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"Jungkook?", brachte ich mit tränenerstickter Stimme heraus, während ich das Telefon an meine Brust gepresst hatte. Mein Psychologe hatte mich überzeugt mit Kooks zu reden und ihm zu zeigen, dass ich okay bin obwohl ich einfach nur verschwinden wollte. Ich hatte Mühe zu sprechen, so sehr schmerzte mein Hals vom Weinen und Schluchzen. 
"Liebling?", hörte ich ihn verzweifelt sagen, nachdem er endlich aufgehört hatte gegen meine Türe zu klopfen.
"Es geht mir gut.", antwortete ich ruhiger als ich mich fühlte. Mein Herz klopfte schnell gegen meine Brust.
"Bitte mach die Tür auf und lass mich sicher sein. Bitte." Er klang so traurig am Ende und ich meinte sogar ein kleines Aufschluchzen zu hören. Er hatte dem restlichen Teil von mir, der noch halbwegs heil war, soeben einen unfassbar schmerzhaften Stich versetzt. 
"Bitte nicht, Jungkook.", flüsterte ich so leise, dass er es nicht hören konnte. Tränen liefen über meine Wangen während ich zitternd das Handy an mein Ohr hielt.
"Doc? Ich kann nicht. Ich kann einfach nicht mehr." Ich versuchte wirklich mein Bestes, um ruhig zu bleiben aber mein Inneres quälte sich nach oben und verschlang mich. Stück für Stück. 
"Taehyung. Ich bin bei dir, du schaffst das. Ich glaube an dich."
Nein. Nein. Nein. Es war doch schon vorbei, warum versuchte ich es noch? 
Mein Leben war vorbei, wieso sollte noch irgendetwas diesen Zustand ändern. Mein Hirn schaltete sich ab.
"Nein.", sagte ich fest und drückte dann entschlossen den roten Knopf am Telefon. Mit einem verschluckten Geräusch endete das Telefonat und ich warf mein Handy achtlos auf den Schreibtisch. Wenn ich mir schon nichts antun konnte, dann musste ich dieses Gefühl loswerden. Sofort.
Ich stand auf, ging in das angrenzende Badezimmer und ließ einfach die Badewanne mit eiskaltem Wasser ein. Vielleicht ließ es mich etwas anderes fühlen als den Wunsch zu sterben. Das immer stärker werdende Hämmern an meiner Türe ignorierte ich. Bald hätte Jungkook die Türe wohl eingeschlagen und stünde bei mir im Badezimmer. Ein paar Minuten noch. 
Ich zog mich nicht aus, hatte auch gar nicht die Kraft dazu. Also ließ ich mich voll bekleidet in das kalte Wasser sinken. Der Stoff sog sich in Sekundenschnelle voll und hing schwer an meinem zarten Körper. Die Kälte, die mich überkam, fuhr in meine Knochen und ließ mein Herz ein paar Schläge aussetzen. Still ertrug ich den Schmerz, der meinen Körper in einen Schockzustand versetzte aber er half mir, mich zu beruhigen. Sobald ich mich etwas an das Gefühl gewöhnt hatte und nicht mehr die ganze Zeit das Gefühl aufkam, dass ich ersticken würde, lehnte ich mich weiter nach hinten und ließ meine Haare weiter in das Wasser gleiten. Die Kälte an meiner Kopfhaut war schön und als ich mit dem Kopf komplett untertauchte und jedes Geräusch ausgeschlossen wurde, fühlte ich endlich wieder etwas Ruhe. Meine Augen blieben geschlossen und irgendwo in weiter Ferne konnte ich Jungkooks Stimme hören, die meinen Herzschlag verschnellerte.
Wer wäre ich nur ohne dich?
Und wer wärst du ohne mich? Jemand anderes? Besseres? Wer wäre an deiner Seite, ein Mädchen oder ein anderer Junge? Ich würde es nicht wollen, wenn du einen anderen Jungen hättest. Vielleicht klingt das egoistisch, aber ich will der einzige sein, den du je so liebst wie mich. Kannst du das für mich tun, Kookie? Bitte liebe keinen anderen so, wie mich.

Ich hatte jegliches Zeitgefühl vergessen und bemerkte den stechenden Schmerz in meiner Lunge kaum. Erst als sich eine Hand fest um meinen Oberarm legte und mich mit einem Ruck aus meinen Träumen an die Oberfläche zerrte, saugte mein Körper gierig den Sauerstoff ein. Als Reaktion begann ich krampfhaft zu Husten, ein schmerzhafter Stich durchfuhr meine Brust während ich mir weiterhin die Seele aus dem Leib hustete. 
"Bist du irre?", schrie mich Jungkook an, der halb neben mir, mit einem Bein in der Badewanne stand und meinen schlaffen Körper aufrecht hielt. Ich hing, kaum bei Bewusstsein, in seinen Armen. Ich konnte kaum richtig atmen, jede Bewegung war anstrengend. Erschöpft ließ ich meinen Kopf nach hinten fallen, um die Realität wieder fassen zu können. Erst jetzt bemerkte ich, was ich eigentlich getan hatte. Dass ich fast ertrunken wäre, obwohl ich nur etwas Ruhe wollte. Etwas Frieden von meinen Gedanken. Die anderen, die hinter Jungkook standen, ignorierte ich momentan gekonnt. Auch aus dem Grund, weil ich nicht die Kraft hatte mein Umfeld wahrzunehmen - mit Jungkook als Ausnahme. Zuerst musste ich mich selbst wieder spüren. 
"Fuck.", krächzte ich und versuchte mich mit geschlossenen Augen zu räuspern und schluckte immer wieder dieses ekelhafte Gefühl hinunter. Es wollte einfach nicht verschwinden. 
"Helft mir Mal, das Wasser ist eiskalt.", meinte Jungkook nur und kaum eine Sekunde später spürte ich weitere Hände an mir, die meinen Körper aus der Wanne und auf den Boden hoben. Meine Klamotten sauten den ganzen Boden ein und hinterließen einen kleinen See. 
"Nicht.", murmelte ich, als irgendwer begann meine Kleidung auszuziehen. Ich wollte nicht, dass sie mich nackt sahen. Nicht sie alle. Ich war zu abstoßend. Es war mir egal wie sehr mein Körper zitterte.
"Dann bleiben nur Jimin und Jungkook. Der Rest geht.", entschied Namjoon und damit war ich zufrieden. Jungkook war mein Freund und Jimin derjenige, den ich am liebsten mochte und am meisten vertraute. "Ich telefoniere mit seinen Ärzten. Wir brauchen einen Rettungswagen."
"Entschuldigung.", murmelte ich noch halb weggetreten, nachdem alle anderen weg waren und die beiden meinen zitternden Körper von der Kleidung befreiten. 
Ein Seufzen von Jimin. 
"Warum, Tae?" Er war den Tränen nahe, genauso wie ich. Ich sah nur zur Seite; eine Träne kullerte über meine Wange.
"Ich wollte doch nur etwas anderes fühlen.", brachte ich schluchzend heraus. Es tat doch so weh, warum half mir keiner. "Es tut mir Leid, dass ich euch dauernd enttäusche."
"Liebling, du enttäuschst uns nicht. Niemals. Du kannst uns gar nicht enttäuschen.", sagte Jungkook liebevoll und legte seine warmen Hände an meine Wangen. 
Mittlerweile hatten mich die beiden in trockene Kleidung gesteckt und in zwei dicke Decken gewickelt. Ich fühlte mich hilflos und klein. Jungkook hatte sich die ganze Zeit nicht von mir bewegt, achtete auf jede Veränderung. Ich sah ihm den Schmerz an, die Verzweiflung und auch die Wut. Ich wusste, dass er wütend auf mich war, auf das was ich getan hatte; obwohl es nicht Mal meine Absicht war.

Mittlerweile war Jimin wieder verschwunden und hatte uns alleine gelassen. Es war gut so, ich wollte noch Zeit mit ihm verbringen.  Jungkook lag neben mir im Bett und hatte mich fest umschlungen. Ich fühlte mich sicher. Wie lange ich noch so liegen konnte, bis die Sanitäter kamen, wusste ich nicht. Sicher nicht länger als 2 Minuten. 
"Jungkook?", flüsterte ich leise und er murmelte ein leises "hm" aber sah mich nicht an.  "Kookie.", versuchte ich es wieder und dieses Mal blickte er mir direkt in die Augen. Wie immer zogen sie mich so an, verzauberten mich und ließen mich tiefer und tiefer für ihn fallen. 
"Wirst du mir irgendwann verzeihen können?"

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bad end?

fünfundzwanzig| jjk.kthWo Geschichten leben. Entdecke jetzt