Kapitel 2

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Tja, meine Lieben, wie es sich herausgestellt hatte, war dieser Alptraum seit 8 Tagen mein neues Leben.

Wieso?

Ich bin aufgewacht.

Klingt eigentlich gut, oder? War es aber nicht, zumindest nicht für mich persönlich. Ich hatte jeden Tag die Aufgabe fremden Personen in die Augen zu schauen und diesen Menschen zu sagen, dass ich sie nicht kannte. Klar, das klingt alles nicht sehr spektakulär, aber diese vielen Personen waren meine Familie. Mein Bruder. Meine Mutter. Mein Vater.

Ihnen allen habe ich sagen müssen, dass ich sie nicht erkannte. Und verdammt, könnt ihr euch vorstellen, wie schrecklich es war, diese enttäuschten und traurigen Gesichter zu sehen? Sie versuchten verzweifelt, dass ich mich an etwas erinnerte. Von meiner Mutter hatte ich die Information, dass ich Hannah hieß und mein Zwillingsbruder meinte, dass wir beide vor drei Monaten 18 geworden waren. Er erzählte mir von der Geburtstagsparty, auf der mir auch einige Missgeschicke passiert waren. Wenn ich mich daran erinnern könnte, würde ich mir wünschen, ich könnte alles rückgängig machen, doch so blieb nur etwas fremdschämen übrig, für das Mädchen, dass ich angeblich war.

Kommen meine Erinnerungen je wieder? Ich kann mir ein Leben nicht vorstellen, in dem meine Vergangenheit im Dunklen liegt. Ich brauche diese ganzen Erlebnisse doch...

Wie jeden Abend war gerade eine Schwester dabei, meine Werte aufzuschreiben. Anfangs beobachtete ich sie wie ein kleines Kind, das auf die Schokolade wartete, um selbst zu wissen, wie es mir ging. Doch mittlerweile schaute ich in diesen wenigen Minuten nur auf meine Hände und beantwortete die Fragen knapp. Ich hatte die Hoffnung schon aufgegeben, dass ich bald hier raus kam.

Doch als ich ein Schatten auf mein Bett zukommen sah, zuckte ich zusammen. Es war schon ziemlich spät und die Station somit geschlossen. Besucher hatten keinen Zutritt mehr, also musste es einer der vielen Ärzte sein. Als ich allerdings meinen Kopf hob, um mir den Arzt anzuschauen, war ich verwirrt. Dieser Arzt war mir völlig unbekannt.

Konnte mir die Schwester mal helfen und mir diesen Jemand vorstellen? Ich wollte nicht wie eine total Bekloppte dastehen, weil ich mal wieder einen Namen vergessen habe.

Als könnte sie meine Gedanken lesen, drehte sie sich um und erschrak zuerst. Die Schwester fing sich allerdings schnell wieder und schaute den jungen Mann, der mich durchgehend anschaute, ziemlich streng an.

''Entschuldigung, auch für Sie ist die Station geschlossen.'' Also doch kein Arzt. Aber war dieser junge Mann dann jemand, den ich schon wieder enttäuschen musste, weil ich ihn nicht erkannte? Ich konnte das doch nicht schon wieder jemandem antun...

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