»Tee?«, fragte mich Eleonora am gedeckten Tisch unter einem wunderschönen Pavillon am Rande des Gestütes mit einer alten weißen Porzellanteekanne in der Hand.
Mit einem kleinen, verzagten Kopfnicken signalisierte ich, dass ich eine Tasse trinken würde.
»Zucker?«, fragte Eleonora, während sie den heißen Tee in die Porzellantassen kippte, ohne zu mir auf zuschauen.
»Nein, danke, reicht so«, sagte ich bedrückt und nahm mir meine Tasse mit der Untertasse zusammen.Der Tisch war reichlich gedeckt mit verschiedenen Blechkuchen, Gebäckstücken, Keksen, Tassen, Untertassen, Bestecken, Gläser, Kannen und schön bestickte Tuchservietten.
Ein wunderschöner Strauß Schnittblumen stand in der Mitte des Tisches in einer wirklich stilvollen Vase.
Man hätte die Königin an diesen Tisch einladen können, so edel war er gestaltet.
Egal ob die Tischdecke, die Blumenvase, die Kulisse oder das Essen, alles war perfekt inszeniert.Dieser Ort lud einfach zum verweilen ein und genau das tat Eleonora auch - verweilen.
Bis sie endlich mit der Sprache rausrückte, verging eine gefühlte Ewigkeit.
In völliger Ruhe, aber dennoch mit undurchdringlicher Haltung, nahm sie sich ein Stück Kuchen und trank genüsslich einen großen Schluck von ihrem Tee.
Währenddessen schweifte ihr Blick nicht einmal von mir.Ich merkte, wie ich von Sekunde zu Sekunde ungeduldiger wurde. Ich konnte einfach nicht mehr abwarten endlich das mysteriöse Geheimnis um Till zu erfahren.
Eben noch machte sie so einen Wind aus der Sache und nun saß sie da und schlürfte friedlich ihren Tee - einfach unfassbar.»Conni, weißt du, Till war ein wundervolles Kind. Er war so aufgeweckt und fröhlich - einfach ein Sonnenschein, den Jedermann liebte«, schwärmte Eleonora und sah dabei träumerisch in die Natur.
Ohne ein Mucks zu machen hörte ich den Worten der alten Frau. Sie schien gerade so friedlich in ihren Erinnerungen zu schwelgen, da wollte ich sie nicht unterbrechen.»Jedermann hatte den kleinen Jungen lieb und er hatte sie alle lieb. Die Sonne hat diesen Jungen geküsst. Kein Sommer, kein Herbst, kein Frühling und auch kein Winter verstrich ohne den Jungen auf diesem Hof. Er war immer da. Immer der Erste morgens im Stall. Immer der Erste auf der Wiese. Immer der mit dem lautesten Lachen. Immer der, der als letztes nach Hause ging. Und vor allem immer der mit der meisten Freude. Jahr um Jahr. Monat um Monat. Der kleine Till war das Aushängeschild dieses Gestütes. Kurz vor seinem dritten Geburtstag...«
Eleonora musste sich fangen.
Ich sah wie sie mit ihren Tränen kämpfte und hilflos an einer Serviette spielte.»Kurz vor seinem dritten Geburtstag wurde er seltsam. Er wurde wirklich unfreundlich und hatte sich nicht mehr unter Kontrolle. Es war zwar eine unerträgliche Zeit, aber wir hatten einfach gedacht, dass es einfach eine Phase war! Keiner von uns hatte auch nur die leiseste Ahnung. In der ganzen Zeit, hatte er trotzdem eine Sache, bei der er ganz er selbst war - die Pferde. Sein Ruhepol, seine Vertrauten, seine Bezugspersonen - von uns distanzierte er sich, aber die Pferde ließen ihn zur Ruhe kommen. Wir hatten alles versucht. Er hat sogar über ein Monat lang nur auf dem Gestüt gewohnt und wir hofften wirklich, dass sein Verhalten sich bessert.«
Wieder blinzelte sich Eleonora eine dicke Träne weg und umso weiter sie erzählte, desto schwerer fiel es ihr.
Ich knabberte nur total unverhofft an einem Laugengebäck und konnte den Blick nicht von Eleonora abwenden.
Sie war in diesem Augenblick so stark, auch wenn sie es nicht gemusst hätte.»Ich habe Tills Eltern versprochen, dass ich auf ihn aufpasse, für ihn sorge - ICH, seine liebe Tante Ella, habe es versprochen! Aber wer kann denn schon sowas ahnen?!«
Jetzt fing Eleonora an in Rätseln zu sprechen.
Was ahnen?! Am liebsten wäre ich aufgesprungen und hätte meine Fragen laut ausgeschrieen, aber stattdessen versuchte ich den Blickkontakt immer wieder aufzunehmen und vornehm an meinen Tee zu schlürfen.
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Zurück zu dir
Teen FictionNachdem Conni ihr Leben sortiert und endlich wieder zu sich gefunden hatte, genoss sie das Leben in vollen Zügen. Die Arbeit mit Conti ging voran, aber immer wieder zerstörten Rückschläge die Erfolge. Conni beschließt zurück zum Anfang zu gehen und...