Flehen
Als Fiona das nächste Mal wieder wach wurde, war die Bettseite neben ihr leer. Sie brauchte einen Moment, um sich daran zu erinnern, dass Patrick schon früh gegangen war. Sie rieb sich die Augen und spürte, dass sie noch immer das gestrige Make-Up im Gesicht hatte. Mit leicht angewidertem Blick stand sie aus dem Bett auf. Sie zog sich ihren Morgenmantel über, schlurfte aus ihrem Zimmer durch den Flur zur Badezimmertür und öffnete diese.
„Tach."
Fiona erschrak und blickte in Felix' überraschtes Gesicht. Ihr Blick fiel unfreiwillig auf seinen nackten Oberkörper, an dem noch Wasserperlen herunter liefen. Er stand, nur mit einem Handtuch um seine Hüften bekleidet, in der Mitte des Raums.
„Was machst du schon wieder hier? Hast du kein Zuhause?" fragte Fiona, als sie ihre Stimme wieder fand.
„Hab auf eurer Couch gepennt. Hatte keine Lust gestern Nacht noch bis an's andere Ende von Kreuzberg zu latschen." erklärte er und rubbelte sich, mit dem kleineren Handtuch in seiner Hand, die Haare.
„Es fahren auch Taxis." erklärte Fiona.
„Ach, wirklich?" gespielt überrascht sah er sie an. „Danke für den Tipp. Werde ich für's nächste Mal beherzigen."
„Es wird kein nächstes Mal geben. Ich will nicht, dass du ständig hier abhängst, nur weil unsere besten Freundinnen jetzt ein Paar sind."
„Tja, wie schade, dass du das nicht zu entscheiden hast." antwortete Felix desinteressiert und betrachtete sich im Spiegel. Fiona musterte ihn. Sein Körper verzeichnete kein Gramm Fett. Jeder einzelne Muskel war trainiert und alle zusammen formten einen perfekt definierten Oberkörper. Ihr Blick fiel in den Spiegel und auf Felix, der beobachtete, wie sie ihn betrachtete.
Fiona räusperte sich. „Bist du jetzt fertig? Ich müsste hier auch mal rein."
„Es hält dich niemand auf. Feel free." er machte eine einladende Geste, aber Fiona schüttelte den Kopf.
„Ich muss duschen." wurde sie deutlicher.
„Ich bin mir sehr sicher, dass du nichts an dir hast, was ich nicht schon hundertmal gesehen habe." sprach er, während er sich das Gesicht eincremte.
Sie wollte ihm grade einen kessen Spruch drücken, da erkannte sie die Creme, die er benutzte.
„Hallo?!" Sauer stampfte sie in's Bad. „Das ist meine Creme! Was bedienst du dich einfach an meinen Sachen?" sie griff nach der Tube in seiner Hand, doch er riss seinen Arm nach oben und sah belustigt dabei zu, wie Fiona sich streckte und versuchte, ihm das Objekt der Begierde abzunehmen.
„Sag Bitte." lachte er.
„Nein. Gib her. Das ist meine!" beschwerte sie sich und hampelte vor ihm hin und her. Er lies seinen Arm senken und versteckte die Creme hinter seinem Rücken. Fiona griff mit beiden Händen um seine nackte Taille und er sah grinsend zu ihr herunter.
„Ganz schön touchy heute."
„Lass. jetzt. los." zischte sie. Felix ging einen Schritt auf sie zu und drängte sie gegen das Waschbecken. „Ich werde dich nicht anflehen." sprach sie deutlich, als sie zu ihm hoch schaute.
„Früher oder später wirst du das." flüsterte er. Auf Fionas Haut entwickelte sich eine Gänsehaut. Sein warmer Körper presste sich gegen sie und sie spürte seinen Atem auf ihrem Gesicht.
„Eh, guten Morgen?" Ana stand plötzlich im Türrahmen und sah die beiden verwirrt an.
„Guten Morgen." antwortete Felix, seinen Blick noch immer auf Fiona gerichtet.
„Störe ich irgendwie?"
Fiona wurde sich der Position, in der sie sich grade befanden, bewusst und schubste Felix von sich weg. Dieser machte einen Schritt rückwärts und hielt ihr ihre Creme hin.
„Alles gut, ich bin hier fertig." entgegnete Felix und grinste. „Willst du auch einen Kaffee?" fragte er Ana.
„Eh, klar." Diese nickte.
Fiona riss Felix die Tube aus der Hand. „Kann ich dann jetzt endlich duschen gehen?" fragte sie.
„Hat dich doch niemand dran gehindert." sprach Felix und zuckte mit den Achseln, als er das Badezimmer verließ. Ana folgte ihm.
Genervt schloß Fiona die Tür. Ihr war heiß geworden. Viel zu heiß. Sie entledigte sich ihres Morgenmantels und trat in die Dusche. Sie stellte den Regler auf blau. Kalt. Eiskalt. Sie schnappte ein paar Mal nach Luft, als das Wasser ihren Rücken herunter lief. Ihr Körper kühlte sich langsam ab, ihre Gedanken allerdings nicht. Warum hatte dieser Typ so eine Wirkung auf sie? Sie konnte ihn nicht ausstehen. Sie hasste ihn. Jede Faser ihres Körpers wollte ihn von sich wegstoßen, doch wenn er ihr so nah war, fühlte sie sich wie versteinert.
Sie schloß die Augen. Vor ihr erschien erneut sein Gesicht. Es erinnerte sie an die letzte Nacht. Sie hatte doch tatsächlich an Felix gedacht, während sie mit Patrick schlief. Bei dem Gedanken daran schüttelte es sie. Sie fühlte sich mies. Richtig mies. Sowas sollte nicht passieren. Das durfte nicht passieren. Er durfte ihr nicht so unter die Haut gehen. Das musste ein Ende haben. Schluss mit den Spielchen. Sie würde sich von Felix fern halten. Ja, das wäre die Lösung. Ihn einfach ignorieren, nicht auf ihn eingehen. So tun, als würde er nicht existieren.
Fiona öffnete die Augen wieder. Felix' Gesicht war verschwunden.
Gut, das war gut. Ein Anfang.Als sie aus der Dusche trat, zog sie sich wieder ihren Morgenmantel über und wusch die letzten Make-Up Reste mit einem Lappen aus ihrem Gesicht. Sie drehte ihr nasses Haar in einem Turban auf ihrem Kopf zusammen und trat aus dem Badezimmer. Felix' Stimme, die aus der Küche ertönte, ließ sie erkennen, dass er noch immer hier war.
„Möchtest du auch einen Kaffee?" fragte Ana, die bereits an der Siebträgermaschine beschäftigt war.
„Gerne, danke." nickte Fiona ihr freundlich zu.
Felix saß, immer noch nur mit dem Handtuch bekleidet, am Esstisch. Wieder an ihrem Platz. Genervt schnaufte sie durch die Nase aus. Nein, sie würde sich jetzt nicht schon wieder mit ihm anlegen. Ignorieren, das war der Plan gewesen.
„Du, wenn es dich stört, dass ich fast täglich hier bin, sag das ruhig, ja? Ist ja nicht nur Laras Wohnung. Wir können auch gerne mal zu mir oder so, wenn du mal deine Ruhe möchtest." sprach Ana, als sie Fiona den heißen Kaffee hin hielt.
„Ach Quatsch, macht euch mal keine Sorgen. Ich find's nicht schlimm, dass du hier bist. Bringt ein bisschen Leben in die Wohnung." entgegnete sie mit einem freundschaftlichen Lächeln.
Ana war nicht das Problem hier. Felix war es. Aber sie hielt sich zurück, das anzusprechen. Ignorieren, Fiona. Für sie war er gar nicht mehr da.
„Warum bist du eigentlich schon wieder alleine? Ich hatte gedacht, wir könnten heute Morgen alle zusammen noch frühstücken." fragte Ana neugierig, als sie sich neben Felix setzte.
Fiona erklärte ihr, dass Patrick am Morgen schon früh wieder weg musste und fügte mit einem, für Felix provozierenden, Grinsen hinzu, dass sie aber trotzdem eine schöne Nacht hatte.
„Hach, schön. Ja gut. Ich war nur verwirrt, das war irgendwie ne komische Situation da grade im Bad zwischen euch." sie zeigte abwechselnd mit ihrem Finger auf Felix und Fiona.
„Scheinbar hat der feine Herr keinen Respekt vor fremder Leute Eigentum." erklärte sie Ana, würdigte Felix dabei aber keines Blickes.
„Wenn du dich dabei besser fühlst, kann ich dir gerne die 5 Cent, die ich da grade an Creme genutzt habe, wieder geben. Soll ich's dir überweisen oder hättest du's gerne Bar?" zischte Felix.
„Ich würde mich besser fühlen, wenn du aus meinem Leben verschwindest!" antwortete Fiona. Allerdings nur in ihren Gedanken. Es machte keinen Sinn, noch weitere Energie an diesen Idioten zu verschwenden.
„Passt schon." zickte sie stattdessen zurück.
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Überwiegend Macho (Felix Lobrecht FF)
FanfictionFiona ist 32 Jahre alt, gelernte Modedesignerin und aufgewachsen zwischen Junkies und Plattenbausiedlungen. Sie selbst kommt aus gutbürgerlichen Verhältnissen. Anders, als ihre ehemaligen Klassenkameraden, von denen sie dachte, sie nie wieder sehen...