meinen Beinen zu halten. ''Ich hatte das die letzte Tage öfter, das geht wieder weg.''
''Vielleicht für ein paar Stunden, aber dann kommt es wieder.'', antwortete Chris. ''Hannah, ich will nicht, dass du sauer auf mich bist und ich verstehe ja auch irgendwie, dass du dort nicht mehr hin willst, aber ich habe den Ärzten versprochen, dich sofort wieder zur Kontrolle hinzufahren, wenn es dir nicht gut geht.'' Seine müden Augen verließen kein einziges Mal meine. Ich hatte das Gefühl, dass diese Situation ihn mehr fertig machte, als mich. Er tat mir gerade fast mehr Leid, als das ich sauer auf ihn war.
''Aber mir geht es ja wirklich nicht schlecht. Mir ist nur ein bisschen schwindelig, mehr auch nicht...''
Er seufzte. ''Ich würde dich trotzdem lieber zur Kontrolle hin fahren, nur, damit wir auf der sicheren Seite sind.'' Nachdenklich knabberte ich auf meiner Unterlippe herum. Vielleicht hatte er ja Recht. Ich hatte vorhin selbst Angst, dass das irgendwelche Nebenwirkungen des Unfalls waren. Irgendwas, was noch nicht aufgefallen ist.
''Also gut.'', meinte ich. ''Bevor es nachher noch irgendwas schlimmeres ist, sollte ich mich lieber untersuchen lassen. ''Aber ich geh da nur unter einer Bedingung hin.''
''Und die wäre?''
''Wenn ich über Nacht bleiben muss, bleibst du bei mir.''
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Lost Memories
FanfictionAlles ist schwarz. Still. Das einzige Geräusch, das mich umgibt, ist das ständige piepen. Ich versuchte mich zu bewegen, meine Augen zu öffnen, doch meine Sicht veränderte sich nicht. Immer noch schwarz. Dunkelheit. Kein Lichtblick von nirgendwo. W...