37 | abschiede

129 16 17
                                    

Unsere Komplizen würdigten Alicia keines Blickes, Nairobi begleitete mich. Ohne ihre Stütze sah es mit meiner Fortbewegung jämmerlich aus und ich wollte sie auch aus anderen Gründen dabeihaben. Sie gab einem das Gefühl, alles schaffen zu können.

Mamá öffnete den Mund, aber diesmal ließ ich sie nicht zu Wort kommen. ,,Heute hast du jemandem wehgetan, der mir viel bedeutet. Im Tresorraum hast du auf sie geschossen und anschließend hast du sie niedergeschlagen."

,,Maddie..."
Alicia wirkte niedergeschlagen und erschöpft, dennoch wachsam.

,,Nein", unterbrach ich sie. ,,Nairobi ist meine Freundin. Ich liebe sie und ich werde mein restliches Leben an ihrer Seite verbringen. Ich weiß nicht, ob wir uns jemals wiedersehen, aber verlierst du noch ein schlechtes Wort über sie, werde ich dich in alle Ewigkeit hassen."

Ich drückte Nairobis Hand fester und die Worte sprudelten nur so aus meinem Mund heraus. ,,Es ist deine Entscheidung, ob wir im Guten auseinandergehen oder nicht."

Nun wandte ich mich an meinen Stiefvater. ,,Schön, dich wiederzusehen. Pass auf sie auf, wenn ich weg bin. Versprich es mir."

Gérman lächelte und nickte zustimmend. ,,Ich liebe dich wie meine eigene Tochter. Das weißt du, oder?"

,,Ich habe nie daran gezweifelt."

Er nickte nun auch Nairobi zu. ,,Willkommen in der Familie."
Es kostete ihn schon Überwindung das zu sagen, aber er tat es für mich. Das schätzte ich.

Nairobi sah aus, als fiele ihr Geburtstag mit Weihnachten auf einen Tag. Sie ließ mich vorsichtig los und fiel Gérman um den Hals, der zunächst etwas überfordert war, weil er an einen Stuhl gefesselt war und Nairobi eine Kriminelle, die er nicht kannte. ,,Schön, Sie kennenzulernen. Im Gegensatz zu Ihrer Frau sind Sie sehr sympathisch."

,,Nairobi!", zischte ich kopfschüttelnd und verdeutlichte ihr mit zahlreichen Handbewegungen, dass sie an dieser Stelle lieber den Mund hielt.

Nairobi klopfte Gérman auf die Schulter und wandte sich an Alicia. Ihre Laune sank in den Keller, aber sie hielt sich erstaunlich gut in Zaum. ,,Wären Sie nicht Sydneys Mutter, würde ich Ihnen jedes Haar einzeln ausreißen, aber ich will besser sein als Sie und beweisen, dass ich die Richtige für Maddie bin."
Nairobi grinste mich, stolz auf ihre eigenen Worte, breit an. ,,Ja, ich bin kriminell, aber das ist nicht meine Identität."

Ich fand es erstaunlich, wie sehr meine Mutter sich zusammenriss. Ihr Blick war undurchschaubar kühl, aber auch traurig. ,,Du wirst es bereuen, dass du mir meine Tochter weggenommen hast, Ágata", versprach sie ohne eine Erklärung. Ich seufzte leise. Es wäre zu schön gewesen, wenn sich alles zum Guten wendete.
Dann verhakten sich unsere Blicke ineinander. Ohne es zu wollen, erkannte ich einiges von mir selbst in ihren Augen. ,,Verlass mich nicht."

,,Ich habe keine Wahl."

,,Verlass mich nicht", wiederholte Alicia.

Gérman schenkte ihr einen besorgten Blick, aber auch er stand auf ihrer Seite. ,,Es ist noch nicht zu spät, eine Entscheidung zu treffen."

,,Ich habe sie getroffen", sagte ich und hauchte Nairobi einen Kuss auf die Lippen. Anschließend humpelte ich zu Gérman, um ihn fest zu umarmen. ,,Das ist nicht das Ende unserer Familie."

Ich umarmte auch Mamá, die an den unnachgiebigen Fesseln riss und sich erst nach einigen Sekunden entspannte. ,,Ich liebe dich", flüsterte sie.

An dieser Stelle gab es viel zu sagen und gleichzeitig auch nichts. Ihre Worte berührten mich zutiefst.

Aber es gab nichts mehr hinzuzufügen. Ich wandte mich ab und drehte mich nicht mehr um aus Angst, doch noch in Tränen auszubrechen. Nairobi und ich gesellten uns zu den anderen. Gut die Hälfte unserer Gruppe hatte sich schon umgezogen.

Criminal Love [1] ˡᵃ ᶜᵃˢᵃ ᵈᵉ ᵖᵃᵖᵉˡ ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt