Xander

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Xander
Meine Glock liegt perfekt in meiner Hand. Ich kontrolliere nochmal mein Magazin und die restlichen Waffen, die ich am Körper trage. Zwei Messer habe ich hinten im Hosenbund in einer Halterung, am Knöchel eine weitere Glock und ein Messer auf der anderen Seite. Pax hinter mir tut das selbe und nickt mir zu. Ich sehe zur anderen Seite. Cass und Bishop sind wie wir, beide ganz in Schwarz gekleidet. Sie nicken mir zu.
Iwan Nikitin, der Bruder von Dimitri, hat sich vor drei Tagen bei Cass gemeldet. Anscheinend gibt es zwischen den beiden schon längers einen Zwist. Iwan will ihn stürzen und hat Cass ein Angebot gemacht, dass wir fast icht ausschlagen konnten. Er hat dafür gesorgt, dass Dimitri heute alleine in seinem Büro sein wird. Wir haben ein Zeitfenster von dreissig Minuten. Nachdem, was er meinem Mädchen alles angetan hat, hatte ich eh vor diesem Arschgesicht die Lichter auszupusten. Wenn wir ihn ausschalten, wird er Cass von ihrer Schuld freisprechen. Es ist zu gut, um nicht darauf einzugehen. Deshalb stehen wir jetzt vor seinem Gebäude und werden es in wenigen Sekunden stürmen. Zwar gehört sowas nicht zu unserem alltäglichen Job, aber auch wir mussten schon ein paar Mal eine Waffe ziehen. Und dass Cass darin ihre eigenen Erfahrungen hat, merkt man schnell. Routiniert hat sie sich auf heute Abend vorbereitet und sie bewegt sich wie ein Profi. Eigentlich sollte es mir Angst machen, aber ich finde es einfach nur heiss.
«Ich gehe voraus und ihr folgt mir.», gibt sie uns an und keiner von uns widerspricht ihr. Sie kennt sich hier besser aus als wir, deshalb überlassen wir ihr den Vortritt, auch wenn ich es nicht gerade toll finde, dass sie sich vor uns in die Gefahr stürzt. Sie öffnet die Haupttüre, die, wie mit Iwan besprochen, nicht verschlossen ist. Ich gehe davon aus, dass er einen Maulwurf eingeschleust hat, der uns den Zugriff erliechtert. Lautlos folgenden wir ihr durch den dunklen Gang. Mein Herz klopft so stark, dass ich es in meinen Ohren rauschen höre. Adrenalin pumpt durch meine Adern. Ich halte meine Waffe bereit. Hinter Cass folgt Bishop, dann komme ich und hinter mir geht Paxton. Mit einem Handzeichen gibt sie uns zu verstehen, dass wir kurz innehalten sollen. Sie lauscht in die Dunkelheit und nach einer kurzen Pause gehen wir weiter.
Vor der Türe zu Dimitris Büro halten wir wieder inne. Alle haben ihre Waffen. Wir wissen nicht, was uns erwartet. Wir müssen auf alles vorbereitet sein. Cass legt ihren behandschuhte Hand auf die Türklinke und drückt sie nach unten. Ein leises Klicken ertönt und wir halten alle den Atem an. Hoffentlich hat uns niemand gehört. Ein weiterer Moment verstreicht, aber nichts geschieht. Cass drückt die Türe auf und geht mit der Waffe aufrechthaltend in den Raum. Sobald sie über die Schwelle ist, folgen wir ihr. Das letzte Mal, als wir hier waren, mussten wir Cass zurücklassen. Es wurde einiges an Blut vergossen, aber heute wird das alles eine Ende haben. Cass wird mit uns wieder durch diesen Raum nach draussen treten und nur das Blut einer einzigen Person wird vergossen, das von Dimitri Nikitin. Wir schreiten weiter voran. Es brennt kein Licht. Nur der Mond, der durch die deckenhohen Fenster scheint, lässt die Möbel erkennen. Cass gibt uns einZeichen und wir verteilen uns im Raum. Sie bleibt stehen, Bishop geht nach rechts, ich nach links und Paxton steht jetzt Rücken an Rücken mit Cass im Raum. Wo ist er? Mit langsamen Schritten gehen wir durch den Raum und inspiziren jeden Winkel. Er ist menschenleer. «Er ist nicht hier.», höre ich Bishop leise flüstern. Verdammte Scheisse! Ich will gerade meine Waffe runternehmen, als ein Lachen erklingt. Was zur Hölle?
Alle blicken in die Richtung, aus der das Lachen kommt. Der Bürostuhl hinter dem grossen Schreibtisch dreht sich um und Dimitri sitz darin. Er klatscht uns zu und lacht weiterhin als wäre er der leibhaftige Joker. Ich komme mir vor wie in einem schlechten Film. Wie konnte ich diesen verdammten Stuhl übersehen. Automatisch rücke ich ein Stück weiter nach rechts, um mich vor Cass zu stellen. «Ich finde euch sehr amüsant wirklich.», wirft Dimitri immer noch lachend in den Raum. Ich ziele auf seinen Kopf. «Es wird gleich noch viel amüsanter werden, wenn deine Gehirnmasse gegen das Fenster hinter dir knallt.» Ein angenehmes Kopfkino spielt sich in meinem Innern ab.
Eine Schiebewand, die mir erst jetzt auffällt, gleitet auseinander und bei dem Anblick, der sich mit bietet, könnte ich kotzen. Sergei und zwei weitere, mir unbekannte, Russen kommen mit erhobenen Waffen auf uns zu. «Na, hast du schon Sehnsucht nach meinem Schwanz, kleine Bitch.», ruft Sergei Cass entgegen und schickt einen lüsternen Luftkuss hinterher. Ich bringe ihn um. Ich drehe ihm den Hals um und tanze auf seinem Grab. Wichser! Wie auch wir verteilen sie sich im Raum, aber ihre Waffen sind allesamt auf Cass gerichtet. «Lasst die Waffen fallen oder Cass süsser kleiner Körper wird durchlöchert wie schweizer Käse.», fordert Dimitri und erhebt sich aus seinem Stuhl. Als ob es klar wäre, dass wir seinem Befehl folgen, tritt er vor den Tisch und lehnt sich lässig dagegen. Mein Lauf richtet sich immer noch auf seinen Kopf. Ich könnte abdrücken und ihn ins Jenseits schicken, aber dann würden es mir die anderen gleichtun und Cass hinterherschicken. Fuck!
«Cass?» Kurz schiele ich zu ihr rüber. «Keiner nimmt seine Waffe runter. Das hat heute ein Ende. Ob es deins ist oder meins, wird zeigen wer schneller ist.», richtet sie ihre Worte an uns und an Dimitri. Ich kann fast nicht schnell genug reagieren. Sie feuert ihre Waffe ab und weitere Schüsse folgen. Nein! Ich ziele und die Patronen verlassen meine Glock. Alles um mich läuft wie im Film ab. Schreie von meinen Brüdern, von Cass schallen durch den Raum. Projektile schiessen durch den Raum, landen krachend in einer Wand, zerschmettern Glas oder durchbohren Körper. Ich weiss nicht mehr, wo ich hinsehen soll, ich schiesse nur noch wild um mich.
Es geht so lang weiter, bis es plötzlich still wird. «Ihr vefluchten Wichser!», ruft Sergei und ich verfluche uns dafür, dass wir ihn nicht als Ersten erledigt haben. Aber zu meiner Genugtuung hockt er am Boden, hält den leblosen Körper von Dimitri in den Armen. Sergei scheint schwerzverletzt zu sein, er blutet stark aus dem Mund und ich muss den Würgereiz unterdrücken. Kurz sehe ich mich im Raum um. Zwei Russen liegen tot am Boden, Bishop hält sich die Seite, er wurde getroffen, sieht aber nicht lebensbedrohlich aus. Pax scheint unverletzt zu sein, stützt dafür aber Cass, die nur noch auf einem Bein steht. Aus einer Wunde an ihrer Wade fliesst Blut. Wir werden uns nachher um die beiden kümmern müssen. Ich halte meinen Lauf weiterhin auf Sergeis Kopf gerichtet. Es fehlt nur eine falsche Bewegung und schicke ihn in die Hölle zu Dimitri. «Dachtet ihr wirklich, dass ihr einfach unbemerkt hier eindringen könnt!?» Bei seinen Worten spukt er mehrmals Blut auf den Boden. Ich kann nicht erkennen, wo er verletzt ist, aber es scheint schwerweigend zu sein. «Das spielt keine Rolle mehr. Wir haben unser Ziel erreicht.», erwidert Pax mit einer ruhigen Stimme. Keine Ahnung, wie er das macht, pures Adrenalin pumpt durch meine Adern und lässt meine angspannten Muskeln zittern. Er ist die Ruhe selbst. Cass Arm ist über seine Schultern gelegt, sie hat sichtlich Mühe sich gerade zu halten.
Das gehässige Lachen von Sergei hallt durch den Raum und lässt die ganze Szene wie in einem Horrorfilm wirken. Es läuft mir eiskalt den Rücken runter. Seine Augen wandern über Bishop, der sich jetzt an die Wand hinter sich lehnt, dann sieht er weiter zu Pax und mustert Cass Körper von oben bis unten. Er scheint fast amüsiert zu sein sie so zu sehen. Ich verpasse ihm gleich eine! Zum Schluss bleibt er bei mir hängen. Er ginst mich an und seine blutunterlaufenes Gebiss kommt zum Vorschein. Es sieht grotesk aus. «Hat sie dir erzählt, wie laut sie geschrien hat, als ich meinen Schwanz in sie gepresst habe?», will er kichernd von mir wissen. Ich beisse die Zähne zusammen. «Sie fand es richtig geil. Am Anfang hat sie sich zwar gewehrt, aber da steht sie drauf…», fährt er weiter und ich merke, wie mir die Galle hochkommt. «Halt die Fresse!», schreie ich ihm entgegen. «…so ein bisschen Rapeplay. Die Kleine weiss genau was sie tun muss.» Sergeis Lachen wird durch einen Hustenanfall unterbrochen. Ein weiterer Schwall Blut kommt aus seinem Mund und läuft über sein Shirt. Sein Atem geht abgehackter, hoffentlich verreckt er bald. «Sie war so verdammt eng. Als Blut aus ihrer drecken Fotze kam, musste ich einfach abspritzen.» Seine Erzählungen gehen weiter und er sieht von mir zurück zu Pax und Bishop. «Sie ist eine kleine Schlampe und wird immer eine sein. Lasst euch eines gesagt sein, sie wird…» BOOM! Ich habe es nicht kommen sehen. Plötzlich knallt Sergeis Kopf nach hinten, sein Mund steht offen und die rote Flüssigkeit läuft weiterhin heraus. Auf seiner Stirn prangt jetzt ein weiteres grosses Loch und eine feine Blutspur rinnt jetzt über seine Wange nach unten. Ein sauberer Kopfschuss.
Langsam wende ich meinen Kopf und sehe zu Cass. Sie hat ihren Arm gstreckt, ihre Glock zielt immer noch auf Sergeis Kopf. Diese Frau ist der Hammer! Ohne mit der Wimper zu zucken, hat sie ihm in den Kopf geschossen. Wenn die Umgebung nicht die wäre, die sie gerade ist, würde mir wahrschienlich deftig einer abgehen. Es ist so verdammt sexy. Obwohl sie immer noch gegen Pax gelehnt ist, strahlt sie eine unglaubliche Härte aus. Ihre Waffe senkt sich und sie schiebt sie zurück in ihr Holster. «Er hat zu viel Schiesse gequatscht.», stellt sie klar und lehnt ihren Kopf auf Paxtons Schulter. Ich lasse meine Waffe auch verschwinden und gehe auf Bishop zu. So wie er aussieht, wird auch er Hilfe brauchen, um aus diesem Gebäude zu kommen. Er legt seinen Arm um meine Schultern und ich greife um seine Taille. «Danke Bro.» Man hört die Erschöpfung in seiner Stimme. Wir gehen auf die beiden andern zu. Cass sieht uns nacheinander in die Augen und genau jetzt, auch wenn die Umgebung und die Umstände definitiv nicht die besten sind, fühlt sich alles genau richtig an. Wir sind eine Einheit. Wir sind eine Familie. Wir rennen nicht davon, wir kämpfen.

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