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Wie konnte man jemanden ignorieren, mit dem man eng zusammen arbeiten musste?

Tja, ich hatte nicht gedacht das es sich als so schwierig erweisen würde. Natürlich hatte Cole mehrfach versucht mit mir zu reden - vergeblich. Mir saß der Verrat noch im Nacken und zusätzlich hatte ich ein schlechtes Gewissen gegenüber der armen Frau, die nichtsahnend mit einem Tänzer zusammen war, der sie betrogen hatte. Vielleicht war ich auch nicht mal die erste, mit er er fremd gegangen war?

Er stand direkt neben mir.

Ich konnte sein Parfüm riechen und es erinnerte mich irgendwie an ein Feld voller Mohnblumen, durch das ich als kleines Mädchen gerannt war. Ich versuchte den Gedanken daran abzuschütteln und mich auf das zu konzentrieren, das sich direkt vor mir abspielte.

Egsy hatte die grandiose Idee Handwerker einmarschieren zu lassen. Diese befestigten schwere Ketten oberhalb des Käfigs und wuselten geschäftig herum um noch weitere Dinge zu installieren. Was genau sie da trieben wusste nur unser herzallerliebster Chef.

Nach einer Stunde hielt Egsy es für angemessen uns zu beachten. Er lächelte merkwürdig.

"Sooo. Da die Arbeiten fast abgeschlossen sind kann ich euch ja in die neuen Pläne einweihen. Die Männer installieren gerade bestimmte Vorrichtungen und Eingabefelder. Damit kann ich vom Büro aus und an einem versteckten Ort innerhalb des Clubs dafür sorgen das der Käfig in dem ihr tanzt hochgezogen wird. Ihr schwebt damit dann praktisch über der Tanzfläche. Der Käfig bekommt einen Panzerglas Boden, der gerade verbaut wird. Somit haben die Gäste von unten, die nicht im VIP Bereich sind auch volle Sicht... Auf alles."

Was zum Teufel war in diesen bescheuerten Mistkerl gefahren?

"Nein."

Es schoss aus mir heraus ohne das ich darüber nach dachte. Egsy's Gesicht veränderte sich binnen von Sekunden und auch Cole versteifte sich neben mir.

"Ich habe genug. Ich hab mich für die Bar beworben und immer einen guten Job gemacht. Ich hatte nie Probleme mit den Kunden und wenn, konnte ich es auf meine Art regeln.
Jetzt werde ich erneut in diese scheiße hier rein gezwungen und ich habe genug. Seit ich tanzen muss habe ich mehr Probleme als jemals zuvor. Davon abgesehen das ich den Teufel tun werde um in einer schwindelerregenden Höhe mit Cole zu tanzen. Ich verzichte. Danke."

Ich gab Egsy keine Chance mich an zu brüllen. Blitzschnell griff ich nach meiner Tasche und war bereits auf dem Weg nach draußen als mich Cole einholte. Jetzt war ich so in Rage das ich mich auch bei ihm nicht mehr zurück halten konnte.

"Vergiss es! Wag es ja nicht mich überreden zu wollen. Ich mach das nicht! Es reicht! Ich hab euch Schwanz gesteuerten Vollidioten alle so satt!"

"Sam."

Sein Blick war ernst, aber er machte keine Anstalten sich mir zu nähern. Offenbar hatte er gemerkt das ich stinksauer war und mich notfalls auch gegen ihn zur Wehr setzen würde. Ganz gleich ob ich damit Erfolg hatte oder nicht.

"Ich verstehe deine Bedenken. Ich verstehe auch das du sauer auf mich bist. Was das angeht kann ich die Wogen glätten, wenn du mich lässt... Und wenn du nicht im Schwebe Käfig tanzen möchtest, dann rede ich mit Egsy. Gib mir wenigstens eine Chance es zu versuchen."

Meine Hand rutschte aus und landete krachend an seiner Wange. Ich war erschrocken darüber und wich instinktiv zurück - nicht aus Angst er würde es erwidern, sondern weil ich selbst damit nicht gerechnet hatte. Er rieb sich die Stelle die meine Hand berührt hatte und nickte.

Blitzschnell preschte er nach vorne. Er wirkte wütend. Ich konnte ihn nicht abschütteln da seine Hand sich wie ein Schraubstock um mein Gelenk gelegt hatte. Er zog mich mit sich, bis zu seinem Wagen, stieß grob die Tür auf und schob mich auf den Sitz. Meinen Protest wegen dieser Aktion ignorierte er.

"Ich bin es echt leid mit dir Sam. Ich meine, ich geb mir echt die größte Mühe. Und weißt du wieso? Weil ich dich mag. Weil ich spüre das tief in dir ein Feuer existiert das du nicht an die Oberfläche kommen lassen willst. Und ich weiß das du impulsiv und temperamentvoll bist. Ich hab echt viel Geduld mit dir gehabt. Und JA! Du weißt nicht mal im Ansatz wer ich bin oder was ich bisher in meinem Leben durchgemacht habe.
Du nimmst einfach das schlechteste von mir an und denkst dann das es stimmt. Das muss aufhören. Ich zeige dir jetzt meine Freundin. Wir fahren direkt hin."

Ich war so in Schockstarre verfallen das ich nicht darüber nachgedacht hatte aus dem Auto zu fliehen. Stattdessen beobachtete ich Cole wie er um den Wagen herum ging, die Fahrer Tür aufriss und sich in den Sitz fallen ließ. Wenige Minuten später fuhr er los.

-

Mittlerweile waren wir außerhalb der Stadt. Das satte Grün um uns herum ließ die Probleme die wir zurück gelassen hatten verblassen. Je weiter wir fuhren desto mehr und mehr beschlich mich ein ungutes Gefühl - was hatte er vor?

An der nächsten Kreuzung bog er links ab. Wir fuhren einen schmalen Weg entlang, bis wir ein riesiges Haus erreichten. Das Gebäude kam mir bekannt vor und doch konnte ich nicht sagen woher.

Cole's Wut auf mich schien etwas weniger zu sein, als er mir die Tür öffnete und mir die Hand hin hielt.

"Komm."

Zögernd ergriff ich seine Hand, wollte ihn nicht komplett zum ausrasten bringen und erstmal die Lage sondieren ehe ich mich gegen ihn stellen würde.
Doch als wir das Haus betraten blieb ich stehen.

Jetzt wusste ich wieder, woher ich dieses Haus kannte. Es war mehrfach in den Medien und Nachrichten aufgrund seines guten Rufs. Das Personal lief geschäftig hin und her und hier und da sah ich alte aber auch junge Menschen, die auf die Hilfe des Personals angewiesen war. Cole bemerkte mein zögern.

"Das ist das Roadcliff. Ein Pflegeheim. Maggie ist schon seit 5 Jahren hier.", stammelte er.

Wer war Maggie? Etwa Cole's Freundin? War sie hier angestellt?

Er zog mich weiter mit sich, grüßte das Personal und bog dann zu einer Treppe ab, die er mit eiligen Schritten empor stieg. Ich hatte meine Liebe Mühe Schritt mit ihm zu halten.

Am Ende des Ganges blieb er vor einer angelehnten Tür stehen.

"Maggie hatte vor 5 Jahren einen Unfall den ich verursacht habe. Seitdem ist sie ein Pflegefall. Ich kümmere mich um sie und hin und wieder, wenn sie einen klaren Moment hat und mich erkennt, bittet sie mich mein Leben wieder in Gang zu bringen.
Du glaubst also das ich sie betrogen habe? Dann frag sie. Sag ihr das wir miteinander Sex hatten. Ich weiß was sie darauf sagen wird.
Maggie will nicht das ich den Rest meines Lebens an ihrem Bett verbringe und mich weiter in Selbstmitleid und Schuld wälze. Sie will das ich glücklich bin. Das ich jemanden finde, der mich stärker macht. Mich bereichert. Tja, nur blöd das mein verdammter Kopf sich auf dich eingeschossen hat."

Ich stand mit offenem Mund da und wusste nicht, was ich sagen sollte. Natürlich war ich bei Cole direkt vom schlimmsten ausgegangen, schließlich war er heiß und attraktiv und er wusste das er bei den Damen sehr gut an kam. Deswegen hatte ich ihn schnell in die falsche Schublade gepackt.

Wieder griff er nach meiner Hand und zog mich mit sich. Ich wollte nicht... Ich konnte nicht... Und doch ließ ich zu, daß er mich direkt bis zu Maggie ans Bett zerrte.

"Hey mags... Ich hab jemanden mitgebracht die ich dir gern vorstellen würde..."

Seine Stimme war so leise, so sanft... Anders als mein  Gewissen, das laut und tosend tobte und mich beschämte.

Ich hatte ihn komplett falsch eingeschätzt...

Sam Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt