Kapitel 28 (Simon)

704 20 4
                                    

Leon.

Er sieht... gut aus. Er lächelt jemanden an. Mich. Er lächelt mich an. Ich lächle zurück, merke aber schnell, das es irgendwie komisch ist, ihn die ganze Zeit anzugrinsen und gucke wieder zu Wille. Doch der guckt geradeaus auf eine Wand. Und lächelt nicht mehr.
Ich suche die ganze Zeit Augenkontakt mit Wille, aber von ihm kommt nichts.
Komisch.

Nach dem Gottesdienst suche ich Wille und finde ihn schließlich in seinem Zimmer.
Ich klopfe an und höre ein: „Wer ist das?"
„Simon."
Ohne abzuwarten, was er sagt, komme ich rein.
Er liegt auf dem Rücken in seinem Bett.
Ich laufe auf ihn zu und lege mich genau auf ihn. Meine Kopf auf seiner Brust, sein schlagendes Herz hörend. Willes eine Hand legt sich auf meinen Rücken, die andere spielt mit meinen Locken.
„Was ist los, Wille?"
„Nichts."
„Du hast mir im ganzen Gottesdienst nicht mehr in die Augen geguckt und bist danach abgehauen."
Mittlerweile ist mein Kopf aufgerichtet und ich sehe ihm in seine schönen, braunen, glänzenden Augen.
„Es... Es ist nur... Ach egal, es ist komplett dumm."
„Wilhelm, keine Geheimnisse."
„Wie du ihn angeguckt hast..."
„Wen?"
Da fällt es mir ein.

Leon.

„Wille, nein... Bitte denk das nicht."
„Es war dumm, wie gesagt."
Seine Hand spielt immernoch nervös mit meinen Haaren.
„Wille. Es war nicht dumm! Ich kann das verstehen, aber ich hab ihn einfach nur in der Menge gesehen, und es ist immerhin ein bisschen her, er hat mich angelächelt und ich habe eben einfach nur zurückgelächelt.
Aber Wille, ich liebe dich. Ich will nicht, dass du dich irgendwie unwohl fühlst, wenn Leon und ich Kontakt haben. Aber das werden wir, deswegen kann ich dir nur sagen, dass ich nur in dich verliebt bin."
„Na gut", nuschelt er und ich kichere etwas.
Nach kurzer Zeit drücke ich meine Hüfte auf seine und bewege sie etwas.
„Oh, wir müssen in den Unterricht!"
„Ernsthaft, Simon? Hat dir das am Wochenende nicht gereicht?", neckt er mich.
Aber wir sind schon aufgestanden und bevor wir das Zimmer verlassen, flüstere ich ihm zart etwas in's Ohr.
„Du siehst übrigens sehr heiß in der Schuluniform aus."
Gerade will ich die Tür öffnen, als Wille mich an die Tür drückt, mir tief in die Augen sieht und seine Lippen auf meine presst.
„Was du kannst, kann ich schon lange."
Toll, mein Freund ist ja wirklich der Beste.

„Komm." Wille schließt seine Finger um meine und wir laufen gemeinsam zu Mathe. Das könnte ich ewig machen. Mit meinem Prinzen händchenhaltend rumlaufen, ohne Angst zu haben, dass uns jemand sieht. Wir werden immermal wieder von Leuten angelächelt, mehr nicht.
Auf dem halben Weg dahin kommt Leon uns entgegen. Seine Augen wandern auf unsere verbundenen Hände hinab und ich spüre, wie Wille meine Hand fest drückt.
„Hi, Simon! Und du bist... Wille, richtig?"
Als ob er nicht wüsste, wer Wille ist.
„Wilhelm."
Er betont das Wilhelm, anscheinend will er von ihm nicht Wille genannt werden.
„Ihr habt doch auch Mathe, oder? Könnte ich mich gleich vielleicht neben dich setzen, Simon?"
„Klar, kein Problem."
Wille schaut einfach nur die ganze Zeit geradeaus, als wir mit Leon zu Mathe laufen.
Vor der Tür trennen wir uns dann und Leon und ich setzen uns in eine Reihe, die direkt vor Willes liegt.

Während des Unterrichts ist alles normal. Leon und ich reden über dies und das, Willes Blick brennt auf meinem Rücken wie Feuer.
Jedoch hat sich herausgestellt, dass Leon einen Freund hat.
„Sag mal, ist dein Freund einfach nur super eifersüchtig oder richtig geil auf dich?"
Ich erhasche einen kurzen Blick zu Wille nach hinten, der angestrengt versucht, auf sein Papier zu gucken.
Ich muss etwas lachen.
„Beides vielleicht? Aber ich würde eher auf eifersüchtig tippen."
„Okay, weil so wie er dich anguckt, sieht es so aus, als würde er dich hier und jetzt am liebsten sofort durchnehmen."
Tolle Vorstellung. Hier, im Klassenraum. Willes Geruch, sein Körper, seine Hände auf meinem Körper... Nein, nein, nein. Ich spüre wie die Hitze in meine Leiste steigt, shit. Ich muss an etwas anderes denken.
„Oh, sorry, wollte hier keine Probleme mit irgendwelchen heißen Vorstellungen verursachen", neckt mich Leon.
„Sei still." Ich stoße mit meiner Schulter an seine und lasse das einfach mal so stehen.
Der Rest des Unterrichts verläuft zum Glück problemlos.

Kurz bevor es klingelt spricht Leon mich nochmal an.
„Hättest du Lust mal was zu machen? Also natürlich freundschaftlich." Er lächelt mich lieb an.
Wieso eigentlich nicht? Wille sollte auch nicht mein einziger Kontakt sein.
„Klar, gerne. Hättest du vielleicht morgen Abend Zeit?"
„Jap, das passt bei mir."
„Perfekt, kannst' ja zu mir kommen."
„Alles klar, bis morgen."
Ich gehe auf Wille zu, der mich sofort in den Arm nimmt. Irgendwas stimmt doch nicht mit ihm. Oder liege ich da falsch? Irgendwie ist er so anhänglich, braucht so viel Körperkontakt.
„Wollen wir auf dein Zimmer gehen?" Es ist angenehmer, entspannter, wenn wir einfach dort unsere Ruhe haben.
„Ja, bitte."
Auf dem Weg dorthin, läuft Felice uns entgegen.
„Simon! Wille!" Sie nimmt uns beide gleichezeitig in den Arm und wir erwidern die Umarmung glücklich.
„Ich bin so stolz auf euch! Endlich könnt ihr rausgehen ohne Angst zu haben. Das freut mich so für euch."
„Uns auch!" Wir grinsen sie an.
„Auf geht's, geht in Willes Zimmer und macht was auch immer", sagt sie sarkastisch.
Ich gebe Felice einen ironisch-genervten Blick und verschwinde mit Wille in seinem Zimmer.

„Simon? Kannst du mich festhalten?"
„Natürlich, Schatz."
Ich lege mich auf sein Bett und Wille legt seinen Kopf auf meine pochende Brust, seinen Arm um meinen Bauch und meine Hand fährt durch seine Haare.
„Wille? Hab ich dir schonmal gesagt, wie unfassbar schön du bist?"
„Nein, aber kannst du gerne öfter tun", sagt er leicht lächelnd.
„Du bist so, so wunderschön, Wilhelm."
„Du bist auch wunderschön, Simon."
Stille. Lange Stille. Aber keine unangenehme Stille, eine Stille die sagt: „Wir wissen nicht, was wir sagen sollen, aber unsere Berührungen genügen, es sind keine Worte nötig."

„Ich habe total Angst, dich zu verlieren, Simon."
Es ist leise. So leise, man hätte es überhören können.
„Wille, was? Wieso solltest du mich verlieren?"
Stille.

Leon.

„Ich weiß nicht... Seit Weihnachten habe ich immer so Angst, dich zu verlieren. Und jetzt... Naja, mit Leon... Ich hatte halt mal einen Traum, und seit dem bin ich voll paranoid. Wahrscheinlich ist das irgendwie so eine tiefsitzende Angst bei mir, ich weiß ja, was passiert wenn ich dich nicht sehen kann. Und wahrscheinlich findest du das mega peinlich, was ich auch verstehen kann, echt, und denkst dir wieso man so sein sollte, aber seit Eriks Tod... Ich weiß, wie schlimm es ist, jemanden zu verlieren, und auch wenn du nicht stirbst, nicht mit dir zusammen zu sein, wäre für mich das Ende."

Danach muss er erstmal durchatmen, weil er so lange und schnell gesprochen hat. Seine Worte versetzen mir einen Stich in's Herz. Aus welchem Grund sollte ich ihn verlassen? Leon? Wegen dem doch nicht! Wille ist der tollste, wunderbarste Mensch auf Erden, und ich glaube ihm ist nicht mal bewusst, wie abhängig ich eigentlich von ihm bin. Er ist mein Sauerstoff, na klar will ich ihn auch nicht verlieren, aber ich weiß, dass das nicht passieren wird.

„Wille. Ich weiß, du musst es jetzt hören, also sage ich es dir.
Niemals in meinem ganzen Leben würde ich dich verlassen. So wie du mich brauchst, brauche ich dich. Das vor Weihnachten war für mich auch wirklich, wirklich schlimm, aber jetzt weiß ich, wie wir es besser machen können. Deshalb rede ich jetzt mit dir, und deshalb bin ich froh, dass du es mir gesagt hast! Ich liebe dich, Wille. Ich möchte dich heiraten, Kinder mit dir haben, zusammen mit DIR alt werden, nicht mit Leon oder sonst wem.
Verdammt, Wille, ich würde mit dir sonst-wohin abhauen, wenn es dir hier zu viel werden würde.
Ich würde alles für dich tun, Wille."

Alles.

sonne; young royals fanficWo Geschichten leben. Entdecke jetzt