Komplikationen

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EMMA

Unruhig trat Emma von einem Fuß auf den anderen. Der Beta vor ihr musterte sie belustigt.
„Halloho?? Alles ok bei dir, kleiner Rotschopf?"
Die junge Frau sah unsicher über ihre Schulter und atmete erleichtert auf, als Larissa mit einigen großen Schachteln aus der Backstube kam. „Sooo, Beta Oliver. Da haben wir es..." Der Mann nahm ihr grinsend die Schachteln ab und brüllte nach hinten gerichtet: „Aaron... schwing deinen Arsch rüber und hilf mir mal kurz." Der zweite Beta kam zur Bäckerei gejoggt und öffnete erstmal die oberste Schachtel. „Verdammt... Larissa. Das riecht echt gut! Zimt? Ich liebe Zimt!!"
Die Bäckerin lachte und sagte mit einem Augenzwinkern: „Was du da riechst, du Charmeur.. das ist der Einstellungstest von Emma hier." Oliver schmunzelte zufrieden. „Emma, hm? Passt zu dir, Kleine!" Aaron brachte die Leckereien zum Auto und Oliver sagte: „Ach, bevor ich es vergesse... wir brauchen morgen noch zusätzlich fünfundzwanzig Kräuterbrote..." Larissa zog scharf die Luft ein: „Fünfundzwanzig?! Göttin, Oli... ich weiß nicht, ob ich das schaffe..!"

Emma räusperte sich leise: „Larissa? Wenn du willst, kann ich die backen... und wenn du mich brauchst, kann ich auch jetzt schon mit der Arbeit hier anfangen.." Larissa sah sie erleichtert an und Oliver nickte anerkennend. „Du bist meine Lebensretterin! Gerne.. wenn du willst, kannst du sofort loslegen!" rief Larissa überglücklich, Emma strahlte vor Freude und hüpfte sofort in die Backstube.
„Süßes Kleines..." murmelte der Beta. Die Bäckerin sah ihn mit in die Hüfte gestemmten Hände warnend an: „Vergiß es Oli! Du wirst dieses niedliche kleine Ding nicht in Grund und Boden flirten, so dass sie hinterher mit gebrochenem Herzen unter Zunahme von  vielen, vielen Schokobrötchen aufgepäppelt werden muss!"
Der Beta hob abwehrend die Hände. „Ich bin brav... aber wenn sie Interesse haben sollte..."
„Hab ich nihicht..." trällerte eine helle Stimme fast schon singend zwischen dem Dröhnen des Standmixers hindurch. Oliver und Larissa sahen kurzfristig sprachlos in Emmas Richtung, während Aaron am Jeep lehnend sich vor Lachen fast in die Hose machte. „ABGEBLITZT!!! Ich packs nicht! Der große Fuckboy hat nen Korb bekommen...!" Aaron wieherte und schlug sich auf die Oberschenkel. Sein Wolf heulte vor Begeisterung und wedelte wie verrückt mit der Rute.

„Du hast es gehört, Beta Fuckboy, ABFLUG!" lachend schob Larissa den fassungslos grinsenden Oliver aus der Tür. „Bis morgen..." flötete die Frau und winkte übertrieben liebenswürdig. Danach schloss sie die Tür und ging immer noch kichernd zu Emma, die bereits eine Kräuterpaste in den Brotteig einknetete. Dann sah Larissa ihr zu, wie Emma den Teig in sechsundzwanzig Rohlinge unterteilte und diese zu Broten formte. Die legte sie auf eingefettete Bleche und deckte die Laibe mit trockenen sauberen Tüchern ab. „Du bist schnell!" staunte Larissa. Emma lächelte schüchtern und begann aufzuräumen. Die ältere Frau klatschte zufrieden die Hände und rief begeistert: „Wir zwei werden ein tolles Team werden!"...

OLIVER

Oli sah seinen besten Freund entgeistert an. Seit bereits fünfzehn Minuten kicherte dieser wie ein Backfisch vor sich hin. „Grundgütige Göttin... HAST DU ES JETZT MAL??!" Aaron fuhr in das Rondell vor dem Rudelhaus ein und parkte den Wagen. Immer noch vor sich hin glucksend schnappte er sich die Gebäckschachteln und lief die Freitreppe zum Eingang hinauf. Grinsend mit dem Kopf schüttelnd folgte ihm Oliver. In der Eingangshalle liefen die beiden Sophie Boldren über den Weg. Die Frau wirkte genervt und gereizt. „Luna... ist alles in Ordnung?" fragte Aaron direkt, nun endlich wieder ernst geworden. „Alles gut, Aaron. Bianca übertreibt es nur im Moment mal wieder!"
„Das übliche leidliche Thema.." sagte eine tiefe Stimme und ein großer blonder Mann mit Bart und einer Ausstrahlung zum sprichwörtlichen Niederknien kam aus dem Wohnzimmer. „Alpha.."
Die beiden Betas neigten den Kopf.
„Jax, Luna... die Bestellung.. mit den besten Grüßen von Larissa und Emma," sagte Aaron schmunzelnd und stellte die Schachteln auf dem Tisch in der Halle ab.

