Cole kam wenig später.
Er lächelte als er näher kam, doch das änderte sich als er meinen Gesichtsausdruck sah.Ich hatte eine Entscheidung getroffen die mir alles andere als leicht fiel. Besonders wenn er mir so nahe war, mich so ansah.
"Was ist los, Sam?", fragte er leise und setzte sich neben mich. Er ignorierte dabei die Tatsache meiner knappen Bekleidung, die ursprünglich für ihn gedacht war.
Alles erschien jetzt so sinnlos.
"Du musst gehen. Ich hab... Über alles nachgedacht. Ich kann nicht ständig mit dir in einem Raum sein. Mit dir zusammen sein. Ich will das du gehst.", sagte ich. Ich meinte kein Wort ernst.
Völlig entgeistert sah er mich an. Er regte sich nicht, sagte nichts. Alles was ich wollte war das er in Sicherheit war. Weit weg von Egsy und dem Club. Weit weg von mir. Ich konnte nicht zulassen das er wegen mir in Gefahr geriet.
"Ich will das du aus dem Club verschwindest."
Jetzt regte sich etwas. Cole stand auf, fuhr sich wütend durch die Haare. Er rang so sehr um Fassung und lief Gefahr sie jeden Augenblick zu verlieren.
"Wieso, Sam? Wieso jetzt auf einmal?"
Ich musste lügen. So schrecklich lügen, in der Hoffnung er würde mir jedes Wort glauben.
"Bevor du aufgetaucht bist, war alles in Ordnung. Ich mochte den Job hinter der Bar. Egsy war kein Problem für mich, ich hatte seine nervige Art irgendwie schon vergessen. Aber seit du aufgetaucht bist, gibt es nur Probleme. Ständig. Deswegen will ich das du verschwindest."
Ratlos lief er auf und ab, ohne mich aus den Augen zu lassen. Ob er wusste das etwas im argen lag?
Dann fiel sein Blick auf mein spärliches Outfit. Er rieb sich das Kinn, kniete sich dann vor mich hin.
"Sam. Was ist los? Das ist doch nicht dein Ernst was du redest."
Tränen stiegen in meinen Augen auf. Je länger er mir so nah war, desto schlimmer wurde es. Ich konnte ihm nicht die Wahrheit sagen, dennoch griff ich nach seiner Hand. Ich drückte sie liebevoll.
"Cole... Bitte. Tu was ich dir sage."
Er wollte aufstehen. Und vielleicht wollte er auch gehen. Doch ich ließ seine Hand nicht los. Zwang ihn, auf Augenhöhe mit mir zu bleiben. Langsam beugte ich mich nach vorne, berührte sanft seine Lippen.
Er erwiderte den Kuss zögernd, hob seine Hand, strich über meine Wange und lehnte sich näher an mich.-
Es vergingen Wochen.
Wochen in denen ich wie ein Zombie blind umher stolperte.
Die Polizei hatte meine Anzeige zwar zurück gezogen, betrachtete mich dennoch als würden sie ahnen was vor sich ging.Ich hatte Cole lange nicht gesehen und die einzige die mir blieb war Agatha. Wir waren zwar nicht beste Freunde, trotzdem kümmerte sie sich um mich. Eines Abends stand sie wieder vor der Tür.
"Mädel, du musst aufhören. Dringend.", sagte sie und drückte sich an mir vorbei. In der Hand hatte sie wieder etwas zu Essen, das genauso wie die ganzen Mahlzeiten zuvor im Müll landen würde. "Du siehst scheiße aus, Sam."
"Danke. Du bist ein Schatz. Immer einen aufbauenden Satz auf den Lippen."
Sie ließ sich theatralisch aufs Sofa fallen und sah mich an.
"Ich weiß es gefällt dir nicht das zu hören aber es ist die Wahrheit. Was auch immer dich beschäftigt... Werd' es los."
Ich fragte nicht nach Cole, aber Agatha erzählte von ihm. Sie sagte das er sich Egsy gegenüber mehrmals aggressiv gezeigt hatte. Er hatte den Job als Tänzer behalten, auch wenn ich ihn um etwas anderes gebeten hatte. Ich hoffte immer noch das es nur übergangsweise war.
"... Außerdem hat Egsy verkündet das keine Klage mehr gegen ihn oder den Club vor liegt. Er hat unterstrichen wie hinterhältig und böswillig du warst, weil du ihn finanziell ruinieren wolltest. Du hättest Cole's Gesicht sehen sollen."
Autsch. Das hatte ich nicht bedacht!
"Wann war das?", fragte ich.
"Vorhin. Jetzt wo du weg bist muss ich mit Cole die zwei neuen einarbeiten."
In meinem Kopf begannen die Rädchen eine wilde Berg und Talfahrt.
-
Agatha ging um ihre Bar Schicht anzutreten. Wie immer hatte sie kluge Ratschläge parat, die mir aber allesamt nicht halfen.
Es war 22 Uhr und der Club war garantiert zum bersten gefüllt. Trotzdem konnte ich nicht anders als dort aufzutauchen. Schwerfällig bewegte ich mich vorwärts, konnte ich mein Bein immer noch nicht belasten.
Mit der Kapuze tief ins Gesicht gezogen gelang es mir, an den Türstehern vorbei zu kommen.Wie vermutet war der Club brechend voll. Die neue Tänzerin die ich erblickte ließ sich von der johlenden Männer Meute um sie herum sogar anfassen - anders als ich zuvor.
Doch der schöne Mann am Ende des Weges erregte meine Aufmerksamkeit.
Cole.
Ich lächelte, lief auf ihn zu... Und blieb abrupt stehen. Die junge Frau in seinem Arm hielt mich davon ab, mich weiter zu bewegen.
Aus irgendeinem Grund drehte Cole sich genau in dem Moment um, als ich die Flucht ergreifen wollte."Sam?", rief er mir nach. Zu leise für die Masse um es zu hören, doch laut genug für mich.
"Sam!"Ich versuchte mich so schnell es ging nach vorne zu bewegen, drängte mich an tanzenden Leuten vorbei, doch er holte mich schneller ein als ich vorwärts kam.
"Sam! Was machst du hier? Jetzt warte doch!"
Schließlich berührte seine Hand meinen Arm. Die Berührung schoss durch mich hindurch wie ein elektrischer Schlag. Cole schirmte mich von der Menge ab, gab mir Schutz... Oder tat er es weil Egsy nicht weit weg war und mein Rauswurf nur davon abhing wie lange es dauerte bis er mich entdeckte?
"Sag was!", forderte Cole wirsch. "Seit Wochen höre ich nichts von dir. Auf Anrufe reagierst du nicht. Und dann erfahre ich heute das du die Anzeige zurück gezogen hast... Und jetzt? Jetzt tauchst du in der Menge auf. Was soll das Sam?"
Es brachte nichts. Ich konnte lügen und lügen und lügen, doch das Kartenhaus würde in sich zusammen fallen.
"Ich wollte dich sehen.", gestand ich. "Ich... Ich wollte mich vergewissern das es dir gut geht."
Cole rieb sich wütend durchs Gesicht, doch diese Wut verpuffte schneller als sie aufkam. Mit einem liebevollen Blick bedachte er mich, ehe seine Fingerspitzen mein Gesicht berührten.
"Du hast mich raus geworfen. Was denkst du denn wie's mir geht."
Ich sah ihn an.
"Gut genug das du lächelnd mit irgendwelchen Frauen im Arm herum stehen kannst.. Genau dort, wo du nicht sein solltest. Ich hatte dich darum gebeten, Cole. Du solltest nicht hier sein."
Er kam näher. Seine Hände waren zu beiden Seiten meines Kopfes gegen die Wand gestützt.
"Was willst du wirklich!?"
Mein Herz raste. In Anbetracht der Umstände aber nicht nur wegen Cole. Ich war verbotenerweise genau dort, wo all das Unheil seinen Lauf genommen hatte. Unweit von einem Mann, der sich Zugang zu meiner Wohnung verschafft und mich bedroht hatte. Und warum?
Weil ich Cole unbedingt sehen musste. Ich wollte ihm nahe sein, auch wenn es gefährlich war. Alles was ich zu ihm sagte war nichts weiter als ein Widerspruch, wenn man die aktuelle Lage bedachte."Ich komme nachher bei dir vorbei. Lass mich nicht vor der Tür stehen, Sam.", flüsterte er. Bevor er sich von mir entfernte vergewisserte er sich das Egsy nicht in Reichweite war.
So konnte ich unbemerkt verschwinden.
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Sam
RomanceSam hat einen miesen Job und einen noch mieseren Chef. Da ist es wenig hilfreich, das ihr neuer Kollege der heißeste Typ der Stadt ist... Oder?