EMMA
Emma erwachte wie jeden Tag der letzten zwei Wochen zum Gezwitscher der Vögel auf. Sie hörte Klara in der Küche herumwühlen und lächelte. Dann räkelte sie sich genüsslich und hüpfte aus dem Bett, erledigte rasch ihre Morgenroutine und eilte in die Küche. „Guten Morgen, meine Liebe," rief Klara in den Kühlschrank, aus dem sie gerade den Aufschnitt hervorholte. „Morgen, Tante Klara. Kann ich helfen?" Die Frau richtete sich auf und reichte Emma gekochten Schinken und den Käse. Emma grinste und begann rasch den Tisch zudecken. In den vergangenen Tagen hatte sie viel über Klara erfahren. Die ältere Dame hatte trotz aller Verluste in ihrem Leben ihr sonniges, liebevolles Gemüt nicht verloren. Nachdem ihre kleine einjährige Omega-Tochter von ihrem damaligen Alpha ihr entrissen und ins Ausland in ein fremdes Rudel verkauft worden war, verließ ihr Gefährte Klara um das Kind zurückzuholen. Als er vom Alpha beim Verlassen des Rudelgebietes verwischt wurde, wurde er wegen ‚Hochverrats' hingerichtet.
Doch Klara war an den Verlusten nicht zerbrochen. Sie holte sich die Erlaubnis der Luna und verließ ihr Rudel um sich hier in dem malerischen Städtchen Waldbrücken am Rheinufer niederzulassen. Doch natürlich folgte ihr der Ärger und Waldbrücken geriet zwischen die Fronten eines Rudelkrieges. Das war jetzt 10 Jahre her und dieses Gebiet wurde dem Rheinrudels zugesprochen. Der Alpha, der dieses große Rudel (dass aus etwa 3500 Wandlern bestand) anführte, war zu diesem Zeitpunkt erst achtzehn Jahre alt. Er hatte strategisches Genie bewiesen und war hart, aber fair gegenüber den Besiegten. Sein Name war Jackson Boldren. Sein Vater war in dem Krieg gefallen und da er seine Gefährtin noch nicht gewählt hatte, übernahm seine Mutter Sophie die Rolle der Luna. Klara beschrieb sie als warmherzige und sehr tolerante Frau. Neben Jackson, der von allen nur Jax gerufen wurde, hatte sie noch eine Tochter... Bianca. Und Bianca war ein Früchtchen der Sondergüte. Arrogant bis zum Abwinken und Mannstoll wie eine in Hitze geratene Hündin... nur dass die Hitzeperiode nicht zeitlich begrenzt war...
Klara hatte Emma direkt ins Herz geschlossen und weigerte sich, Geld für es Fremdenzimmer anzunehmen. Sie hatte sich die kleine Omega direkt am nächsten Tag gegriffen und reinen Tisch gemacht. Unter ihrem strengen mütterlichen Blick nahm Emma täglich nun die Östrogenblocker und sprühte sich das Kräuterparfum auf, welches ihren charakteristischen Omegaduft verbarg. Auch hatte Klara sie direkt auf die Gefahren durch die Rudel hingewiesen, weshalb sie auch auf die akribische Umsetzung vom Emmas Tarnung bestand.
„Heute ist der Tag, meine Kleine," strahlte sie ihre neue Ziehtochter an. Emma nickte mit leuchtenden Augen. „In einer Stunde!! Ich freu mich schon so sehr! Aber Tantchen... wenn ich den Job bekomme, trag ich was zum Lebensunterhalt hier bei. Darauf besteh ich!!" „Na, gut... Hundert Euro Miete. Mehr werde ich nicht annehmen!" Emma verdrehte mit einem Lächeln die Augen und schnitt vier Scheiben des selbstgebackenem Brotes ab und belegte zwei davon mit Käse. Hungrig schlang sie beide runter und spülte mit schwarzem Tee nach. Sie mochte keinen Kaffee, Tee trank sie gerne und heiße Schokolade aber LIEBTE sie.Nachdem sie zu Ende gefrühstückt hatten, räumte Emma schnell den Tisch ab, huschte ins Badezimmer um sich die Zähne zu putzen und die langen roten Haare zu einem Pferdeschwanz zusammen zubinden. Dann stopfte sie sich das Portmonee und den Haustürschlüssel in die Tasche und flitze an Klara vorbei nach draußen. „Viel Glüüüüühück!" rief diese ihr fröhlich nach. Mit einem ‚Danke!' rannte Emma die Straße hinunter und betrat kurz darauf die Bäckerei von Waldbrücken. „Ich bin sofort bei Ihnen," rief eine Frauenstimme aus dem hinteren Bereich. Und dann kam eine junge Frau mit einem vollen Blech voller Rosinenschnecken zur Auslage.
„Oh, hallo... ich bin Larissa.. du musst Emma sein?!" Larissa stellte das Blech ab, klopfte sich das Mehl von der Schürze und kam mit einem strahlenden Lächeln um die Theke herum. Die rothaarige Omega ergriff die ausgestreckte Hand und erwiderte den starken Druck. „Ja, Hi... ich bin wie du schon erwähnt hast, Emma. Und ich liebe es zu backen!!!!"Larissa musterte die junge Frau vor sich und fragte: „Wie alt bist du, Emma? Und hast du schon Erfahrung in einer Backstube gemacht?" Emma verdrehte nervös den Saum des T-Shirts und sagte schüchtern: „Ich hab keine Erfahrung in einer Profi-Backstube, aber ich hab vor zwei Wochen für eine Hochzeitsfeier alle Backwaren inklusive Torte hergestellt... und... und ich bin auch schon volljährig. Ich bin zwanzig! Und ich lerne schnell! Wirklich...!" Larissa begann die Rosinenschnecken in die Auslage einzuräumen, dann sah sie auf. „Weißt du was? Meine Mama hat mir das Backen beigebracht... ich hab nie eine Ausbildung gemacht. Meine Ma, meine Großmutter und auch ich waren immer schon der Meinung, dass jeder alles lernen kann. Und ich hab ein gutes Gefühl bei dir. Komm, ich mach für den Mittag zu und du zeigst mir, was du drauf hast!"
Emma freute sich regelrecht ein Bein ab und nickte eifrig. Larissa lachte fröhlich und schloss die Tür ab, drehte das Schild von geöffnet um auf Mittagspause und winkte den kleinen Rotschopf in das Herz der Bäckerei. Emma sah sich staunend um und griff geistesabwesend nach der Schürze, die Larissa ihr hin hielt. Kurz überlegte die kleine Omega, was sie backen wollte, dann lächelte sie wehmütig und begann Mehl, braunen Zucker, Butter und Eier abzuwiegen.
Als die Stunde um war standen die kleinen, mit Zimtbutter gefüllten Törtchen vor Larissa. Die selben Törtchen, die sie für Lias Gefährtenbund-Zeremonie gebacken hatte. Während Emma aufräumte und spülte, verkostete die Bäckerin. „Hmmmm, oh, verdammt, sind die gut! Kannst du auch Brot? Und sonstige Backwaren? Plunder? Kekse? ...Wow! Genial.... Du bist so was von eingestellt!!!"
Emma klatschte vor Freude in die Hände. „Wirklich? Oh, daaaanke! Ich freu mich so und ich verspreche, ich werde dich nicht enttäuschen!"Larissa lachte und sagte: „Kannst du morgen anfangen? Dann hab ich deinen Vertrag bis dahin fertig! Erstmal als Aushilfe, wenn ich mir ein genaueres Bild von deinem Können gemacht habe, eventuell als Bäckergehilfin..?" Die kleine Omega nickte begeistert. Da klopfte es... „Oh, das hätte ich fast vergessen... kannst du kurz öffnen? Ich hole eben die Bestellung für den Kunden." Emma lief rasch zur Tür und schloss auf. Als sie den Duft vor sich wahrnahm zuckte sie angstvoll zusammen. Vor der Tür stand ein großer, vor Muskeln nur so strotzender Mann... vielleicht dreißig Jahre alt, dunkle Haare und Augen. Ein Wandler... Ein Beta...
Er lächelte Emma freundlich an und sagte: „ Hi, kleiner Feuerkopf... ich bin Oliver. Uuuund.... du bist neu?! Wie heißt du denn?"Hinter ihm parkte ein großer Jeep, am Steuer saß noch so ein Kerl gleichen Kalibers. Noch ein Beta. Und die Backstube duftete nach dem Wandlergebäck...
SCHEIẞE!
Konnte der Tag noch schlimmer werden?
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Emma
WerewolfMein erstes Rudel hat mich geschlagen, missbraucht und verkauft. Mein zweites Rudel hat mich geliebt , doch dort hatte ich keine Platz. Für beide bin ich jetzt offiziell tot... ertrunken bei einem Autounfall. Nur weil ich eine wertvolle Omega bin, h...