Sophie schnupperte und murmelte: „Zimt?" Sie lüftete den Deckel und erkannte das Gebäck sofort. Dieses wurde nur zu einer ganz besonderen Gefährtenbund-Zeremonie gebacken... wenn eine Omega in einem Alpha-Bund trat. Und sie war die einzige dieses Rudels, die diese Törtchen selbst je gegessen hatte - als sie einer Gefährtenbund-Zeremonie des Hamburger Rudel im Alter von zwölf Jahren beigewohnt hatte. „Wer ist Emma?" fragte Jax, während er eines der Zimtteilchen griff und genüsslich hineinbiß. „Oh, Göttin... das ist so gut!" unwillkürlich begann Jackson zu schnurren. Irritiert stoppte er das rumpelnde Geräusch und sah verwirrt seine Mutter an. „Okay, ich hab keinen Schimmer, warum ich hier gerade einen auf Katze mache..." Die Luna musterte ihren Sohn, dann sah sie nachdenklich die beiden Betas an. „Diese... Emma... ist sie zierlich? Hattet ihr sofort das Bedürfnis, sie beschützen zu müssen? War sie schüchtern und hilfsbereit?" Oli nickte langsam. „Ja, das kommt hin. Und sie ist eine Schönheit. Mit riesigen unschuldigen Augen... wieso, Luna. Was denkst du?" Die Wölfin drehte eines der Zimttörtchen in den Händen und sagte schließlich: „Ich denke, dass die Möglichkeit besteht, dass die Kleine eine Omega ist. Die Anzeichen sind da..."

Oliver schüttelte den Kopf. „Nein, Luna. Das kann nicht sein. Sie roch nicht nach Wandler oder gar nach Omega. Sie ist einfach ein süßes Menschenmädchen..."
Doch Aaron murmelte nachdenklich: „Sie hat dich gehört.."
Er sah zu seinem besten Freund und fuhr fort: „Ich meine, trotz eingeschalteten Mixer... und du hast NICHT laut gesprochen... ein Mensch hätte das eigentlich nicht hören können..." Oli rieb sich über den Nacken. Dann sah er seinen Alpha an. „Was denkst du, Jax?" Der Alpha sah gedankenverloren auf die kleinen Zimttörtchen. Dann hob er den Blick und betrachtete zunächst seine Freunde, dann seine Mutter. „Also gut. Nehmen wir die Kleine unter die Lupe. Bringt in Erfahrung, was ihr könnt... aber schreckt sie nicht auf!" Alle drei nickten ernst. Die Luna spürte einen Anflug von sehnsüchtiger Aufregung in sich... könnte es möglich sein? Nach all den Jahren? Konnte es tatsächlich wieder Omegas geben? In den letzten Jahren waren die Geburten von Omegas drastisch zurückgegangen und sie waren kostbarer als je zuvor. Die letzte dieser seltenen Wandler hatte sich vor siebenundsechzig Jahren ins Rheingebiet verirrt...

Mitten in die Überlegungen platzen zwei junge Frauen. Eine blond, eine dunkel... beide sehr knapp bekleidet...
„Bruderherz! So wenig wie wir uns sehen, hab ich fast es Gefühl, dass du mir aus dem Weg gehst..."
Die aufgetakelte Blondine umarmte Jax überschwänglich und winkte dann ungeduldig ihre Schwarzhaarige Freundin herbei. Die spielte betont unsicher mit einer Haarsträhne und blickte den Alpha schüchtern unter flatternden Wimpern an.
„Hi, Jax..." flüsterte die junge Delta-Wölfin mit einem zaghaften Lächeln. Jax Wolf schnaubte uninteressiert. Zwar wollte er endlich ein Weibchen, aber das Seelentier hatte trotz allem seine Ansprüche. Dieses hier roch einfach nicht richtig. Er sehnte sich nach dem Duft, der von den Gebäckschachteln aufstieg... nach Butter, Zucker und Zimt...
Die Jagd auf die vermutliche Omega hatte begonnen..!

EmmaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt