Das Erste, das ich spürte, war mein Rücken.
Ächzend richtete ich mich auf und rieb mir seufzend über die Verspannung.Als nächstes bemerkte ich den Blick flammenden Hasses auf mir. Könnte man nur durch seine Augen töten, hätte Tokio mich in dieser Sekunde kaltgemacht.
„Schichtwechsel“, ordnete sie versteinert an und wies mit ihrer M16 auf die Tür.„Au“, umständlich rappelte sich Rio neben mir auf und griff sich in den Nacken – jetzt verstand ich: Meine Freundin interpretierte die Situation ganz anders als sie eigentlich gewesen war.
„Tokio“, ich hatte keinerlei Ahnung, was ich sagen sollte. Und ehrlich gesagt stand mir auch nicht gerade der Sinn danach, mich für irgendetwas zu entschuldigen oder zu rechtfertigen, das in keiner Weise verwerflich war.
Da war es mir fast schon lieber, dass sie mich nur ein weiteres Mal vernichtend musterte und wieder mit ihrer Hand auf den Ausgang deutete.
„Geh!“Schulterzuckend stand ich auf – ein gewaltiger Schmerz zog mir die Wirbelsäule hoch und ich erstarrte mitten in meiner Bewegung… offensichtlich war es nicht die beste Idee, mitten im Reden einzuschlafen und immer mehr zur Seite zu rutschen.
„Nein, du nicht“, mitleidig versuchte ich mich umzudrehen und meinem Komplizen aufmunternd zuzunicken; mit geringem Erfolg.
Meine Rückenmuskulatur beklagte sich nochmals und ich hinkte mit zusammengebissenen Zähnen auf den Gang, in dem ich mich direkt an einer Wand abstützen musste.Ich kam mir vor, als wäre ich mindestens 95!
Hinter mir ertönte ein leises Lachen.
Unglaublich!
Andrés schaffte es doch tatsächlich jedes Mal, mich in den Momenten zu treffen, in denen ich am liebsten allein wäre.„Gut geschlafen?“, schnaufend wandte ich mich zu ihm um – leider hatte er seine Mimik so weit unter Kontrolle, dass ich an seinem Gesicht nicht ablesen konnte, ob auch er Rio und mich gesehen hatte.
„Ganz ausgezeichnet“, gab ich angestrengt zurück.
„Gibt es was Neues vom Professor?“„Wir werden bald Plan Valencia starten müssen“, stirnrunzelnd beobachtete Andrés, wie ich versuchte mich etwas aufrechter hinzustellen.
„Also gleich die bearbeiteten Lebensbeweise?“, schlussfolgerte ich und war recht stolz auf mich, dass ich mich trotz der Schmerzen an die nächsten Schritte des Plans erinnern konnte: Die Polizei misstrauisch machen, die Geiseln mit Schüssen in die Luft zum Schreien zu bringen und somit unsere Feinde in die Höhle des Löwen locken.
„Bald. Alles mit der Ruhe. Insbesondere bei dir“, die Skepsis war ihm nach wie vor deutlich anzusehen.
Augenverdrehend nahm ich meine Hand von der Wand und zeigte ihm extra damit den Vogel.
„Mir geht es blendend. Aber das kennt man ja nicht anders von dir – keinerlei Begabung, zu verstehen, wie sich die Mitmenschen wirklich fühlen“.
War mir das jetzt ernsthaft herausgerutscht?„Natürlich. Du hast bestimmt heute noch nicht gefrühstückt, oder?“, was auch immer er damit bezwecken wollte, würde ihm nicht gelingen.
„Nein, habe ich nicht. Wa-“
„Fang“, unterbrach er mich und warf mir einen Apfel entgegen.
Reflexartig beugte ich mich nach vorne… und wurde deshalb sofort bestraft.„Arhhh! Kannst du nicht mehr zielen?“, beschwerte ich mich und hatte große Mühe dabei, die aufsteigenden Tränen zu unterdrücken.
Diese verdammte Verspannung!„Was ist denn nun? Möchtest du dein Essen etwa nicht aufheben?“, ich war mir sicher, in seinem Inneren empfand Andrés in diesem Augenblick eine riesige Schadenfreude und Genugtuung, die ich ihm nicht gönnte.
![](https://img.wattpad.com/cover/313956899-288-k622515.jpg)
DU LIEST GERADE
𝐕𝐄𝐍𝐄𝐂𝐈𝐀 | Lᴀ ᴄᴀsᴀ ᴅᴇ ᴘᴀᴘᴇʟ
FanficZwei Menschen, die die Aufmerksamkeit lieben. Zwei Menschen, jahrelang unzertrennlich. Zwei Menschen, auseinandergegangen wegen eines „Verrates". Und nun der größte Überfall, der jemals in die Geschichte eingehen und diese zwei Menschen wieder zuein...