Kapitel 1

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Astrid

Morgen war Montag und somit der schlimmste Tag in meinem Leben. Mein Vater hatte nämlich den tollen Einfall gehabt mich zu vermieten. Und zwar an Männer - nur an Männer. Aber ich verstand es. Einigermaßen.
Nach dem Tod meiner Mutter vor zwei Jahren, ging es meinem Vater immer schlechter und schlechter und das treibte ihn so weit, dass er anfing zu trinken und sogar gefeuert wurde. Seitdem musste ich es schaffen morgens in die Schule zu gehen, mittags zu arbeiten und am Abend den Haushalt zu machen, während mein Vater in Bars war und sich genüsslich volllaufen ließ. Und wenn mein Vater in diesem Zustand war, dann handelte man lieber nicht mit ihm, sondern tat, was er verlangte.
Ich hatte gelesen, dass Menschen in diesem Zustand schlimme Dinge taten und manchmal sogar Menschen verletzten oder gar töteten. Diese Erfahrung wollte ich dann lieber nicht machen.
»Astrid, komm sofort hier runter!«, rief mein Vater aus dem Wohnzimmer unten. Wenn er betrunken war, war er nicht mehr der Vater, den ich von damals kannte. Er war liebevoll und hilfsbereit gewesen; wenn mir etwas auf dem Herzen gelegen hatte, konnte ich immer mit ihm reden. Heute ist er nur noch betrunken und lässt mich die ganze Arbeit machen. Und das Geld musste ich auch noch verdienen.
Ich stand auf und ging die Stufen hinunter. Dabei hielt ich mich an dem dunklem Holzgeländer fest, denn vielleicht schaffte ich es meine Angst zu übertragen. Dann ging ich nach hinten und blieb in der Tür zum Wohnzimmer stehen. Unser Fernseher war eingeschaltet und natürlich war es auf einem Sportkanal, wo gerade ein Fußballspiel lief. Mein Vater lag auf der schwarzen Ledercouch weit ausgestreckt und hatte eine Flasche Bier auf dem Glastisch gestellt.
Er sah mich kurz an und zeigte auf den Tisch. »Dein Handy hat geklingelt«, sagte er und sah wieder zum Fernseher.
Ich nahm mir mein Handy vom Tisch und ging wieder. Das Zimmer roch schon nach Alkohol, länger wollte ich da nicht bleiben.
In meinem Zimmer las ich mir die Nachricht durch.

Pack alles ein, was dir etwas bedeutet. Vergiss nicht deine ganze Kleidung. Nimm alles mit, was du brauchst. Frag nicht, weshalb. Erzähl es nicht deinem Vater. Wir sehen uns morgen um zwölf Uhr mittags.

Ich legte meine Stirn in Falten. Für eine Sekunde wollte ich antworten. Wieso hätte ich alles was mir gehörte mitnehmen sollen? Ich blieb doch nur für eine Woche dort. Bei dem Gedanken lief mir ein eiskalter Schauer den Rücken hinunter. Das war schon lange genug. Ich wollte gar nicht erst darüber nachdenken, was ich alles tun müsste.
Ich zog die Reisetasche unter meinem Bett hervor und begann meine gesamte Kleidung einzupacken. Viel hatte ich nicht, da mein Lohn nicht gerade sehr hoch war, aber da ich mehrere Jobs hatte und immer zusammenschmiss, hatte ich mir schon etwas leisten können. Leider musste ich immer Strom, Wasser, Steuern und alles mögliche bezahlen, da mein Vater ja keine Geldquelle mehr war. Am Ende hatte ich nicht mehr so viel über und kaufte meistens aus zweiter Hand oder bekam Anziehsachen von Arbeitskolleginnen, die aussortiert hatten.
Als mein Kleiderschrank leer war und die Schubladen ebenfalls, hatte ich noch Platz in der Tasche und legte sorgfältig alle Bilder hinein, die ich noch hatte. Ganz oben legte ich unser Familienfotoalbum hin. Dort war jedes Ereignis, jede schöne Erinnerung, jeder Urlaub verzeichnet, mit den wunderschönsten Bildern.
   Ich sah mich nochmal um und überprüfte, ob ich auch alles hatte. Es kam mir vor, als wollte ich umziehen. Leider kam ich Freitag wieder zurück.
Morgen begann die letzte Ferienwoche und deshalb hatte ich dann nur noch das Wochenende zum vorbereiten auf das neue Schuljahr.
Ich sah auf die Uhr: Es war fast zehn Uhr abends. Vielleicht sollte ich noch ein paar Stunden Schlaf bekommen. Schnell ging ich duschen und zog mich danach um. Die Anziehsachen, die ich angehabt hatte, legte ich ebenfalls in die Tasche. Danach schmiss ich mich auf mein Bett und kuschelte mich ein.

Am Morgen klingelte mein Wecker. Langsam öffnete ich meine Augen ein Stück und schaute auf die Digitaluhr: acht Uhr morgens. Ich seufzte und drückte auf die Schlaftaste. Danach setzte ich mich hin und rieb mir die Augen. Wieso haute ich nicht einfach ab? Ich hätte einfach aus dem Fenster klettern können und weglaufen können. Doch wo hätte ich dann hingehen sollen? Außerdem hätte mein Vater die Polizei benachrichtigt und die hätten mich irgendwann gefunden. Mir blieb keine Wahl: Ich musste durch die Hölle.
Im Badezimmer beeilte ich mich nicht; ich hatte vier Stunden. Alles, was mich noch entspannen konnte, tat ich. Aber mein Vater hatte mir gesagt, dass ich gepflegt sein soll. Ich war schon immer ein sehr sauberer Mensch gewesen. Also saß ich nach meinem schönen Bad auf der Badewannenkante und rasierte meine Beine. Meine Hände zitterten, als ich die Klinge über mein Bein zog.
   Hoffentlich hole ich mir keine Verletzung, dachte ich und machte langsam weiter.
Ich föhnte mir noch die Haare und putzte mir länger als sonst die Zähne und benutzte meine Mundspülung, die nach Minze roch und auch schmeckte. Ich hatte mir eine meiner braunen kurzen Hosen rausgelegt und ein rotes T-Shirt; mein Gürtel war eher beige als braun, und hatte eine Totenkopfschnalle.
Unten sah ich kurz ins Wohnzimmer. Mein Vater hatte gestern anscheinend von Bier zu Whiskey gewechselt, denn die Whiskey Flasche war noch in seiner Hand, als er auf der Couch, breit ausgestreckt, schlief. Leise zog ich die Tür zu und ließ sie ins Schloss fallen. Danach lief ich zu unserer Küche und begann mir ein leichtes Frühstück zu kochen. Es war nur ein wenig Rührei mit Speck.
Während ich an unserer Insel saß und langsam aß, dachte ich darüber nach, was die Woche über passieren würde. Die Angst, die ich eigentlich verdrängen wollte, kam mit einem Gedanken wieder zurück und ließ mich erzittern. Ich hatte schon von Mädchen wie mir gehört. Sie mussten grauenvolle Dinge für diese Männer tun und nicht eines davon würde seinen Weg in meinen Kopf schaffen.
»Astrid!«
Ich zuckte zusammen, als die Stimme meines Vaters durch das Haus hallte.
»Bring mir Frühstück! Und wenn es geht noch ein Glas Whiskey! Der hier ist nämlich leer!«
Schnell legte ich Rührei und den Rest des Specks auf einen Teller, nahm die Whiskey Flasche aus dem Schrank und kippte ihn in ein Glas. Zwei Eiswürfel schnappte ich mir aus dem Gefrierfach und tat sie ebenfalls in das Glas. Danach nahm ich ein Tablett und stellte beides darauf.
Er saß zurückgelehnt auf der Couch und zappte durch die Kanäle. Er bemerkte mich gar nicht, als ich ins Zimmer kam und sein Essen auf den Tisch stellte. Ich ging wieder zurück und räumte die Küche auf.
Es war kurz vor elf, als ich meine Hände abtrocknete und auf die Uhr sah; ich hatte noch ungefähr eine Stunde.
Wenn mich jemand retten oder mir wenigstens helfen wollte, dann hätte er bitte jetzt kommen können, vielen Dank.

Auf die Minute genau, parkte eine schwarze Limousine vor unserem Haus. Ich sah durch das Küchenfenster hinaus und umklammerte meine Tasche noch fester, dass meine Knöchel weiß wurden. Meine Hände zitterten und ich schluckte einmal, um den Kloß aus meinem Hals zu entfernen, der sich gebildet hatte.
Ein Mann in einem schwarzen Smoking und einer Sonnenbrille auf der Nase, stieg von der Fahrerseite aus. Seine dunklen Haare waren ordentlich gekämmt und passten zu seinem männlichen eckigen Gesicht. Der Smoking präsentierte gut seine Armmuskeln.
Erst als er vor der Tür stand und klingelte, kam ich aus meiner Besinnlosigkeit heraus und lief in den Flur. Meine rechte Hand ließ meine Tasche los und öffnete die Haustür vorsichtig.
Der Mann im Smoking stand dort, wie einer der Man in Black. Er nickte kurz mit seinem Kopf.
»Miss Hofferson«, sagte seine tiefe Stimme. Mir schauderte es. »Wenn ich darf?«
Er zeigte auf meine Tasche und ich hob sie, bevor er sie sachte aus meiner Hand nahm. Ich versuchte mich an einem Lächeln, aber das brach wieder ab, weil in meinen Augen sich gerade Tränen einnisteten.
Ich drehte mich nach hinten. »Tschüss, Dad«, sagte ich.
»Bis Freitag!«, rief er zurück.
Ja, bis Freitag. Leider war es nicht Freitag der Dreizehnte, denn das wäre die perfekte Kombination gewesen.
Ich schloss die Tür hinter mir und lief mit dem Mann zur Limousine. Fand das denn keiner seltsam? Die ärmste Tochter aus der Straße wird urplötzlich von einer Limousine und einem Typen im Anzug abgeholt?
Doch dann fiel mir ein, dass es Montag war und noch dazu war es gerade erst zwölf Uhr mittags, was bedeutete, dass so gut wie jeder noch arbeiten war.
Er öffnete den Kofferraum, verstaute meine Tasche darin und schloss ihn sachte. Dann hielt er mir die Tür auf.
»Danke«, sagte ich so leise, dass ich glaube, dass er es nicht mal gehört hatte.
Ich stieg in die Limousine und setzte mich auf die hintere Sitzreihe. Er schloss die Tür wieder und ich sah nach vorne, was mich zusammenzucken ließ: Links saß ein Junge, der mir fast einen Herzinfakt verpasst hätte. Er war so still und ruhig gewesen, dass ich ihn gar nicht bemerkt hatte. Er war an seinem Handy und schrieb mit jemandem.
Seine etwas längeren braunen Haare fielen ihm über die Stirn; eine schwarze Brille thronte auf seiner Nase, durch die smaragdgrüne Augen sahen; wie der Fahrer, trug auch er einen Smoking, aber die angemessenen Schuhe dazu waren durch schwarze Converse ersetzt worden. Nur das, was mir richtige Angst bereitete, war, dass er in meinem Alter war.

Meine Rettung, bevor ich zur Sexsklavin wurdeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt