Kapitel 12

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Emilia
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»Helena, jetzt warte doch mal! Ich kenne deinen Garten doch schon.« flüstere ich ihr zu, als wir weit genug stehen bleiben. Verwirrt lässt sie meine Hand los und stellt sich mit verschränkten Armen vor mich. Ihr Blick scheint nicht gerade glücklich zu sein.

»Was soll das, Emilia? Wieso bringst du ihn hier her? Und seit wann habt ihr Kontakt? Und wieso sagst du mir nix!« sie wirkt ganz aufgebracht als sie redet und wirr mit den Händen gestikuliert. Ich nehme ihre Hände in meine und beruhige sie.

»Ich weiß, das kommt alles so plötzlich. Ich schätze, wir haben beide mit der Vergangenheit abgeschlossen. Und das wollte ich dir alles persönlich sagen, aber es ist dazu gekommen, dass er mitfliegt. Ich hätte ihm schlecht sagen können, dass er woanders schlafen soll.«

Helena lässt meine Hände los und stemmt ihre in die Hüften. Dann atmet sie drei mal ein und aus und schaut mich wieder an.

»Und was ist mit Leo?« ich wusste, dass sie das fragen wird.

»Ich habe alles beendet... ich-« Helena unterbricht mich.

»Wegen ihm?« sagt sie. Ich seufze und setze mich auf den Boden, ziehe meine Knie zu meiner Brust. Sie kommt direkt neben mich und legt den Arm um meine Schulter.

»Ich hab doch gesehen, wie verletzt du warst. Wir haben alles gemeinsam durchgestanden. Ich werde auch alles nochmal mit dir durchstehen wenn es sein muss, aber bist du dir sicher, diesen Weg wieder einzuschlagen?«

Helena bringt mich zum nachdenken. Damals mochte mich deine Familie nicht. Sie waren auch einer der Hauptgründe, wieso wir uns getrennt haben. Carlos Mutter hatte immer eine andere Vorstellung von ihrer Schwiegertochter und ich habe nicht reingepasst. Bei den Feten war ich nicht herzlich Willkommen und wurde verachtend angeschaut, weil ich Schriftstellerin werden wollte.

Auch, dass wir uns früh kennengelernt haben, machte es kompliziert. Du warst aus einem reichen, guten Umfeld. Deine Ziele, deine Zukunft, alles war schon im Voraus geplant, während ich planlos noch mitten im Leben stand.

»Ich weiß, dass du in allem recht hast. Ich habe Leo auch geliebt. Aber wir waren eigentlich nur wie beste Freunde, oder so in der Art.« alles was ich sage ist dumm. Ich habe Fehler begangen, du hast Fehler gemacht. Aber ist das nicht so im Leben?

»Hör mir zu: Wenn du du das für richtig hältst, tu es, okay? Du hast gestrahlt, als du aus dem Taxi gestiegen bist und so habe ich dich lange nicht mehr gesehen.«

Es ist schön, so etwas zu hören. Mein Herz erfüllt sich an diesen Worten und kehrt meine Trauer weg.

»Du hast Recht. Du hast immer recht.» ich rolle mit den Augen, als ich sehe, wie sie ihre Haare hinter ihre Schulter schwingt und mir einen Luftkuss gibt.

»So, ab ins Bett. Morgen haben wir noch einiges zu quatschten.» sie hilft mir hoch und ich reibe den Dreck an meiner Hose ab. Gemeinsam laufen wir rein und ich umarme meine beste Freundin nochmal, bevor wir uns verabschieden und in unsere Zimmer verschwinden.

»Ausgeplaudert?« ich erschrecke mich, als ich deine raue Stimme in der Dunkelheit höre. Nur der Mond strahlt ins Zimmer und taucht in die Dunkelheit ein. Innerlich bete ich, dass du nichts von unserer Konversation mitbekommen hast.

»Ja, könnte man so sagen.« ich greife nach meinen Schlafsachen und will wieder raus, als du mich auf hältst.

»Du kannst dich auch hier umziehen. Ich drehe mich einfach um.« ich kräuselte mit den Lippen und verengte meine Augen.

»Als hätte ich dich noch nie in Unterwäsche gesehen, meine Liebe.« murmelst du und legst dich mit dem Rücken zu mir. Sobald ich denke, dass du deine Augen geschlossen hast, ziehe ich mich schnell um und schlüpfe neben dich.

»Gute Nacht, Carlo.«

Eine Gänsehaut entsteht, als ich meinen Kosenamen aus deinem Mund höre.
Nach langer, langer Zeit hatte ihn schon vergessen.

»Gute Nacht, meine Sonne.«

Ich weiß, dass nichts auf dieser Welt für immer bleibt, doch zum Glück ist noch eine Menge Zeit.


Falls euch interessiert, wie ich mir Helena vorstelle - https://pin.it/65U6eAk

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