Gefühle

44 11 8
                                    

Zwischen Till und mir stand etwas im Raum.
Es war schon zwei Wochen her seitdem wir gesprochen haben und es tat sich viel in dieser Zeit.
Die kleine Halley und Big Boy waren zu uns auf den Hof gezogen und auch auf meinem Gestüt in München haben sich die gekauften Pferde eingefunden. Manchmal haderte ich mit mir, denn wenn ich Emil mit Big Boy sah oder auch Bilder von den anderen sah, wo sie mit breitem Lächeln auf ihren neuen Pferden saßen, dann bereute ich Hurricane nicht mitgenommen zu haben.
Dieser Wallach erinnerte mich unglaublich an Conti, bei dem ich immer weniger den Zugang fand und immer wieder zurück fiel.
Allerdings war nicht alles so negativ, denn ich habe gemerkt, dass in Allegras Anwesenheit alles besser klappte - nach wie vor himmelte er seine Schwester an.
Trotzdem merkte ich immer wieder, dass Conti mich für sich allein brauchte und da wäre noch so ein Kandidat wie Hurricane einfach fehl am Platz - das musste ich mir leider eingestehen.

An einem Nachmittag war ich mutig und riskierte alles. Ich hatte Conti mal wieder mit einem Sattel longiert, was er wirklich brav machte, wodurch ich genug vertrauen hatte, dass er mich auf seinem Rücken akzeptieren würde.

Ich stellte mir eine Aufstiegshilfe in den Roundpen und lehnte mich immer mal wieder über Conti rüber. Ich tat es so, wie damals als ich ihn einritt - ich war so gut wie bei null...
Überraschend gelassen meisterte der große Hengst alles und ich beschloss mich einfach mal drauf zu setzen.

Ein wenig aufgeregt atmete ich durch. Ich wusste, dass Conti sofort merken würde, dass ich nervös bin und deshalb versuchte ich so gut es ging meine Nerven zusammen zu kriegen.
Noch niemals zuvor habe ich mich so gefühlt, als ich auf ein Pferd gestiegen bin - noch nie.

Langsam, aber fest überzeugt, stellte ich meinen linken Fuß in den Steigbügel und schwang mich in Contis Sattel - ich hatte das so vermisst!
Erstaunlicherweise machte Conti nicht eine Anstalt, sondern blieb ganz still stehen.
Ich fing an überraschend zu lachen.
»Ja! Conti - du kannst es!«, rief ich erfreut und lobte meinen Hengst vorsichtig.
Sanft nahm ich die Zügel auf und drückte ganz vorsichtig meine Schenkel zusammen, um Conti in Bewegung zu setzen.
Tatsächlich fing er unter mir an Schritt zu gehen und ließ sich ganz fein von mir auf den Hufschlag lenken.

»Ich glaub's nicht«, stieß Till lachend aus, nachdem er gerade aus dem Stall kam und mich auf Conti sah.
»Schau mal! Ich sitze auf Conti und es klappt! Till, es klappt alles!«, rief ich mit einem Lächeln über beide Ohren und hob feierlich die Arme.
»Ich hab doch gesagt, dass du unglaublich bist und alles schaffst! Kleines, ich bin so stolz auf dich!«
»Wuhu!«, rief Emil feierlich, nachdem auch er vom vorderen Teil des Hofes nach hinten kam und mich und Conti sah.

Wenn ich eins hatte, dann waren es super unterstützende Freunde, die mich grenzenlos liebten und mir das größte Glück auf Erden wünschten. Ich hatte zwar keine richtige Familie mehr, aber Freunde, die wie eine waren.

»Ich wusste doch, dass ich euch hier gehört habe«, sagte Sabine mit einem großen Lächeln, als auch sie zu uns kam.
»Ach, Sabine, schau mal!«, rief ich überglücklich zu ihr rüber.
»Das sieht super aus! Ich bin so glücklich euch so zu sehen!«, meinte sie mit einem ehrlichen Lächeln. »Es wäre schön, wenn du mir gleich mit den anderen Pferden hilfst. Fort Knox muss unbedingt noch geritten werden und Möhrchen sollte auch mal wieder ein bisschen Zuneigung bekommen. Hättest du vielleicht auch dafür noch Zeit?«
»Natürlich! Ich wollte Conti sowieso gleich Feierabend geben - ich möchte es nicht übertreiben! Er macht das so gut und das soll er auch so beibehalten. Gib mir zehn Minuten und dann widme ich mich den anderen Dingen.«
Anerkennend nickte Sabine und schenkte mir ein dankbares Lächeln, ehe sie wieder durch den Stall verschwand und ihrer Arbeit nachging.

Till und Emil schauten mir noch für den Rest der Zeit zu und jubelten glücklich.
Anschließend halfen mir die Beiden die Pferde fertig zu machen. Wir beschlossen einen Ausritt zu machen, bei dem Emil seinen Big Boy, Till Fort Knox und ich Möhrchen reiten wollte.

Zurück zu dir Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt