Schwimmende Lichter

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EMMA

Klara sah die beiden Frauen scharf an. „Euer Plan hat mehr Löcher als ein Schweizer Käse! Ok... Gehen wir mal davon aus, ihr schafft es tatsächlich an etwa 200 patrouillierenden Kriegerwölfen vorbei, durch die Stadt - und bedenken wir doch bitte, dass ganz Hamburg eine verdammte Wandlerstadt ist, sprich Abertausende Augen und Ohren für den Alpha, also ihr schafft das alles... Ohne erkannt zu werden bis in die Rudelvilla, wo ihr dann nicht nur auf die Kriegerrekruten, deren Ausbilder und das Youngster-Rudel treffen werdet. Selbst wenn ihr wie durch ein Wunder der Göttin das alles hin bekommt... ist da immer noch die Luna und der Alpha persönlich! Und spinnen wir jetzt mal so richtig rum und ihr kommt tatsächlich an all diesen Hindernissen vorbei, in den Keller, der mit absoluter Sicherheit Video-überwacht ist, dann besteht immer noch das Problem, eine Wölfin, die gebrochen, misshandelt und seit 6 verdammten JAHREN in ihrer tierischen Form gefangen ist, zu befreien OHNE das sie euch die Kehle rausreißt!
Habt ihr überhaupt eine Exit-Strategie?"

Sarah und Emma sahen sich unglücklich an. „Sie hat recht, Sarah.. So sehr ich Mia auch befreien möchte... so wenig will ich diesen Monstern wieder ins Netz gehen!" Sarah nickte nachdenklich. „Ganz ehrlich... ich denke, das reinkommen kriegen wir hin. Das Problem wird die Video-Überwachung und die verwilderte Wolfsform sein..." Die schwarzhaarige Frau tippte sich nachdenklich mit dem Zeigefinger an die Nase. „Ich denke, ich muss da einen Experten anrufen... du solltest vielleicht Larissa darauf vorbereiten, dass du unter Umständen ein paar Tage ausfallen wirst..."
Klara warf die Hände hoch und rief verzweifelt: „Ihr wollt das doch nicht wirklich durchziehen?!? Oh, Göttin!!! Bitte tut es nicht!! Die Hamburger sind die reinsten Fanatiker wenn es um ihre Alphafamilie geht... selbst wenn alles gut ausgeht, dämmert da ein Rudelkrieg!" Emma sah sie erschrocken an. „Was meinst du? Weder Sarah noch ich sind offizieller Teil eines Rudels!" Klara sah sie verständnislos an: „Kind, so naiv kannst du doch nicht sein? Sarah ist kurz davor in den Gefährtenbund mit dem ersten Beta des Blackford-Rudels zutreten und du, meine Liebe wurdest vom Alpha des Rheinrudels als Gefährtin erwählt. Auch wenn du dich noch mit Händen und Füßen dagegen wehrst... du wirst die Luna des Rhein werden. Es ist nur eine Frage der Zeit!"

Emma schüttelte wild den Kopf, so dass die rote Lockenflut durch die Luft peitschte. „Nein! Ich hab genug von Alpha-Männchen! Ich will nur backen und so den Menschen Freude schenken!" Die Delta-Wölfin musterte sie traurig. Dann sagte sie leise: „Du willst also niemals eigene Welpen haben? Kleine, niedliche Fellbündel? Einen Gefährten, der dich von ganzem Herzen liebt und ein Rudel, dass alles für dich tun würde?"
Emma sah verstockt zu Boden und spielte mit ihren Fingern. Sarah warf Klara einen kurzen Blick zu und schüttelte unmerklich den Kopf, als Zeichen nicht weiter darauf herumzureiten. Sie kannte Emma und wusste, dass die kleine Omega ein Sturkopf sein konnte.

Draußen ging allmählich die Sonne unter, als es an die Tür klopfte. Klara öffnete und machte einen Schritt zurück. Oli trat mit einem schelmischen Lächeln in den Flur und verneigte sich leicht vor den drei Frauen. „Die Damen... ich würde gerne Emma entführen... Keine Sorge, ihr werdet sie heile und gesund wieder zurückbekommen!" Die rothaarige Omega sah panisch zu Sarah: „Äh... nein! Das geht nicht! Sarah braucht meine Hilfe um..." „Ich hab alles im Griff.. nur ein paar Telefonate und etwas online shoppen... geh nur und hab Spaß!" unterbrach Sarah mit einem breiten Lächeln ihr ängstliches Geplapper.
„Sehr schön! Komm, Kleines!!" Grinsend schnappte sich der Beta ihren Arm, hakte sich unter und zog sie aus dem Haus. „Ok, Beta Oliver... wohin geht die Entführung?" „Also zunächst: lass diesen Beta-Quatsch. Ich bin Oli. Und das nächste: lass dich überraschen!!"
Er hielt Emma die Beifahrertür auf und schnallte sie sorgfältig an. Die junge Frau warf einen Blick zurück und verdrehte die Augen, als sie sah, wie Klara und Sarah mit einem breiten Grinsen wild und begeistert zum Abschied winkten.

„Und jetzt?" fragend sah Emma zu Oli hin, der den Jeep an einem Waldweg angehalten hatte. Der Beta wandte ihr den Blick zu und sagte leise: „Hör zu, Kleines. Mir ist klar, dass du uns noch nicht kennst. Und dass du keinen Grund hast, uns zu vertrauen. Aber wir sind NICHT Hamburg! Die mögen ihren Weg verloren haben, wir aber nicht. Wir sind uns darüber klar, wie unendlich viel Glück unser Rudel hat, dich gefunden zu haben und wir werden alles tun, damit du uns als dein Zuhause ansiehst. Bitte hab keine Angst... ich gebe dir mein Wort, dass du diesen Abend nicht bereuen wirst! Deshalb: steig einfach aus und folge den Lichtern!"
Die junge Frau betrachtete den dunkelhaarigen Mann noch einige Herzschläge, dann beugte sie sich vor und küsste ihn auf die Wange. „Danke Oli..." flüsterte sie, öffnete die Wagentür und kletterte hinaus. Emma straffte die Schultern und folgte dem Waldweg.

Der Pfad war im Abstand von 2 Metern mit kleinen LED Lampen erleuchtet. Eine tiefe Ruhe lag über dem Wald, doch Emma wusste dass sie nicht alleine war. Irgendwo patrouillierten Kriegerwölfe.. im respektvollen Abstand, das schon... aber sie waren da. Emma zuckte mit den Schultern und ging weiter, bis sich der Wald lichtete. Auf der Lichtung vor ihr war ein kleiner See auf dem Hunderte von Schwimmkerzen das Areal in weiches goldenes Licht tauchten. „Oh, wooooow...." hauchte Emma, während sie sich mit riesigen Augen staunend umsah. Langsam trat Jax aus dem Schatten des Waldes und nährte sich ihr. „Guten Abend, Emma.." In seiner warmen, dunklen Stimme schwang der sanfte Hauch eines Schnurrens mit. „Jax..." flüsterte die junge Frau. Aus irgendeinem Grund hatte sie das dumme Gefühl, ihre Stimme würde den Zauber dieses Ortes zerstören... Der Mann stand jetzt vor ihr und reichte ihr seine Hand. „Komm, mein Liebling.." Zitternd legte sie ihre Hand in die seine und ließ sich von ihm an seine muskulöse Brust ziehen. Zärtlich strich Jax ihr eine Haarsträhne aus der Stirn, dann glitten seine Finger über ihre Wangen. Seine intensiven blauen Augen fesselten ihren Blick und die Zeit schien still zustehen, während sie sich einfach nur ansahen.

Sie bemerkte nicht einmal, wie der Alpha sie hochhob und zum Seeufer trug. Dort setzte er die junge Frau auf einer Decke ab und ließ sich nieder. Emma setzte sich ebenfalls und Jax legte seine starken Arme um sie und zog sie an sich. Ist einem leichten zufriedenen Seufzer lehnt sie sich mit dem Rücken gegen seine Brust und genoß die Wärme, die von ihm ausstrahlte. Sein leises Schnurren erfüllte die Luft, sein Atem strich sachte an ihrem Hals entlang und dann spürte Emma, wie seine Lippen kurz und köstlich süß ihren Halsansatz streiften. Das Zirpen der Grillen vermischte sich mit dem sanften rumpeln seines Schnurrens und Emma fühlte vielleicht zum ersten Mal völlige Sicherheit und Geborgenheit.
Klar, sie hatte sich bei den Blackfords auch wohl gefühlt, aber ihre ungewisse Zukunft hatte stets wie eine dunkle Wolke am Horizont gelauert. Doch hier in Jax' Armen, im goldenen Licht der Kerzen und in der Sicherheit der starken, wachenden Kriegerwölfe konnte die junge Frau zum ersten Mal in ihrem Leben los lassen. Sanft strichen seine Finger in kleinen Kreisen über ihre Arme und Emma kuschelte sich tiefer in die Umarmung. Langsam ließ Jax sich nach hinten sinken, so dass Emma zunächst auf seinem Bauch lag, dann drehte der Alpha sich und sie lagen nun Seite an Seite, einander zugewandt. „Hi.."wisperte sie. Ein liebevolles Lächeln ließ seine Augen strahlen. „Hi..." flüsterte er zurück.

Die Zeit verging und die Nacht zog auf, während sie sich ansahen und in den Augen des anderen zu lesen versuchten. Schließlich richtete sich Jax auf und beugte sich über sie. Er stürzte sein Gewicht auf einem Ellbogen ab und streichelte mit der anderen Hand über ihre Wange. Seine Fingerspitzen zogen zart den Amorbogen ihrer Lippen nach, bis sie dann über ihren Hals glitten. Und Emma, gepuscht durch das glühende Verlangen ihrer Wölfin griff mit beiden Händen hoch, verschränkte diese in Jax' Nacken und zog ihn zu sich runter.
Nicht sanft oder zärtlich... nein.. der Kuss war brennende, glühende Lust, ihre Zungen in einem wilden Einklang und die Körper fest aneinander gepresst...

Langsam erloschen die Kerzen auf dem Wasser und die Szenerie wurde nun von dem fantastischen klaren Sternenhimmel überspannt. Emma lag in Jax Armen und schlief tief und fest. Sicher und geborgen ... und zum ersten Mal seit langer Zeit ohne Alpträume...

EmmaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt