Lost Memories

Kapitel 8

Ich ging die fremden Straßen entlang und versuchte durch irgendwelche Schilder zu erkennen, wo es lang ging, aber ohne Erfolg. Es waren nur irgendwelche Straßennamen. Aber eigentlich war mir das ziemlich egal. So hatte ich auch etwas Zeit für mich und musste niemanden enttäuschen. So eine kleine Auszeit tut doch jedem Beteiligten mal gut, oder?

Ich bog um die gefühlte hundertste Kurve und bemerkte immer mehr Leute. Ich schien in der Stadt zu sein. Mehr Autos kreuzten meinen Weg und ich musste immer mehr Menschen ausweichen. Krass, dass ich es hier her alleine geschafft hatte. Vielleicht waren einige Sachen doch noch so in mir drin, dass ich es praktisch schon automatisch machte. Konnte so was sein?

Neugierig schaute ich jeden Meter genau an. Schön war es hier, aber ich fand keinen Park. Schade eigentlich, etwas Natur würde mich bestimmt auch etwas aufmuntern.

Noch immer mit etwas Hoffnung, dass ich einen Park fand, ging ich durch die Stadt. Zur Not hätte ich mit Sicherheit auch einen der vielen mir entgegen kommenden Menschen nach dem Weg fragen können, aber ich wollte herausfinden, ob ich es auch alleine durch die Stadt schaffte.

Etwas gelangweilt kickte ich einen kleinen Stein vor mir her, bis ein Gebäude meine Aufmerksamkeit auf sich zog. Es war nichts besonders. Nicht besonders schön, aber irgendwie zog es mich magisch an. Skeptisch beobachtete ich das große Gebäude vor mir. Was war das?

Doch ich musste nicht besonders lang überlegen, bis etwas ganz anderes, meine Aufmerksamkeit erweckte.

''Hannah?'' Ich drehte meinen Kopf in die Richtung, aus der mein Name kam. ''Hannah, bist du es?'' Oh mein Gott. Dort war Tim. Ich schlug meine Hände vor meinen Mund. Ich konnte mich erinnern. An Tim. An die Zeit, die ich mit ihm hatte. Mir stiegen erneut die Tränen in die Augen, dieses Mal vor Freude, dass mein Gehirn doch noch die Möglichkeiten hatte, sich an etwas zu erinnern. Mein ganzer Körper zitterte. ''Was machst du denn hier?''

Ohne ihm eine Antwort zu geben, fiel ich ihm um den Hals. Es tat so gut wieder jemanden um mich zu haben, an den ich mich erinnerte. Ohne irgendwas zu sagen brach ich in Tränen aus. ''Hey, beruhig' dich.'' Er umarmte mich ebenfalls. Es wirkte, als ob er mich beschützen wollte. Wo war er die ganze Zeit, als ich im Krankenhaus lag? ''Komm erst einmal mit rein.'', flüsterte er und führte mich in dieses große, unschöne Gebäude. Es war ein Bürogebäude, denke ich, denn hier drin waren nur Menschen in schicken Anzügen und vornehmen Kleidern. Ich kam mir schon fast verloren vor, doch irgendwie interessierte es mich kaum. Ich hatte Tim an meiner Seite und hatte mich tatsächlich an ihn erinnert.

Wir kamen aus dem Fahrstuhl. Sofort kam mir der typische Bürogeruch entgegen. Unangenehm und stickig. Die grauen Marmorfliesen glänzten durch die vielen Sonnenstrahlen, die durch die große Fensterfront hereinbrach. Eigentlich müsste ich mich doch tierisch unwohl fühlen, oder?

Die Welt, die sich hier befand, war so ganz anders, als die Welt, die mir mein Bruder, Chris und co zeigen wollten. Das konnte doch alles nicht zusammen passen.

Immer noch mit wenigen Tränen in den Augen folgte ich Tim in sein Büro. Er hatte auf dem Weg bis hier hoch kaum ein Wort mit mir gesprochen, hatte nur seinen Arm um mich gelegt und mich beruhigend gegen seine Seite gedrückt.

Er öffnete die Tür seines Büros und ließ mich vor ihm eintreten. Auch hier war der Stil wie im Flur vor den Büros. Modern. Es war ein richtiges Klischee von Büro, das man hier finden konnte. Ein Abziehbildchen. Der einzige Unterschied zwischen dem Flur und diesem Büro bestand darin, dass hier einige Bilder rumstanden, mehr Persönlichkeit von Tim fand ich aber nicht. Aber ich suchte auch nicht danach, ich kannte ihn ja noch.

Das klang für mich alles so anders. Ich konnte jemandem sagen, dass ich ihn erkenne. Ich konnte Tim sagen, dass ich mich an alles erinnerte.

''Setz dich doch.'' Er zeigte auf einen Stuhl vor seinem Tisch. Erleichtert endlich wieder was zum Sitzen zu haben, ließ ich mich auf den Stuhl fallen und beobachtete, wie er sich gegen diesen Tisch lehnte und mich beobachtete. ''Was machst du hier?''

''Ich weiß es nicht. Ich bin ein bisschen umher gegangen, eigentlich auf der Suche nach einem Park.'', ich lächelte etwas. ''Aber irgendwie hat mich das Gebäude magisch angezogen.''

Tim nickte kurz und beobachtete mich weiter. ''Ich hab' gehört du warst im Krankenhaus.''

Also wusste er davon. ''Ja.. Du wusstest davon? Wieso hast du mich nicht besucht?''

Er gluckste kurz, eher er seinen Blick von mir abwendete und auf ein Bild schaute. ''Weil wir nichts mehr miteinander zu tun haben.''

''Was?'' Verwirrt schaute ich ihn an. Ich konnte mich doch noch daran erinnern, dass wir zusammen waren und jetzt sollten wir nichts miteinander zu tun haben? Nein, das glaubte ich nicht. ''Du verarschst mich.''

Er seufzte. ''Du hast dich von mir getrennt, vor fast zwei Jahren.'', meinte Tim. ''Ich weiß nicht, an wie viel du dich erinnern kannst, aber du hast mich damals verlassen, weil dir alles zu schnell ging.''

''S-Seit 2 Jahren sind wir nicht mehr zusammen?'' Ich konnte es nicht glauben. Ich hatte Tim geliebt und meine letzte Erinnerung war auch nicht, dass ich mich von ihm getrennt hatte. Ich konnte mich nur an die schönen Sachen erinnern.

Er nickte und lächelte leicht. ''Aber du warst glücklich, glaub mir.''

Ich schüttelte meinen Kopf. Nein. Ich wollte das nicht glauben. Ich konnte doch nicht so dumm gewesen sein. Tim war mein Leben. ''Aber ich hab dich doch geliebt.'', flüsterte ich. Ja, das habe ich, so, wie ich vor ihm noch keinen geliebt hatte.

Ich stand von dem Stuhl auf und ging zur Tür. Wenn ich mich von ihm getrennt hatte, dann brachte es auch nichts, wenn ich weiter hier herum saß und ihn nervte. Er musste seine Arbeit tun und wenn dort eine Ex-Freundin vor ihm saß, konnte er dieser nicht nachgehen. Ex-Freundin. Dieses Wort tat mir innerlich krass weh, aber es war die Wirklichkeit. Wir waren anscheinend schon Ewigkeiten getrennt.

''Warte, Hannah. Du wolltest in einen Park, richtig?'' Ich nickte leicht. ''Ich bring dich hin.'', meinte er und griff nach einer Jacke.

''Nein, lass nur. Du musst arbeiten, ist ok, ich finde den Park schon alleine.''