"Mum? Ich bin joggen!", rief ich und öffnete die Haustür.
"Sei in einer Stunde wieder da, um halb drei kommen die Gäste!", erwiderte sie gestresst, ehe ich hinaus trat und die frische Luft einatmete. Ich liebe Miami, aber ich kann mir einfach nicht vorstellen hier alt zu werden. Ich bin siebzehn, ich möchte etwas erleben. Langsam lief ich los und schlug den Weg zur Strandpromenade ein. Ich mag es, am Strand zu sein. Ich liebe es, zu beobachten wie die Wellen niederschlagen und die Möwen sich um das Brot streiten, welches ihnen Passanten zuwerfen. Ich lief immer weiter, bis ich an einen etwas abgelegenen Teil des Strandes kam und das Tempo reduzierte, bis ich normal ging. Etwas weiter entfernt war eine Gruppe von Jugendlichen, die zusammen lachten.
Ich ließ mich nieder und schaute ihnen zu, bis ich merkte dass einer der Jungs auf mich zusteuerte. Habe ich etwa gestarrt? Bitte nicht.. wie peinlich!
"Hey! Wir wollten gerade Volleyball spielen und brauchen noch einen Spieler, hast du Lust?", fragte er mich und lächelte freundlich. Aus dem Augenwinkel sah ich, wie seine Freunde das Geschehen beobachteten. "Klar, warum nicht", stimmte ich mit ein, ergriff seine Hand und ließ mir hochhelfen. "Wo bleiben meine Manieren, ich bin Luke, und du?", grinste er mich an. Auch ich stellte mich vor und ehe ich mich versah, waren wir bei seiner Clique angekommen, die mich interessiert musterte. "Leute, das ist Marylin, nennt sie einfach Mary!", rief Luke und stellte mir auch die anderen vor. Er zeigte auf ein blondes Mädchen mit blauen Augen, welches mich sofort anlächelte und sagte, dass sie Bella heißt. Das andere Mädchen hieß Hope. Zu sagen, dass sie schön ist, wäre maßlos untertrieben. Ihre schwarzen Haare fielen in Locken über ihre Brust, die braunen Augen strahlten Wärme aus und ihre Haut war braungebrannt. Dann zeigte er zu einem Jungen mit schwarzen Haaren. Sein rechter Arm war mit Tattoos geschmückt und ein Tunnel zierte sein Ohr. Seine strahlend blauen Augen zogen einem in den Bann, ich verlor mich darin. Er grinste mich an, als er mein Starren bemerkte. "Du kannst mich Nate nennen." Seine Stimme war sehr tief und rau, doch trotzdem hatte sie etwas sehr beruhigendes an sich. Er war mir sofort sympathisch. Der Junge neben ihm hieß Aiden. Er war etwas kleiner als Nate, war braun gebräunt und sehr trainiert. Noch dazu kam ein wirklich hübsches Gesicht, bei dem jedes Mädchen weiche Knie bekommen hätte. Sein Bart stand ihm, ebenso wie die braunen Locken, die ihm unordentlich ins Gesicht fielen.
Wir bildeten zwei Gruppen, unsere gewann mit fünf zu drei. Nach dem Spiel ließen wir uns erschöpft im Sand nieder und unterhielten uns. "Krass, du bist noch nie gereist?", fragte Hope und ich verneinte. Meine Eltern ließen mich nie alleine verreisen, aus Angst, dass mir etwas zustößen könnte. "Was ist mit euch?", fragte ich interessiert. "Wir haben keinen Wohnort. Wir fahren mit unserem Bus wohin wir wollen, übernachten in Zelten und bleiben solange wir wollen dort. Meistens bleiben wir aber nirgends länger als drei Tage. Wenn du möchtest, kannst du uns begleiten." Ich spürte ein fremdes Gefühl, welches jede Zelle meines Körpers erfasste. Sehnsucht. Ich wollte den Wind im Haar spüren, der lauten Musik lauschen.. ich wollte neue Kulturen kennenlernen und neue Leute treffen. Ich wollte unabhängig sein. Aber vor allem wollte ich frei sein. "Das würden mir meine Eltern niemals erlauben", seufzte ich. "Ich kenne euch immerhin erst eine halbe Stunde oder so", fügte ich hinzu. "Drei Stunden", verbesserte mich Bella und ich riss geschockt die Augen auf. Ich bin viel zu spät! Hektisch stand ich auf, musste mich erst sammeln. "Ich muss nach Hause, ich bin zwei Stunden zu spät!", rief ich. "Was ist mit meinem Angebot?", wollte Luke wissen. Ja, es klang absolut verlockend. "Ich denke darüber nach. Seit ihr später noch da?"
Völlig aus der Puste stoppte ich bei unserer Haustür, bekam nicht die Gelegenheit zu klingeln, da riss meine Mutter schon die Tür auf. Und heilige Scheiße, sie sah nicht so aus als hätte sie Verständnis für meine Verspätung. "Marylin Ann Champwell, kannst du mir erklären wo du warst?", schrie sie und wie so oft bekam ihre Stimme einen schrillen Unterton. Noch nie konnte ich verstehen, warum sie immer so hysterisch wurde. "Tut mir leid, falls ihre Tochter etwas verspätet ist. Sie ist wohl etwas vom Weg abgekommen und hingefallen, dabei ist sie unschön umgeknackst und ich musste sie bei mir zuhause verarzten.", sprach hinter mir eine tiefe Stimme und hat mir mit dieser Aktion wohl einiges erspart. Verwirrt drehte ich mich um, blau traf blau. Sofort wurde die Miene meiner Mutter weicher und sie trat heraus, um Nate die Hand zu geben. "Wie nett von Ihnen, meine Tochter ist manchmal etwas verpeilt -", lächelte sie. "Unsere Gäste sind schon weg, die hast du leider verpasst.", fügte sie hinzu und sah zu mir. Da mir die Situation ziemlich unangenehm war, entschuldigte ich mich rasch und erklärte ihr, dass wir hochgehen, weil ich ihm etwas zeigen möchte.
Als ich die Tür hinter ihm schloss, forderte ich eine Erklärung. "Ich wollte nochmal mit dir reden. Es wäre wirklich schön, wenn du mitkommst. Du hast wirklich viel Nachholbedarf und wir haben dich alle schon total ins Herz geschlossen.", sagte er und kratzte sich verlegen am Hinterkopf.
Es klang wirklich verlockend, doch ich kannte sie nicht gut. "Wie lange seit ihr noch da?", wollte ich wissen. Ich brauchte dringend Zeit zum Nachdenken. "Zwei Tage. Weißt du, ich bin mir sicher dass es dir gefallen würde. Dahin fahren, wo auch immer es einem hinzieht. Nie allein zu sein, aber trotzdem ist man auf niemanden angewiesen. Die laute Musik, der Wind, der dir ins Gesicht peitscht. Einfach alles, frei zu sein." Mit jedem Wort gefiel mir die Idee besser. Vielleicht war das mein großes Vielleicht. Ein Abenteuer. Wenn man nichts wagt, kann man nichts gewinnen. "Ich hol dich morgen ab, wir zeigen dir etwas.", murmelte er, gab mir eine Umarmung und verschwand.
DU LIEST GERADE
Break Free | b.p | #Wattys2015
Fiksi RemajaSie ist gefangen in einem Käfig, der aus Sicherheit besteht. Ihre Eltern wollen sie schützen, bewachen sie wie eine Löwin ihr Junges. Doch diese Schutzmauer, die aus Beton zu sein scheint, wird gebrochen als Marylin auf sechs komplett fremde Leute t...