33 | wieder vereint

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ALICIA SIERRA

Es ging mir beschissen.

Ich lag auf einem Sofa. Das Polster war viel zu weich für meine gebrochenen Rippen, deshalb setzte ich mich vorsichtig auf und berührte meine glühend heiße Stirn. Hitzewellen jagten durch meinen Körper.

Ich hielt es nicht aus und öffnete den Reißverschluss vorne an meinem Overall, um... Warte, welcher Overall?

,,Wir haben uns die Freiheit genommen, Ihren Stil anzupassen. Rot steht Ihnen fantastisch, Inspektora", ertönte die Stimme eines Mannes, der neben dem Aquarium stand und interessiert die Fische beobachtete. Leicht trommelte er gegen das Glas, dann richtete er sich auf und zeigte mir sein breites Grinsen. ,,Señora Sierra, ich heiße Sie in der Banknotendruckerei Spaniens willkommen."

Andrés de Fonollosa.
Der Mann, der die Lebensbeweise in eine alberne Show verwandelte und sich nun aufführte, als sei es eine große Ehre, hier zu sein.

,,Sie haben mich ausgezogen, während ich bewusstlos war?", fragte ich. Unfassbar!

,,Es gibt nichts an der weiblichen Anatomie, was mir nicht bekannt wäre, Inspektora. Allerdings kann ich Ihnen versichern, dass diese Ehre nicht mir, sondern Señorita Tokyo gebührte."

Ich fand den Gedanken von Tokyo ausgezogen zu werden keineswegs besser.

Berlin fuhr ungerührt fort. ,,Der Arzt verordnet strenge Ruhe und da wir keine Unmenschen sind, werden wir das natürlich nicht verweigern. Sie haben es auf unserem Sofa bequemer als Raquel im Hangar, Inspektora."

,,Du musst etwas Essen", machte jemand anderes auf sich aufmerksam. Maddie kam herein, nahm eine vom Essen übrig gebliebene Box Nudeln und gab sie mir.

Resigniert betrachtete ich die Nudeln, welche ich auf den Boden stellte. ,,Ich verzichte."

Berlins Mundwinkel zuckten amüsiert nach oben, Maddie hob besorgt eine Augenbraue. ,,Mamá, bitte. Du bist nicht grundlos zusammengebrochen. Der Professor hat gesagt, dass..."

Ich wollte nicht, aber schlussendlich brach das Lachen einfach aus mir heraus. ,,Kennt ihr den Film mit den sprechenden gelben Kartoffeln. Die, die so große Augen haben und diesem Verbrecher dienen? Warte, ich habs gleich..."

Berlin und Maddie tauschten einen sichtbar verwirrten Blick, als zweifelten sie meinen geistigen Zustand an.

Ich klatschte begeistert in die Hände. ,,Ah genau, es waren die Minions."

Abwartend sah ich die beiden an. Kapierten sie wirklich nicht, worauf ich hinauswollte. Eine Schande! ,,Ihr beide seid wie die Minions. Die treuen Minions des Professors."

Berlin setzte zu einer Antwort an, wurde aber von seinem Funkgerät abgelenkt. ,,Ich habe anderweitig zu tun. Maddie, du passt auf unseren Gast auf. Lass sie auf keinen Fall aus den Augen, ich schicke gleich jemand anderen für diese Aufgabe."

Berlin verabschiedete sich und verschwand. Damit blieben Maddie und ich alleine zurück. Maddie ließ sich neben mich auf das Sofa sinken und legte eine Hand auf meine Schulter. Als sie merkte, wie ich mich versteifte, ließ sie sie wieder sinken.

Eine sehr unangenehme Stille entstand.
In diesem Augenblick waren wir nicht Mutter und Tochter, sondern zwei Fremde, die nebeneinander auf dem Sofa der Bankräuber saßen.

,,Was soll das? Hältst du dich für ne knallharte Verbrecherin?", durchbrach ich das Schweigen endlich. Ich wollte es verstehen. ,,Du bist nicht wie sie. Das sind Mörder, Diebe und Drogendealer."

Maddie seufzte leise. ,,Wann verstehst du endlich, dass ich längst zu ihnen gehöre?"
Vermutlich nie.
,,In meinem ganzen Leben habe ich nie dazugehört. In der Schule gab es Probleme, weil ich lesbisch bin, hinterher ist es mir auch nie gelungen, meinen Platz zu finden. Ja, Tokyo ist eine Mörderin, Berlin ein Dieb und Nairobi hat mit Drogen gedealt, aber diese Menschen haben mich aufgenommen und mir gezeigt was es heißt, bedingungslos zusammenzuhalten und zu lieben."

Criminal Love [1] ˡᵃ ᶜᵃˢᵃ ᵈᵉ ᵖᵃᵖᵉˡ ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt