30 | Hat es dir die Sprache verschlagen?

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Sobald ich aus Jungkooks Bett zurück in die Realität gestiegen war, kehrten auch meine Gedanken wieder zurück. Als wären sie nie weg gewesen, als wäre die letzte Nacht ein Traum gewesen. Ich wusste nicht Mal genau warum, vielleicht war es die Angst vor der Zukunft oder der Hass auf mich selbst, aber sobald ich unter der kalten Dusche stand rannen mir Tränen über die Wangen. Ich weinte so stark, dass ich dachte ich müsste ersticken. Die kalten Tropfen fühlten sich wie Eiszapfen an, die sich in meine Haut bohrten während ich auf den Boden sank und vor mich hin schluchzte. So lange, bis ich leer war, bis keine Träne mehr rauskam und ich einfach nur stumm auf den Boden starrte. Das Wasser verschwand im Abfluss und zum ersten Mal in meinem Leben suchte ich eine Lösung, um meinen Schmerz verschwinden zu lassen. Um diesen seelischen Schmerz zu unterdrücken. Nur für einen Moment. Einen Moment um zu atmen.
"Tae, bist du bald fertig?" Ein Klopfen brachte mich in die Realität zurück. Es war Yoongi, der gegen die Tür klopfte. Schnell wischte ich mir über die Augen und quälte mich auf.
"Ja, gib mir 5 Minuten.", antwortete ich, nachdem ich mich versichert hatte, dass meine Stimme nicht weinerlich oder gebrochen klang. Schnell duschte ich mich ab und wusch meine Haare, bevor ich mich in ein großes Handtuch wickelte. Meine Augen waren rot vom weinen und je länger ich in den Spiegel sah, desto fahler und müder sah ich aus. Aber das lag vielleicht auch daran, dass ich quasi nicht geschlafen hatte.
"Tae." Yoongi wieder. Ich zog einmal meine Nase hoch, straffte die Schultern und öffnete dann dir Türe.
"Ich bin ja schon fertig. Ich hab Shampoo in die Augen bekommen und das brennt so unfassbar. Ich krieg's nicht weg." Mein kläglicher Versuch zu verdecken, dass ich gerade wie ein Schlosshund geheult hatte schien zu funktionieren. Yoongi musterte mich für ein paar Sekunden, bevor er mir antwortete.
"Hast du es ausgewaschen?"
"Natürlich, was meinst du warum ich so lange gebraucht habe.", log ich ihn an, bevor ich mich an ihm vorbeidrückte. "Sind wahrscheinlich einfach gereizt."
Damit verschwand ich in meinem Zimmer und ließ mich erschöpft auf das Bett fallen. Die Schlaflosigkeit saß mir in den Knochen.

Fertig hergerichtet und mit trockenen Haaren lief ich in die Küche, scheinbar kochten die anderen etwas. Mein Magen knurrte schmerzhaft und ich verfluchte mich selbst, dass ich gestern so viel gegessen hatte. Jetzt müsste ich mich wieder daran gewöhnen weniger zu essen.
"Guten Morgen.", lächelte mich Jungkook an, der am Herd stand.
"Hi." Ich konnte nicht verhindern, dass sich mein Körper nach ihm verzehrte und sofort auf Hochtouren zu arbeiten begann sobald ich ihn sah. Gerade war niemand in der Küche, weswegen er auf mich zukam und mich ohne zu zögern in seine Arme schloss. Er bereut es nicht.
"Das hab ich vermisst.", murmelte er. Ich seufzte nur und schloss meine Arme eng um seine Taille. Diese perfekte, schmale Taille, auf die ich schon immer neidisch war.
"Ich auch." Dabei verdrängten wir, dass es noch keine 2 Stunden her war seitdem wir uns berührt hatten.
Konnte es tatsächlich sein, dass letzte Nacht der Auslöser für unsere Obsession war? Konnte ich jetzt nicht mehr ohne ihn sein? Verdammte Gefühle.
Leicht legte er seine Lippen auf meine, ließ mich in seinen Armen schmelzen.

Unfair, du bist unfair Jungkook.
"Willst du was essen?", fragte er nachdem wir uns endlich gelöst hatten, weil wir Schritte hören konnten.
"Hm. Was kochst du denn?", fragte ich nachdenklich. Eigentlich wollte ich nichts essen aber ein gemeinsames Frühstück mit Kookie war so verlockend. Nachdem es mittlerweile schon Juni und warm war, könnten wir vielleicht auf der Terrasse frühstücken. Alleine.
"Ramen aber ich kann dir auch was anderes machen. Worauf hast du Lust?", fragte er mich und drückte die Nudeln ins Wasser.
Ich war drauf und dran etwas blödes, wie "Ich habe Lust auf dich" zu sagen, bevor ich mich gerade noch zusammenreißen konnte und daran dachte, dass ich bei weitem nicht seine Liga war. 
"Haben wir was von diesen Smoothies da?", fragte ich stattdessen und öffnete den Kühlschrank.
"Mhm. Ich glaube schon."

"Smoothies zum Frühstück?" Yoongi gesellte sich zu uns und schnupperte kurz an Kookies Essen, bevor er sich an die Theke lehnte und mich ansah. "Davon wird man nicht satt."
Ich rollte nur mit den Augen und nahm einen grünen Saft raus.
"Wird man von einem Kaffee auch nicht, soweit ich weiß.", giftete ich zurück und spielte dabei auf seine Angewohnheit an das Frühstück mit einem Espresso zu ersetzen.
"Naja, ich weiß zumindest, dass ich auf Dauer nicht von einem Apfel am Tag überleben kann." Geschockt öffnete ich den Mund, schloss ihn gleich wieder bevor ich ihn erneut öffnete, um etwas zu erwidern.
Beobachtet er mich etwa? Es lief mir heiß-kalt den Rücken runter als ich daran dachte, dass er mich möglicherweise ertappt hatte. Jungkook wand sich vom Herd ab, um mir einen kurzen Blick zuzuwerfen. Sofort fühlte ich mich schuldig, obwohl ich nicht Mal etwas getan hatte. 
"Was? Hat es dir die Sprache verschlagen, weil du Mal die Wahrheit hörst?", stichelte Suga weiter und obwohl er immer ein besonnenes, ruhiges Gemüt hatte und ich immer mit ihm reden konnte, schlug er hier über die Stränge. 
"Hör auf sowas zu sagen. Es stimmt nicht, ich esse ganz normal." Ich krallte meine Finger in die Flasche. Es war mir peinlich, dass er mich vor Kookie so entblößte. Nicht nur vor ihm, irgendwie auch vor mir selbst. Ich hasste es, dass er es so offen aussprach. Dabei machte ich es nicht Mal mit Absicht, ich hatte oft einfach keinen Hunger mehr und wenn doch, dann mochte ich es eben nicht mich voll zu fühlen. War ja wohl kein Verbrechen.
Er kam langsam auf mich zu. "Tae, ich will dir doch nur helfen." Er hatte seine Stimme gesenkt und redete so leise mit mir, dass Kookie es nicht hören konnte.
Ich schüttelte nur den Kopf.
"Es gibt nichts, wobei du mir helfen könntest. Wie oft habe ich schon gesagt, dass es mir gut geht. Ich rede mit euch, wenn etwas nicht ok ist. Wieso willst du das nicht verstehen?", fauchte ich zurück. Aggressiver als ich wollte. Ja, meine Gefühle Mal wieder.
"Tae-", begann er, aber ich ließ ihn gar nicht weiter reden, ging an ihm vorbei und stellte mich zu Jungkook, lehnte meinen Kopf an seine Schulter.
"Alles okay?", fragte er mich und fuhr einmal sanft durch meine Haare, bevor er sein Essen in zwei Schüsseln aufteilte. Ich nickte nur und beobachtete ihn weiter.
"Wollen wir rausgehen?", fragte ich und er stimmte mir zu, nahm das vorbereitete Tablett und trug es in den Garten raus. Ich folgte ihm, traute mich nicht zu fragen für wen die zweite Schüssel war, obwohl ich es eigentlich schon ahnte.
Er steuerte die Mitte des Rasens an und ließ sich dann auf die Erde fallen. Die Luft war schon warm und es duftete nach Sommer. Vögel zwitscherten und obwohl ein Haufen Insekten unterwegs waren, war es schön. Wir machten es uns bequem und ich öffnete die Flasche, um einen Schluck zu trinken. Es war erfrischend und schmeckte gesund, genau das was ich brauchte.
"Willst du?" Ich hielt ihm die Flasche hin und er trank dankend einen Schluck. Ich liebte es mit ihm zu teilen, alles mit ihm zu teilen.
"Hier.", meinte er dann und drückte mir eine von den beiden Schüsseln in die Hand. War ja klar. Ich wollte doch nichts essen, warum zwang er mich dazu?
"Jungkook, ich hab doch gesagt, dass ich nichts will.", seufzte ich und stellte die Schüssel ab.
"Ich weiß und ich sage, dass es mir egal ist. Ich koche gerne für uns und esse noch viel lieber mit dir." Er lehnte sich zu mir rüber und stupste meine Nase mit seiner an, zog sich aber schnell wieder zurück.

Du bist gemein Jungkook. Das warst du schon immer. Machst es mir so schwer dir zu widerstehen, dir nicht zu verfallen. Wie soll ein Junge das überhaupt ertragen?

Geschlagen nahm ich die Schüssel und begann zu essen. Weil du unfair bist, Jungkook.
"Stört es dich, wenn Yoongi so etwas sagt wie vorhin? Du weißt, dass er nur Spaß macht, oder?", fing er an, während er die Nudeln schlürfte.
Ich seufzte, zögernd ob ich ehrlich sein sollte.

fünfundzwanzig| jjk.kthWo Geschichten leben. Entdecke jetzt