34 | "Dein Freund?"

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"Musst du jetzt gehen?", fragte Josy, nachdem ich mein Handy auf die Bar gelegt hatte. Zögerlich nickte ich.
"Es holt mich gleich jemand ab.", murmelte ich, meine Stimmung jetzt so am Boden wie zuvor. "Kann ich noch einen haben?", fragte ich schnell und deutete auf mein leeres Glas.
"Ein 'Gute Nacht'-Drink, klar." Sie zwinkerte mir zu und machte sich an die Arbeit. "Wie lange wird es dauern?"
Ich zuckte mit den Schultern. "Keine Ahnung, sicher nicht lange. Er wird vor Wut bestimmt über alle roten Ampeln rasen."
Sie lachte. "Aha, ein Beschützer. Dein Freund?" Ich hob überrascht den Kopf. Und obwohl ich sie nicht als jemand eingeschätzt hätte, der damit ein Problem hat, verwunderte mich die Offenheit doch etwas.
"Nein.", antwortete ich ehrlich. Denn er war nicht mein Freund, nicht offiziell und inoffiziell eigentlich auch nicht. Sie wartete scheinbar noch auf mehr, aber ich sagte dazu nichts mehr. Im Grunde genommen ging es sie auch gar nichts an. Ich wusste ja selbst nicht mal was abging. Sie stellte mir das volle Glas hin und schnell trank ich davon. Mir war ja nicht klar, wieviel Zeit ich noch hatte, bevor ich wieder in die richtige Welt gerissen wurde. 
"Du kannst ja Mal wieder vorbeischauen, Taehyung. Ich würde mich freuen.", lächelte sie mich an. Mit so einem bezaubernden Lächeln, dass es mir etwas besser ging. Als würde sie sich wirklich gerne mit mir unterhalten. Als ob. Mit dir will sich niemand unterhalten.
"Bestimmt." Ich nickte. "Wenn sie mich wieder rauslassen sollten.", lachte ich dann noch, obwohl es kein Scherz war. Keine Ahnung ob Namjoon schon davon wusste aber wenn, dann könnte ich mir ordentlich etwas anhören. Mehr als von Jungkook schon.
"Sonst rette ich dich.", lachte sie und mir war klar, dass sie gerade mit mir flirtete. Ich schmunzelte.
"Ich lass mir schonmal die Haare wachsen.", grinste ich. 
"Oh, ich glaube er ist da.", hörte ich Josy plötzlich leise sagen und folgte ihrem Blick. Tatsächlich, in der offenen Tür stand Jungkook und sah sich aufmerksam um. Er sah so unfassbar sexy aus. Sein Outfit war komplett schwarz, die klobigen Stiefel gaben seinem Outfit eine Art Uniformlook, der mich beinahe sabbern ließ. Als er mich erblickte kam er mit schnellen Schritten auf mich zu. 
"Tae." Er griff fest meinen Oberarm und zog mich vom Sessel hoch. "Was machst du hier? Du kannst nicht einfach so abhauen. Nicht ohne was zu sagen, nicht ohne zumindest mir Bescheid zu sagen. Gott was hast du dir nur dabei gedacht." Er zischte die Wörter so leise wie möglich, aber ich konnte seine Wut deutlich hören.
"Tut mir Leid, Kookie. Ich musste Mal raus, konnte nicht mehr schlafen." Er schüttelte genervt den Kopf und strich sich dann durch die Haare.
"Lass uns gehen.", meinte er dann ernst, während er Josy für ein paar Sekunden musterte. Ich versuchte herauszufinden, ob er sie gerade abcheckte weil er sie heiß fand oder ob es ein abschätziger Blick war. 
"Lass mich das noch austrinken.", meinte ich zu dem Glas in meiner Hand und hatte damit wohl das Ende dieser Nacht unterschrieben. Er lachte so trocken, dass ich erschauderte.
"Das glaubst du doch selbst nicht." Bestimmend griff er nach meinem Handgelenk und nahm mir das Glas weg, das er anschließend hinter den Tresen stellte. Danach fischte er ein paar Scheine aus seiner Hose und legte sie auf die Bar. 
"Los, komm." Ich nickte niedergeschlagen und lächelte Josy noch schwach zu. Ich konnte gerade noch ihr winken sehen, bevor mich Jungkook aus der Tür und direkt in sein Auto schob.
Und obwohl ich traurig war und mich schuldig fühlte, war ich wütend. Wütend auf mich, wütend auf Jungkook, wütend auf die Welt. Obwohl eigentlich alles nur meine Schuld war. Alles nur wegen mir.
Es ist immer alles nur wegen dir. Taehyung kann nichts richtig machen.

Er fuhr durch die sich langsam füllenden Straßen von Seoul. Immerhin war es schon sechs Uhr und einige Menschen mussten zur Arbeit. 
Immer wieder versuchte ich etwas zu sagen, aber es kamen keine Worte heraus. Ihm schien es genauso zu gehen oder er ignorierte mich einfach mit Absicht.
"Es tut mir ehrlich leid.", presste ich schließlich doch hervor obwohl es mir gar nicht leid tat. Ich wollte doch einfach nur, dass er mir verzieh und dieses ekelhafte Gefühl verschwand. Er seufzte und legte seine Finger an seine Schläfe, massierte leicht.
"Ich habe mir  solche Sorgen gemacht." Seine Stimme war wieder so sanft wie sie immer war. Die Stimme von meinem Kookie. Von seiner vorherigen Wut und diesem ungewöhnlichen Auftreten war nichts mehr zu sehen. Etwas erleichtert sah ich ihn an. 
"Ich habe nicht darüber nachgedacht. Wirklich, es kommt nicht wieder vor."
Das Auto stoppte, wir waren mittlerweile zuhause angekommen. Er schnallte sich ab und lehnte sich zu mir, seine Hände auf meinen Oberschenkel. Fett, fett, fett.
"Nie wieder. Sonst werde ich noch verrückt.", murmelte er nahe an meinem Gesicht.
"Das könnte ich nicht verantworten." Sein Atem auf meinen Lippen machte mich verrückt. 
"Nein.", hauchte er, bevor er seine weichen Lippen auf meine. Es war himmlisch, als wären sie füreinander gemacht. Jedes Mal fühlte sich an wie das erste Mal. Den Kuss vertiefend legte ich meine Hand in seinen Nacken. 
"Und Tae.", nuschelte er zwischen den Küssen.
"Hm?"
"Bitte halte dich mit Alkohol etwas zurück. Ich weiß, dass er dir nicht gut tut." Ja, er hatte recht, Alkohol machte alles nur schlimmer. Meine Gefühle, meinen Selbsthass, meine Angst. Alles. 
"Versprochen.", flüsterte ich gegen seine Lippen und wusste gleichzeitig, dass ich es brechen würde.
"Ich bin müde." 
Er nickte und öffnete die Türe. "Du hast noch eine Stunde, bevor wir los müssen."

fünfundzwanzig| jjk.kthWo Geschichten leben. Entdecke jetzt