24 | Leichenalarm

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"Bist du heute Nacht gestorben?" Ein lautes Lachen ertönte und das Geräusch explodierte in meinen Ohren. Erschrocken hob ich meinen Kopf und bereute es sogleich, denn meine Augen brannten höllisch wegen dem hellen Licht.
"Hm?", fragte ich verwirrt und sah Jin an. Sein unverwechselbares Lachen war schlimmer als jeder Handywecker. "Wieso?" 
"Weil du aussiehst als hätte dich gerade jemand ausgegraben. Die Stylisten werden dich heute lieben." Autsch. Ich wusste doch, dass ich hässlich aussah. Er musste es mir nicht auch noch unter die Nase reiben.
Danke, Jin. Dass du mir geholfen hast zu sehen was ich wirklich bin. 
Ich antwortete nichts mehr darauf, es brachte sowieso nichts. Er würde nicht verstehen wie sehr es mich verletzte. Mit mir konnte man es ja machen.
Ich beobachtete wie er nach ein paar weiteren humorvollen Bemerkungen auf meine Kosten wegging und sich zu Namjoon gesellte um wieder irgendwas Geheimes zu besprechen. Deren Geflüster nervte mich langsam wirklich, weil ich fast vollkommen sicher war, dass es sich dabei um mich drehte. Genervt knirschte ich mit den Zähnen und konzentrierte mich auf meine Stylistin, die soeben gekommen war.
"Hi Taehyung.", lächelte sie, süß wie immer.
"Hi.", antwortete ich und sah sie an. Ihr Lächeln wich etwas. "Sieh mich nicht so an.", murmelte ich leise.
"Sorry Tae. Hast wohl nicht so viel Schlaf bekommen letzte Nacht." Sie schmunzelte. "Keine Sorge, das kriegen wir hin." Dass sie so positiv war, nicht wertend und keinen Kommentar abließ, ließ mich besser fühlen. Ruhig und entspannt schloss ich meine Augen und ließ sie einfach machen. Ihre zarten Hände strichen über mein Gesicht und verteilten irgendein Zeug darauf. Es fühlte sich angenehm an, und noch angenehmer war die Kopfmassage, die ich indirekt durch das Styling bekam.
Beinahe wäre ich eingeschlafen. 
"So, wir sind fertig.", sagte sie nach gefühlten Sekunden, die ich einfach nur genossen hatte und ich öffnete schwerfällig meine Augen. Überrascht sah ich, dass ich ganz und gar nicht mehr so aussah wie ich mich fühlte. 
"Das ist mein Meisterwerk.", lächelte sie und klatschte begeistert in die Hände. "Du siehst so toll aus, Taehyung."
"Ja, dank dir.", lächelte ich zurück und spielte das Kompliment ab. Diese Komplimente waren einfach nicht wahr. Ich war nicht schön, oder besonders. Einfach nur unterer Durchschnitt.
"Tz." Sie schüttelte tadelnd den Kopf. "Du bist immer schön, mit Make-Up oder ohne." Ich sah sie von der Seite an, versuchte einen Gesichtszug zu erkennen, der die Lüge enttarnte. Aber da war nichts. Sie lächelte mich nur ehrlich an.
"Danke.", antwortete ich ruhig und beobachtete wie sich ihr Lächeln noch verstärkte.
"Nicht dafür mein Lieber. Du solltest jetzt zur Garderobe gehen und dein Outfit anprobieren." Damit begann sie ihre Arbeitsutensilien zusammenzupacken. Seufzend streckte ich mich und ließ meine Gelenke knacken bevor ich mich auf den Weg machte. Die anderen waren alle schon dort, weil es bei mir so viel länger gedauert hatte mich zu schminken.
"Wow.", hörte ich Hobi rufen als ich durch die Tür kam. "Taehyung." Ich hörte anzügliche Geräusche und Lachen und obwohl ich wusste, dass es nur Spaß war, fühlte ich mich entblößt und unwohl. Unsicher, weil ich nicht wusste was ich tun sollte, lächelte ich. Spielte herunter wie mies es mir deswegen ging. Sie machten sich nur lustig über mich. Automatisch machte ich mich kleiner, zog fast schon den Kopf ein.
"Du bist so hübsch.", flüsterte eine Stimme an meinem Ohr, als die anderen wieder ihren Tätigkeiten nachgingen. Zwei starke Arme schlossen sich von hinten um meine Schultern und sein unvergleichlicher Duft strömte in meine Nase. Sofort entspannte ich etwas und lehnte mich leicht gegen ihn. 
"Nicht so schön wie du.", antwortete ich leise, legte meine Hände auf seine. Dieser Moment war so intim, so zerbrechlich, dass ich Angst hatte die anderen könnten ihn zerstören. Durch unpassende Kommentare oder blödes Lachen.
Er lachte leise. "Ich wette dagegen." Seine Lippen strichen mein Ohrläppchen und die Gänsehaut breitete sich rasant auf meinem Körper aus. Ein Kribbeln durchfuhr meinen Bauch und ich schloss genießerisch die Augen. Es war so schön bei ihm zu sein. Dann war alles ruhig, mein Kopf, meine Gedanken. Alles fokussierte sich auf ihn, es war als würde die Zeit still stehen.
"Was machst du heute Abend?", fragte er flüsternd. Leicht strichen seine Finger über meine Brust, kaum merklich. 
"Keine Ahnung, schlafen?" Meine Antwort klang mehr wie eine Frage, ich wusste es einfach selbst nicht. Hatte keinen Überblick mehr über unseren Tourplan und Interviews. Bestimmt hatte Namjoon alles gesagt und Zettel ausgeteilt, aber die hab ich schon längst verloren. Ich ließ mich einfach mittreiben, für mehr hatte ich keine Kraft.
"Lass uns einen Film schauen.", schlug er vor und beim Gedanken an sein gemütliches Doppelbett, das so gut nach Jungkook roch, dabei in seinen Armen zu liegen und irgendeinen Film zu sehen, rettete mir gerade meinen Tag.
Erfreut nickte ich also. "10 Minuten, dann geht es los." Wir waren dieses Mal zu einem Interview eingeladen. Es war unser mittlerweile drittes Interview hier und am Anfang war ich aufgeregt hier zu sein. Damals war es so besonders, so ein einzigartiges Gefühl. Ich meine es war ein bekannte Late Night Show. Mittlerweile kam ich nicht mehr gerne her. Die Fragen waren langweilig, teilweise schon aufdringlich und quälend wie bei vielen amerikanischen Interviews. Aber wir mussten es ja tun.

"Willkommen, Willkommen." Der Applaus und das Geschrei schallte wie durch Watte zu mir durch. Mein Herz schlug so schnell wie damals am Flughafen. Irgendwas verknotete sich in mir und ich musste schnappartig einatmen.
"Alles klar?", fragte mich Hobi unauffällig, der hinter mir stand. Ich nickte nur und versuchte einen klaren Blick zu bekommen. Bitte Körper, lass mich jetzt nicht im Stich. Nicht jetzt, vor allen Kameras.
"Ist ja gut, sie sind ja noch etwas länger bei uns.", lachte die Moderatorin. Ich bemerkte sofort, dass sie versuchte Jimin schöne Augen zu machen, als er ihr lächelnd die Hand reichte. Chim war einfach der Charme in Person und er tat nicht einmal groß was dafür. Er war jemand, den man gern haben musste. Das Lächeln war nicht von dieser Welt. Trotzdem nervte es mich. 
"Schön, dass ihr hier seid." Ihr Lachen war so falsch, dass es beinahe wieder aus ihren Ohren rauskam. Ich verzog kurz meine Lippen zu etwas das für das ungeübte Auge wie ein Lächeln aussah. Ihre kühle Hand in meiner Hand.
"Tae.", lächelte mir Namjoon zu und deutete auf einen Platz auf der Couch. Direkt neben ihm. Na super, war ja wieder klar. Jetzt würde er mich dazu drängen etwas zu sagen, vermutlich auf Englisch. Scheiße, warum hasste mich mein Leben so.

fünfundzwanzig| jjk.kthWo Geschichten leben. Entdecke jetzt