Ein Jahr später
________________Carlo
»Du musst aber kommen, meine Band spielt heute!« ausdruckslos starrte ich den Spiegel vor mir an. Dias gab mir keine Zeit zum antworten.
»Warst du nicht derjenige, der von solchen Strandfeten begeistert war? Früher sind wir immer zu solchen Veranstaltungen hingegangen und damals hat es dich auch nicht gestört.« versuchte er mich zu überzeugen.
»Ja, du sagst es. Früher. Aber ich werde da sein, nur um deinen Auftritt nicht zu verpassen. Und jetzt geh weiter Proben. Ich muss noch einiges erledigen.« Wir legten auf und ich lief zu meinem provisorischen Schreibtisch, der aus einem Stuhl bestand, um mir nochmal meine Buchung anzuschauen.
Das Hotel entsprach nicht meinen Vorstellungen und die Bewertung im Netz war auch nicht die beste, aber es war das einzige, was ich hier in der Umgebung gefunden habe. Ich hörte auf, das ganze hier zu kritisieren, da ich nicht für lange Zeit hier bleiben würde. Die Reise mit meiner Yacht stand an und ich war Geschäftlich in Griechenland unterwegs, um paar Verträge zu unterschreiben.
Als ich auf die Uhr sah, musste ich mich beeilen meine Klamotten zu wechseln. Ich wollte nicht mit Anzug auf einer Strandparty auftauchen. Es war der einzige Anzug, den ich eingepackt hatte und den wollte ich ungern verschmutzen.
Draußen war es heiß. Ich hatte mit fünfundzwanzig Grad gerechnet, aber es war definitiv mehr und die Hitze schlug mir ins Gesicht. Die Location war nicht allzu weit von meinem Hotel entfernt, weshalb ich entspannt lief und schon von fünfzig meter Entfernung die Musik hören konnte.
Ich sah Dias, winkte ihm zu und beobachtete die Menschen. Sie tanzten, einige waren auch schon um diese Uhrzeit besoffen und die Stimmung war total ausgelassen. Es war wie in einem Film und ich bekam einen Becher von einer fremden Person in die Hand gesteckt.
»Lass es dir schmecken!« überrumpelt starrte ich den Typen an und roch an meinem Getränk. Alkohol. War irgendwie klar. Ich wollte ihn zurück rufen und fragen, ob er noch was anderes dabei hatte, aber er war in der Menge verschwunden also beschloss ich, ihm hinterher zu gehen.
Ich sah Pärchen miteinander tanzen und jemanden neben einer Mülltonne kotzen. Angeekelt verzog ich mein Gesicht und arbeitete mich durch eine Meute, die passend zur Musik sprungen. Fast gab ich die Hoffnung auf, sah ihn dann doch an einem Stehtisch trinken.
Gerade wollte ich nach ihm rufen, sah aber jemanden bekannten am Tisch. Das war sie nicht, oder? Mein Herz setzte für eine Sekunde aus und ich blieb auf der Stelle, eingefroren stehen. Ich konnte das nicht realisieren, war sie wirklich vor mir?
Du schwangst deine Haare über deine Schultern und fingst an, aus dem Herzen zu lachen. Unwillkürlich zuckten meine Mundwinkel mit und ich hörte nach einem Jahr dein Lachen. Automatisch riss ich meine Augen auf, da ich jetzt erst verstand, dass du vor mir, zum greifen nah, warst.
»Hey, alter! Brauchst du noch einen?« der braunhaarige entdeckte mich und kam lächelnd auf mich zu. Ich antwortete nicht und er legte seine Hand um meine Schulter und führte mich genau in ihre Richtung. Reflexartig verkrampfte sich alles und somit auch meine Hand, die den Becher nicht losließ. Es war der einzige Halt, den ich gerade besaß.
»Unser Freund hier brauch noch ein Getränk, was können wir ihm anbieten? Emilia, gibst du mir einen neuen Becher.« Sie griff nach dem Becher und gab es ihm, ohne mich anzuschauen. Ihre Freunde waren in ein Gespräch vertieft, doch du warst in Gedanken woanders.
Du sahst besorgt aus und als du dich bücktest, um unter den Tisch zu gucken, trafen sich unsere Blicke. Du hattest mich sofort erkannt. Ich traute mich nicht zu blinzeln oder zu atmen und starrte dir in deine Augen, die mir jetzt so trüb erschienen. Das altbekannte Strahlen fehlte in ihnen. Du willst etwas sagen, aber kannst nicht und stehst auf. Ich gucke deinem Rücken hinterher, der sich immer weiter entfernt und in mir kommt ein Wiedererkennbares Gefühl hoch.
»Sie sucht ihren Hund.« sagte einer ihrer Freundinnen in die Runde und das war mein Weckruf. Ich lief ihr hinterher, obwohl ich Panik hatte und mich nicht traute. Hinter weiteren Menschen endete die Straße und ich sah ihren blonden Haarschopf in eine Seitengasse reinlaufen.
Als ich dieser Näher kam, hörte ich sie schluchzen. Vorsichtig ging ich rum und entdeckte dich angelehnt an der Wand stehen. Du hast mich gehört und drehst dich zu mir um. Wischt deine Tränen weg und ich schlucke einmal fest. Jedes Mal wenn du mich angesehen hast, blieb meine Welt kurz stehen.
»Pepper hat sich verlaufen.« ich sah deine Lippen in Bewegung, roch deinen Duft nach einem Jahr wieder. Das war das einzige was du sagtest, bevor du an mir vorbeiläuft.
Ohne zu überlegen griff ich nach deinem Arm und zog dich zu mir. Ich verspürte Nostalgie, als ich deine Haut spüre, doch du entzogst dich mir. Als wären meine Hände Feuer und du hättest dich verbrannt. Ich schaute zu dir runter, doch du entfernst dich einen halben Meter von mir.
»Willst du nichts sagen? Wir haben uns ein Jahr nicht gesehen und du willst gehen?« meine Gefühle sind ungeordnet und ich weiß nicht wie ich fühlen, denken oder handeln soll.
»Was erwartest du von mir, Carlo? Du tauchst plötzlich vor mir auf und willst, dass ich rede. Ich muss Pepper suchen gehen.« ich starre wieder deinem Rücken hinterher und fühle den gleichen Schmerz, den du schon vor einem Jahr hinterlassen hast, erneut. Ich schließe meine Augen, denn der ganze Schmerz, den ich vergessen hatte, kam augenblicklich wie eine Welle zurück. Flüsternd wiederholte ich meine Worte immer und immer wieder.
»Tut mir leid, Sonne.«

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sol.
RomanceAn der Südküste von Italien bereiten Kaffeegeruch und Bücherseiten eine liebevolle Mischung aus reichlicher Zutaten den perfekten Sommer. Mit Genuss der kleinen Dinge, machen diese das Leben großartig. »Ich fliehe mit dir, wohin du willst, und wenn...