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Meinen freien Tag nutzte ich kurz darauf so unspektakulär wie möglich. Ich schlief etwas länger als üblich, joggte halbherzig eine große Runde bis zu einem kleinen Café, indem ich mir dann einen belegten Bagel und einen Kaffee gönnte und schlenderte anschließend wieder zurück nach Hause. Den Umweg über den kleinen Park nahm ich jedes Mal wenn ich frei hatte in Kauf.

Die Ruhe, die ich so dringend brauchte und genoss, wurde jäh zerstört, als 2 Männer in Sportkleidung meinen Weg kreuzten. Sie pfiffen und riefen mir nach, doch sobald sie bemerkten das ich sie ignorierte wurden sie aufdringlicher und verfolgten mich.
Einer von ihnen, ein großer dunkelhaariger mit typischer Fitness-Studio Statur holte mich ein und riss mich an der Schulter zu sich herum.

"Hey, bleib stehen wenn ich mit dir rede, Püppchen. Du bist doch die Kleine die im Käfig getanzt hat, oder?"

Na toll. Jetzt verfolgte Mich diese Peinlichkeit aus dem Club sogar bis in mein Privatleben. Ich schüttelte seine Hand wenig damenhaft von mir ab und wollte weiter meiner Wege gehen, doch er ließ mich nicht. Er wartete, bis sein Kumpel uns erreichte und gemeinsam kesselten sie mich ein. Am hellichten Tag in einem gut besuchten Park.
Die anderen Besucher schauten weg. Keiner hatte den Mumm einzugreifen.

"Also ich wäre ja dafür das du uns eine Privat Vorstellung gibst. Das war echt heiß!", murmelte der dunkelhaarige, während sein Kumpel - ein etwas kleinerer blonder Typ mit Sommersprossen - lächelnd daneben stand.

Nur eine Gehirnzelle weniger und beide hätten wie sabbernde Hunde vor mir gestanden, dessen war ich mir sicher. Doch diese Erkenntnis half mir gerade wenig. Je mehr ich mich gegen sie zur Wehr setzte, sie weg schob oder mich an ihnen vorbei drücken wollte, desto übergriffiger wurden sie.

Der dunkelhaarige akzeptierte kein Nein.

"LASST mich in Ruhe!", zischte ich, doch sie hörten nicht auf. Je mehr ich mich gegen sie wehrte, desto schlimmer wurde es. Ich saß in der Falle.

Plötzlich ertönte eine Stimme hinter mir.

"Ihr habt die Dame gehört. Na los, verzieht euch!"

Völlig verwirrt blieb ich stehen und beobachtete die beiden Idioten vor mir.
Der dunkelhaarige lächelte dümmlich, als wäre das ganze nur Theater.
Die Hand der Person hinter mir griff nach mir und zog mich weg. Die leicht angerauten Hände bestätigten meinen Verdacht, den ich wegen meines Retters hatte.
Es war Cole.
Einerseits war ich froh das er aufgetaucht war, andererseits war er jetzt nicht unbedingt meine erste Wahl wenn es um Gesellschaft oder Rettung bedrängter Frauen ging.
Ich wollte mich bedanken,  bekam aber kein Wort heraus. Wir verließen den Park und allmählich entspannte ich mich. Ich traute mich sogar in seine Richtung zu blicken.

Bei Tageslicht sah dieser Mann sogar noch besser aus. Der gepflegte Bart, die vollen schönen Lippen... Die Sonne, die seine Augen noch heller wirken ließen als ohnehin schon. Er war verboten gutaussehend.
Wir hielten Schritt miteinander, doch ich bemerkte die Unruhe die von ihm ausging.

"Hey, äh... Danke. Das hättest du nicht tun müssen, wirklich.", fing ich flach an um irgendwie ein Gespräch zustande zu bringen, gleichzeitig aber auch, um die Situation etwas aufzulockern.

"Sie werden nicht mehr in deine Nähe kommen, keine Sorge."

Das war das einzige was er erwiderte. Es wirkte etwas grotesk. Bei meinem Job war es fast schon normal angegraben zu werden - und schlimmeres wenn man nicht so auf die Versuche reagierte, wie manch einer es wollte.
Ich kam irgendwie immer damit klar und konnte auf mich aufpassen, doch das gerade war anders und wirkte durchaus bedrohlicher.

Nicht, daß allein die Käfig Sache und Egsy daran Schuld waren... Natürlich hatte dieser Punkt eine Mitschuld. Es war viel eher der Umstand das manche Menschen nicht begriffen wann sie eine Grenze überschritten.
Etwas aus dem Job ins private zu verfrachten und denjenigen dort dann zu geiseln zeigte ganz eindeutig, welches Geisteskind dort am Werk war.

Ich fühlte mich nicht mehr wohl und wenn ich den Umstand bedachte Morgen Abend wieder im Käfig zu sein, wurde mir sogar schlecht.

"Ich, äh... Ich muss zu Egsy. In den Club.", sagte ich rasch und lief schneller. Cole wirkte skeptisch, folgte mir jedoch.

"Warte... Du hast doch heute frei, oder?", fragte er und hielt mit mir Schritt. "Was willst du dann im Club?"

Was ich vor hatte wollte ich nicht verraten. Ich wollte nicht riskieren, daß er mich aufhalten würde.

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"... Tja, dann müssen wir eben auf dich aufpassen. Die Leute mögen die Show die ihr beiden veranstaltet. Ich kann sie nicht absägen weil du dich in deiner Privatsphäre eingeschränkt fühlst. Womöglich wollten die Herren dich nur auf eine Cola einladen und du machst jetzt ein riesen Ding daraus.", warf mir Egsy entgegen. Ich dachte, mich verhört zu haben, doch er meinte das tot ernst.

Nachdem ich in den Club gestürmt war und Egsy fand, sagte ich ihm das ich nicht weiter tanzen würde. Ich erklärte was mir passiert war und machte deutlich das ich das auf keinen Fall erneut erleben will... Oder gar etwas schlimmeres.

Es war ihm schlichtweg egal...

Selbst Cole, der meinen Standpunkt offenbar sehr wohl nachvollziehen konnte, prallte an Egsy's Mauer der Ignoranz ab.

Wutentbrannt verließ ich daraufhin den Club, ohne auf Cole's Rufe zu reagieren. Er folgte mir nicht mehr, sondern blieb zurück.

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Die restliche freie Zeit verbrachte ich mit Grübeleien. Ich genoss meine Freizeit keineswegs, sondern versuchte mich mental auf das bevorstehende vorzubereiten. Ich musste mich wieder den gierigen Blicken aussetzen, auch wenn die Gefahr eines Übergriffes durch das was im Park geschehen war rasant anstieg.

Alles, worauf ich mich verlassen konnte war ich selbst.

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In dieser Nacht schlief ich einen grauenhaften Schlaf, dicht gefolgt von noch grauenhafteren Träumen.

Sam Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt