Tag Eins

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Tag Eins

Einen Tag gab Fiona sich. Einen Tag um sauer, traurig und enttäuscht zu sein. Einen Tag, um im Selbstmitleid zu baden. Wie sagte sie so schön zu Felix? Sie war eine starke und unabhängige Frau. Vor niemandem würde sie jemals zugeben, dass ihr ein Mann das Herz gebrochen hatte und erst recht nicht, dass dieser Mann Felix war.

Sie musste ihren Scheiß auf die Reihe kriegen. Ihr Leben wieder aufräumen, Patrick alles erzählen, die Kollektion fertigstellen und endlich wieder sie selbst sein. Schluss mit den unbequemen, viel zu teuren Kleidern, Schluss mit dem Püppchen Getue und vor allem: Schluss damit, die Bedürfnisse anderer vor ihre eigenen zu stellen.

Der erste Weg am nächsten Tag führte sie zu ihrem Friseur.

„Wieder wie immer, Schätzchen? Einmal den Ansatz nachfärben?" fragte Georgio, der ihr den schwarzen Friseurmantel umlegte.

„Nein." entgegnete Fiona. „Kein Blond mehr. Ich will meine Naturhaarfarbe zurück. Dunkelbraun."

„Hui." gab er überrascht von sich. „Woher der Sinneswandel?"

„Es passt einfach nicht mehr zu mir." erwiderte Fiona und Georgio nickte.

„Dann fangen wir mal an."

Mit frisch gefärbten Haaren kam sie einige Stunden später aus dem Laden. Sie fühlte sich gleich viel besser. Was so ein bisschen Farbe doch ausmachen konnte. Als Nächstes auf ihrer imaginären Liste stand es, das Problem mit Patrick zu klären. Es würde ihm nicht gefallen, was sie zu sagen hatte, aber es musste sein.

Auf dem Weg zu seinem Haus, rief Fiona Julian über die Freisprechanlage ihres Autos an. Es tutete drei Mal, dann ertönte seine Stimme.

„Hi."

„Hey Julian, ich bin's." entgegnete sie.

„Yo, gut, dass du anrufst. Hättest du heute noch Zeit, im Büro vorbei zu kommen? Ich habe hier noch ein paar Stoffe zugeschickt bekommen, aus denen du auswählen könntest." erklärte er.

„Hatte ich sowieso vor. Ich muss nur vorher noch kurz was erledigen, dann komme ich vorbei."

„Passt, wir sind noch ein bisschen hier."

„Wir?" Fionas Herz schlug schneller. „Wer ist wir?"

„Felix und ich." antwortete er.

„Ah, okay." murmelte sie. „Ja gut, ich komme dann gleich. Gebt mir so ne Stunde."

„Alles klar, bis gleich."

„Bis gleich."

Fiona drückte den roten Hörer an ihrem Lenkrad. Das sie Felix so schnell wieder sehen würde, damit hatte sie nicht gerechnet. Aber gut, war schon in Ordnung so. Sie sollte heute genug Selbstbewusstsein haben, das durchzustehen.

Vor Patricks Haus angekommen, erwischte sie sich kurz bei der Hoffnung, er würde nicht zuhause sein, begrub diesen Gedanken aber schnell wieder. Sie musste das endlich klären. Besser gestern als heute. Vorsichtig drückte sie den silbernen Knopf der Klingel herunter und kurze Zeit darauf öffnete ihr Patrick die Tür.

„Wow." sprach er überrascht. „Wie siehst du denn aus?"

„Gefällt dir nicht?" fragte sie in einem ungewollt, leicht provokanten Ton.

„Nein. Ich meine, doch." stotterte er. „Ist nur... ungewohnt. Ich meine... die Klamotten und die Haare... geht's dir besser?" fragte er, so als wäre ihr Sinneswandel von der vorgetäuschten Erkältung gekommen.

„Mir geht's gut, ja. Kann ich rein kommen?" fragte Fiona.

„Ja... ja, klar." bestätigte er und ließ sie eintreten. Schon kam Bentley schnurrend und maunzend auf sie zu gerannt.

„Na mein Kleiner." begrüßte sie ihn liebevoll und tätschelte dem Kater den Kopf.

„Möchtest du was trinken? Ein Wasser oder Kaffee vielleicht?"

„Wasser wäre gut." entgegnete sie.

Zusammen liefen sie in's Wohnzimmer und Patrick weiter durch in die Küche. Einige Momente später kam er mit einem Glas Wasser zurück.

„Danke." sprach Fiona und setzte sich auf's Sofa. „Also... ich bin hier, weil ich mit dir reden muss."

„Okay." entgegnete er unsicher. „Worüber?"

„Du hast ja wahrscheinlich gemerkt, dass ich ein bisschen reservierter dir gegenüber geworden bin."

„Mhm." machte er.

„Ich habe gemerkt, dass das mit uns einfach nicht passt." sprach sie und spürte einen kleinen Stich in ihrem Herzen. Genau das hatte Felix auch zu ihr gesagt.
Felix...
Nein, Schluss Fiona!
Sie sah zu Patrick auf, der sie mit leerem Blick ansah.

„Sag was." bat sie ihn.

„Was soll ich denn sagen?" entgegnete er.

„Keine Ahnung." murmelte sie.

„Sag mir, warum."

Höh?"

„Na, es wird einen Grund haben, warum die diesen Entschluss gefasst hat. Ich kann's mir zwar schon denken, aber ich will's von dir hören." sprach Patrick.

„Keine Ahnung, was du meinst."

Humorlos lachte er auf. „Ach komm. Von wegen, du und dieser Asi-Prolet arbeitet an einer Kollektion. Er hat dich gefickt, habe ich recht?"

Fiona schluckte. „Das ist aber nicht der Grund."

„Ich wusste es!" rief er laut auf. „Kann man dich nicht drei Wochen alleine lassen, ohne dass du gleich auf den nächsten Schwanz springst?"

Empört sah sie ihn an. „Entschuldigung?"

„Nee ey." lachte Patrick. „Du bist so dumm! Ist dir überhaupt klar, mit was für einem Menschen du dich da abgibst?"

„Ich denke, darüber bin ich mir im Klaren." zischte Fiona zurück.

„Das denke ich nicht." erwiderte er, stand auf und ging zum Fenster. Fionas Blicke folgten ihm. „Dein ach-so-toller Felix hat damals deinen Liebesbrief an mich verbrannt."

„Moment mal." Hellhörig horchte sie auf. „Du weißt von dem Brief?"

„Klar weiß ich davon. Der Idiot hat's Ana erzählt und die kann ja nix für sich behalten." murmelte er.

„Du wusstest es? Die ganze Zeit? Und sagst mir nichts?"

„Was hätte ich dir denn sagen sollen? Du warst damals nicht unbedingt mein Typ." versuchte Patrick sich zu verteidigen. „Nicht, dass du hässlich warst, aber... du weißt ja."

„Oh mein Gott." lachte Fiona humorlos auf.
„Er weiß nicht, was er an dir hat. Das wusste er nie." schossen ihr Felix' Worte durch den Kopf.

„Er hatte recht." murmelte sie.

„Wer?" fragte er und drehte sich zu ihr um. Fiona nahm ihre Tasche und stand auf.

„Du verdienst mich nicht."

„Ach, hat er dir das gesagt? Hat er dich damit in's Bett bekommen?" fragte Patrick amüsiert.

„Das braucht mir niemand sagen. Das hast du grade schon gut selbst klar gemacht." sprach Fiona deutlich. „Also dann, mach's gut." sie war dabei, zu gehen, als er ihr bis zur Haustür folgte.

„Gehst du jetzt zu ihm?" fragte er sie.

Wütend drehte sie sich zu ihm um. „Ja."

„Du wirst es bereuen." warnte er sie.

„Und wenn schon." entgegnete Fiona und riss die Tür vor sich auf. „Lieber bereue ich Stunden mit ihm, als auch nur eine weitere Minute mit dir zu verschwenden."

Mit diesen Worten knallte sie die Tür hinter sich zu und stampfte zu ihrem Wagen.
So ein Idiot. Alles Idioten. Sie wusste mittlerweile schon gar nicht mehr, wem ihre Wut mehr galt. Felix oder Patrick. Wenigstens hatte sie das Gespräch jetzt hinter sich gebracht. Auch wenn der Ausgang ein anderer war, als sie vermutet hatte. Ihr nächster Halt würde das Büro von Felix und Julian sein.
Vor dem Steuer sitzend atmete sie einmal tief durch. Wenn dieser Tag vorbei war, brauchte sie definitiv Urlaub.

Überwiegend Macho (Felix Lobrecht FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt