𝟎𝟔 | 𝐊𝐨𝐧𝐬𝐞𝐪𝐮𝐞𝐧𝐭?

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´´´´´´´´´´ Provinz Toledo, Spanien. Villa Toledo. ´´´´´´´´´´
´´´´´´´´´´ Dienstag, 09. Mai 2017. 7.21 am ´´´´´´´´´´

Sonnenlicht kitzelte meine Nase, als ich an diesem Morgen aufwachte… Moment!
Das konnte überhaupt nicht sein. Mein Zimmer lag im Westen, da schien vormittags garantiert nichts rein.

Verwirrt drehte ich mich im Bett um und blickte in der Sekunde in Andrés‘ grinsendes Gesicht.
„Gut geschlafen, Señorita Fuentes?“

Entsetzt hob ich die Decke ein Stück weit hoch und atmete im nächsten Moment erleichtert auf – wir beide waren zum Glück vollständig bekleidet.

„Was mache ich hier?“, ich hatte nicht den leisesten Hauch einer Ahnung, wie ich in sein ‚Reich‘ gekommen war, geschweige denn, wie es hatte passieren können, dass ich mich überhaupt länger als nötig bei ihm aufhielt.

Stirnrunzelnd stützte ich mich ab und wollte aufstehen, als mich eine Welle des Schwindels und der Übelkeit packte.
„Haben wir getrunken?“, das Letzte, an das ich mich erinnerte, war, wie wir beide auf dem Gang von Denver und Rio unterbrochen worden waren und über die Stadt Berlin gefachsimpelt hatten.

Belustigt lief Andrés zu seinem Schrank, kramte etwas in einem Arzneikoffer herum, und reichte mir schließlich eine Tablettenverpackung sowie eine Flasche Wasser.
Wir nicht. Wenn du allerdings Nairobi oder Tokio fragst, bekommst du vermutlich eine andere Antwort“.

„Wahrscheinlich wollte ich es mir schöntrinken, dich jetzt jeden Tag sehen zu müssen“, murrte ich, während ich mich am Aspirin-Auspacken probierte.

„Du wolltest mich küssen“, beinahe verschluckte ich mich an meinem Wasser.

„Wie bitte?!“

„Mehrfach“.

„Das kannst du nicht ernst meinen“, ich hatte den kompletten Filmriss. Leider aber kannte ich mich gut genug, um ihm das abzukaufen. War ich einmal völlig stramm, fand ich plötzlich selbst meine engsten Freunde mehr als attraktiv.

„Mir hat der Gedanke gefallen“, schelmisch grinsend zwinkerte er mir zu und ich schüttelte nur entgeistert meinen Kopf, als es an der Zimmertür klopfte.

„Geh da weg!“, fauchte ich Andrés zu, der Anstalten machte, hinzugehen und sie zu öffnen.
„Wie sollen wir das hier“, damit zeigte ich auf das Bett und mich, „bitte erklären?“

„Beruhige dich, das wird Sergio sein“, gelassen lief er durch den Raum und drückte die Klinke herunter.

Wie beruhigend! War ja nur unser Anführer, der uns mehr als einmal eingebläut hatte, dass wir persönliche Beziehungen um jeden Preis vermeiden sollten. War doch bloß sein Bruder, dem ich versichert hatte, dass ich mich an keine nennenswerte gemeinsame Vergangenheit erinnern könnte!

„Professor“, ich hatte mich inzwischen mit größter Mühe aufrecht auf die Bettkante gesetzt und rieb mir über die hämmernden Schläfen, während ‚Berlin‘ seinen Besucher in aller Förmlichkeit begrüßte und hereinbat.

„Venecia“, komischerweise schien er nicht einmal überrascht, mich in diesem Zimmer anzutreffen.
„Wie geht es dir? Ich hoffe, deine Magen-Darm-Beschwerden haben sich mittlerweile wieder gelegt?“

Magen-Darm-Beschwerden?
Fragend sah ich zu Andrés, der mir nur auffordernd zunickte.

Er hatte mich also gestern für alle weiteren Gemeinschaftsaktionen entschuldigt und in Schutz genommen, wenn ich das jetzt richtig verstand.
Nett – vielleicht würde ich auch in Zukunft etwas netter mit ihm umgehen.

𝐕𝐄𝐍𝐄𝐂𝐈𝐀 | Lᴀ ᴄᴀsᴀ ᴅᴇ ᴘᴀᴘᴇʟ Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt