Kapitel 7

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Ich hatte heute Morgen nur gewonnen,

weil er nie vorhatte mich allein zu lassen.

>> Harlow <<

Ich linste aus der Küche ins Wohnzimmer. Da lag er. Auf meiner Couch und schlief seelenruhig. Es war kein Traum gewesen, dass ein Wildfremder in meiner Wohnung aufgetaucht war und es sich einfach bequem gemacht hatte.

Wer war dieser Typ? Ich wusste nichts über ihn. Er gab einfach nichts von sich Preis. Was für eine Art Spielchen war das?

Ein kleiner Teil von mir genoss es. So ehrlich konnte ich zu mir sein. Meine frühere Therapeutin hatte immer gemeint, dass es wichtig war, ehrlich zu sich selbst zu sein. Ich konnte es zugeben. Dieses Geheimnisvolle. Dieses Badboy-Getue. Es reizte einen Nerv in mir. Das muss auch der Grund gewesen sein, weshalb ich es zugelassen hatte, dass er hierblieb. Das war wahrscheinlich auch der Grund, weshalb ich mich ihm einfach an den Hals geschmissen hatte. Seine Lippen hatten einfach meine Synapsen gekappt und ich hatte nur noch reagieren können.

Nichtsdestotrotz wollte ich mehr wissen. Ich wollte wissen, wen ich da in mein Haus gelassen hatte. Was täte ich, wenn er ein Psychopath war? Würde ich dann vor ihm davonlaufen? Diese Frage konnte ich nicht beantworten. Ich tickte selbst nicht ganz sauber. Ich war kaputt, deswegen kämpfte ich auch täglichen mit meiner sozialen Unfähigkeit. Vielleicht war ich die Psychopathin in dieser Geschichte und er wusste es. Vielleicht veranstaltete er deswegen dieses Theater, weil ich es nicht lange in der Nähe eines normalen Menschen aushielt. Immerhin hatte ich nur noch selten Alpträume, aber dafür hatte ich auch hart gekämpft.

Das änderte nichts daran, dass ich neugierig war. Das Portemonnaie auf meinem Wohnzimmertisch lachte mich geradezu an. Der Kerl schlief tief und fest. Wenn ich leise genug war, könnte ich zumindest herausfinden, wie er hieß.

Auf Zehenspitzen schlich ich mich heran, dabei hielt ich die Luft an. Ich wollte kein einziges Geräusch verursachen. Das hier bliebe mein Geheimnis. Ich streckte die Hand aus, berührte das braune Leder, ehe ich es umgriff. Jetzt nur noch vorsichtig anheben. Meine Hand befand sich auf halben Weg, als ich den Arm nicht mehr bewegen konnte. Ich versteifte mich.

„Bestiehlst du mich?"

Mein Blick schnellte zu dem Mann auf der Couch. Er trug kein Hemd. Holy Cow! Ein Arm lag hinter seinem Kopf, dabei trat sein Bizeps stark hervor. Ich sollte wirklich nicht weiter schauen, doch ich konnte mich nicht bremsen. Definierte Brustmuskeln. Auf seinem Bauch konnte man glatt Wäsche waschen, so stark war das Sixpack ausgeprägt. Dann bestätigte der Mann vor mir, dass es kein Mythos war. Es stand nicht nur in meinen Büchern. Es gab es wirklich. Er hatte seitlich schräge Bauchmuskeln, die sich zu einem V formten. Mein Blut geriet in Wallungen. Das konnte es gar nicht geben. Diese Muskelpartie war genauso häufig anzutreffen wie Einhörner!

„Gefällt dir, was du siehst?"

Blut schoss mir in den Kopf, ließ meine Wangen glühen. Er hatte mein Starren bemerkt, aber ich konnte nicht wegsehen. Meine Finger zuckten, wollten die Linien nachfahren, weil ich unbedingt wissen wollte, wie sie sich anfühlten. Der Kerl war pure Perfektion. Er müsste als Körpermodel arbeiten. Jede Unterwäschemarke wäre dankbar ihn in der neuesten Kollektion ablichten zu dürfen. Selbst ich würde am liebsten Bilder von ihm schießen, um dieses Antlitz für die Nachwelt zu bewahren und eventuell auch, um mich selbst daran zu ergötzen.

„Du kannst mich auch anfassen", forderte er mich auf.

Ich hatte es bisher nicht geschafft auch nur einen Ton von mir zu geben. Das alles hier war so surreal.

Sein zerbrechlicher BesitzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt