23 | Ausreißer

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Als ich vorsichtig das Bad wieder verließ hat Jungkook wieder so tief und fest geschlafen wie zuvor, sodass es keine große Kunst war mir unauffällig schwarze Jeans und eine schwarze Lederjacke überzustreifen. Mit einem letzten Blick zu dem schlafenden jungen Mann auf meinem Bett setzte ich mir noch schnell eine Kappe auf und lief aus dem Hotel - als wäre ich ein normaler Gast, der die Stadt bei Nacht erkunden wollte. Ich sah nicht wirklich aus wie ich, denn die Klamotten waren gar nicht mein Stil aber es passte gut zu meinem Wunsch unauffällig zu bleiben. Niemand vermutete mich in so einem Outfit. Vielleicht war es deshalb so leicht. Normalerweise waren Bodyguards vor Ort und es war uns auch verboten überhaupt das Hotel zu verlassen aber ich musste raus. In irgendeine Bar oder ein Café und etwas essen. Und keiner bemerkte es, keiner bemerkte mich. Und wie verloren ich war.

Die Straßen waren noch voll, die Stadt schien nie zu schlafen. Überall waren Nachtschwärmer und Partygänger unterwegs. Teilweise betrunken, teilweise nur lustig gestimmt. Immer wieder wollten mich Leute anquatschen und mich einladen mit ihnen zu kommen aber ich hielt meinen Kopf streng gesenkt. Eine Menschenmasse konnte ich nun wirklich nicht ertragen. Nach einiger Zeit sah ich ein Diner, das aussah als wäre es aus den 50er Jahren. Die roten Sessel leuchteten durch die Scheibe und das große Schild mit der Aufschrift "Diner" beschien die Straßen. Es waren auch nicht viele Leute dort, was es für mich gleich attraktiver machte. Ohne zu Zögern drückte ich die Tür auf und trat ein. Die Luft duftete nach Pancakes und Bacon und ein wohliges Gefühl überkam mich. Über die Jukebox lief ein alter Song aber die gute Stimmung schien trotzdem nicht auf die Gäste oder das Personal umzuspringen. Für eine Weile sah ich mich um, betrachtete alles und setzte mich dann aber schnell an einen Ecktisch an dem ich alles gut im Blick hatte aber mich niemand unbeobachtet anstarren oder fotografieren konnte. Ich griff die Karte und drehte sie in meinen Fingern. Ganz so neu sah sie nicht aus, die fettigen Fingerabdrücke zogen sich über die Seiten und an einem Eck sah es so aus als wäre Kaffee darüber geschüttet worden. Ich verzog mein Gesicht.
"Was willst du?", sprach mich plötzlich die ältere Kellnerin auf Englisch an und sah mich abwartend an. Sie war schneller bei mir als ich es erwartet hatte.
"Hmm." Ich hatte schon etwas in der Karte geblättert. "Einen Schokomilchshake und einen Burger bitte.", bestellte ich in meinem gebrochenen Englisch und sie nickte nur bevor sie wieder weg war. Bestimmt erwarteten mich Bauchschmerzen nach dem Essen, aber das nahm ich in Kauf.
Müde lehnte ich mich in das weiche Kissen zurück und atmete tief ein und aus. Mir war klar, dass ich mächtig Ärger bekommen würde, wenn die anderen herausfanden, dass ich ohne Jason raus gegangen war. Dass ich ohne irgendjemanden raus gegangen war. Innerlich hoffte ich, dass sie es nicht bemerken würden. Und vor allem, dass sie niemals bemerkten, dass ich etwas essen gegangen war. Mir war nicht klar warum ich so partout nicht wollte, dass sie erfuhren, dass ich gegessen hatte. Fast als würde ich mich dafür schämen. Denn ich tat es um ehrlich zu sein. Ich schämte mich, dass ich wieder eingeknickt war. Ich schuf wieder mehr Möglichkeiten für Hass online.
Gerade als ich den Gedanken zu Ende gedacht hatte und der nächste vor Selbsthass trotzende in mein Hirn trat, stellte die Frau mir den Teller und das Glas vor die Nase. Ich bedankte mich höflich und starrte nur auf das Essen. Die Pommes waren goldbraun und dufteten himmlisch. Der Milchshake war eiskalt und tief in mir wollte ich weinen. Weinen, weil ich es essen wollte. Weil ich es schmecken wollte, weil ich mich voll fühlen musste. Zögernd griff ich ein Pommes und steckte es in meinen Mund. Der Geschmack war überwältigend. So weich. So knusprig. Ich kaute länger. Eins. Zwei. Drei. Kurz lächelte ich bevor ich mir noch zwei in den Mund steckte und dann vollkommen die Kontrolle verlor. Gierig griff ich den Burg und biss ein großes Stück ab.

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Leise quietschte die Tür zu meinem Zimmer als ich sie öffnete. Ein Lichtschein vom Gang warf ein unheimliches Muster in den dunklen Raum. Schnell schloss ich die Türe wieder und atmete ein paar Sekunden flach, kaum hörbar. Meine Augen mussten sich erst wieder an die Dunkelheit gewöhnen. 
Einige Momente später sah ich Jungkooks Umrisse auf meinem Bett. Er lag fast genauso da wie zuvor und ich lächelte leicht als ich ihn sah. Es ließ meinen Bauch Kribbeln, dass er immer noch dort lag. Ich wollte unbedingt neben ihm aufwachen. Jeden Tag. Für immer. 
Mit klopfendem Herzen streifte ich meine Klamotten ab, zog mir meinen Pyjama an und kroch neben ihn. Umständlich arrangierte ich seine Arme um meinen Körper, erntete von ihm ein leises Brummen bevor er leicht schmatzte und ruhig weiter schlief. Mir war es egal, dass ich nach Fritteuse und Verzweiflung stank. Mir war es auch egal, dass ich auf dem Heimweg geweint hatte und bestimmt aufgedunsen wie ein Plunderkrapfen aussah. Ich wollte mich nur neben Kookie legen, seine starken Arme fühlen, die weiche, warme Haut und sein ruhig klopfendes Herz an meinem Ohr hören.

fünfundzwanzig| jjk.kthWo Geschichten leben. Entdecke jetzt