Kapitel 23

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Vorsichtig tippte ich auf meinem Handy herum, die langweilige Musik des Radios im Ohr, als ich auf den Kontakt meiner Mutter klickte. Chris saß, ziemlich nervös, am Steuer und hatte seinen Blick auf die Straße gerichtet. Ich verstand seine Panik nicht wirklich, fragte aber nicht wirklich nach, da ich mich viel mehr auf das Gespräch mit meiner Mutter konzentrieren wollte.

''Hannah?'' Ihre besorgte Stimme drang an mein Ohr.

''Hi, Mama. Ich wollte nur Bescheid geben, dass du nicht kommen brauchst... Bist du schon unterwegs?'', fragte ich. Das schlechte Gewissen, das auftauchte, weil ich sie umsonst so spät angerufen hatte, war deutlich zu hören.

Sie seufzte. ''Ist Christoph wieder da? Na, es geht, ich kann wieder umdrehen. Wie geht es dir?''

''Ja, eigentlich wieder ganz gut. Ich denke ich brauch nur etwas mehr Schlaf.'' Ich verschwieg ihr, dass wir auf den Weg ins Krankenhaus waren. Sie hatte sich schon so viele Sorgen um mich gemacht und ich wollte ihr nicht noch einmal eine weitere Last aufbinden. Sie sollte sich mal wieder um sich kümmern, mich aus ihren Gedanken streichen.

''Also brauch ich mir vorerst keine Sorgen um dich zu machen?'', fragte sie, woraufhin ich heftig meinen Kopf schüttelte.

''Nein, brauchst du nicht.''

''Dann schlaf gut und erhol dich.'' Mit diesen Worten legte sie auf. Mir fiel ein riesiger Stein vom Herzen, als ich mein Handy wieder zurück in meine Hosentasche gleiten ließ. Sie schien nicht böse zu sein, eher erleichtert.

*

Zitternd saß ich auf dem kalten Holzstuhl in dem kleinen Behandlungszimmer. Chris saß auf einem weiteren Stuhl genau neben mir, als wir auf einen Arzt warteten. Die Angst, dass die Möglichkeit bestand, dass eine weitere Sache mit mir sein könnte, war uns beiden vom Gesicht abzulesen.

Nach nur wenigen Minuten stand Chris von seinem Stuhl auf und spazierte im Raum auf und ab. Mein Blick war immer noch still auf die weißen Fliesen gerichtet. Mittlerweile hatte ich große Mühe meine Augen offen zu lassen. Ich war wirklich müde, konnte kaum mehr blinzeln, da ich Angst hatte, mit jedem bisschen Dunkelheit einzuschlafen. ''Hannah?''

''Hmm?'' Mehr kam aus mir nicht mehr raus. Die Erschöpfung war zu groß. Ich konnte hören, wie sich Chris wieder auf seinen Stuhl setzte. Eine Zeit lang saß er einfach nur da, beobachtete mich genau. Obwohl ich nicht mehr aufschaute wusste ich genau, dass er am überlegen war. Worüber dachte er nach?

Ich hatte keine Zeit mir weitere Gedanken darum zu machen, denn er hatte seine warmen Hände um meinen Körper gelegt und mich innerhalb von Sekunden auf seinen Schoß gezogen. Vorsichtig legte er beide Arme um mich. Sofort spürte ich, wie mir mein Blut in meine Wangen schoss. Ich wurde rot. Oh wirklich, Hannah? Für so was hast du noch Kraft?

Während sein Blick nur auf meine Hände gerichtet war, faszinierte mich unser Größenunterschied. Obwohl ich auf seinem Schoß saß, schien er noch weitere zwei Köpfe größer zu sein. War ich wirklich so klein? Mir war das die letzten Tage noch nie so aufgefallen, wie jetzt in diesem Moment. Wahrscheinlich versuchte ich mich etwas von der plötzlichen Nähe abzulenken. Ich hätte nie damit gerechnet, dass ich mich in seiner Nähe so verdammt wohlfühlen würde. Irgendwas war zwischen uns vor dem Unfall. Waren wir zusammen? Oder war ich heimlich in meinen Mitbewohner verliebt?

''Du denkst schon wieder so viel nach.'' Seine Stimme riss mich aus meinen Gedanken. Er hob seinen Blick von meinen Händen und schaute mir in meine Augen. Ich hatte das Gefühl, er konnte mir genau in meine Seele schauen.

''I-Ich, also.. Kann sein?'' Ich schluckte. Sein Blick schnürte mir die Kehle zu, allerdings konnte ich auch nicht wegschauen. Diese unglaublich schöne Augen fesselten mich.

Letztendlich schaffte ich es doch, meinen Blick abzuwenden. Vorsichtig griff ich nach seinen Armen und befreite mich aus seinem Griff, bevor ich aufstand. Die Müdigkeit war wie verschwunden. Ich war verdammt nervös. Wegen Chris?

Ich versuchte etwas Abstand zu gewinnen, in dem ich mich gegen die weiße Wand lehnte, die gegenüber der beiden Stühle lag. Mit regelmäßigem ein und ausatmen schaffte ich es, dass sich mein Körper langsam wieder beruhigte.

Warum konnte er mich so verrückt machen?

Lost Memories Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt