Teil 2

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Ich war nie die absolute Weihnachtsfanatikerin gewesen. Ich war auch keine Hasserin, aber wenn man aus einer Stadt kam, die aus der Adventszeit eine vierwöchige, völlig übertriebene Feier machte, war man nun mal ganz froh, damit nicht jedes Jahr etwas zu tun zu haben. Daher war Adventsplanerin auch nicht gerade mein Traumjob. Aber es bedeutete gutes Gehalt. Zudem konnte ich ja Geld sparen, durch die Untervermietung meines WG-Zimmers. Und meine Eltern hatten mich fröhlich in Empfang genommen. Sie waren froh, mich mal wieder für einen längeren Zeitraum zu sehen. Ich musste mich allerdings erst wieder daran gewöhnen, zu Hause zu leben. Das Gute war jedoch, dass ich Tine neben der Arbeit nun wieder öfter treffen konnte.

„Wie war deine erste Woche?", fragte Tine, als wir gemeinsam bei unserem Lieblingsitaliener saßen.

„Spannender als ich gedacht hätte", gab ich zu.

In der Tat hatte ich mich gut eingefunden, die Kollegen waren sehr freundlich und hilfsbereit. Meine Hauptaufgaben hatten damit zu tun, die Events der kommenden Wochen zu planen, darunter Konzerte, Theaterstücke, der kleine Adventsmarkt im Park des Hotels, der Aufbau der Eisfläche oder auch ein Winterzirkus. Das Angebot war vielfältig. Und ich musste den Überblick behalten.

„Wie ist es denn ansonsten in dem großen Hotel?", fragte Tine. „Bekommst du viel von den Gästen mit?"

„Noch nicht. Bislang stecke ich vor allem in den Planungen, telefoniere viel, überprüfe Lieferbestellungen und hänge die Dekorationen auf. Ansonsten versuche ich unsichtbar zu sein. Allerdings wird sich das vermutlich bald ändern."

„Wieso das denn?"

„Weil ich auch dabei helfen soll, die Gäste zu beraten, herumzuführen und zu bespaßen. Ich hoffe nur, dass ich dafür kein dämliches Kostüm tragen muss."

Tine lachte. „Ich könnte mich dich nicht unbedingt in einem Weihnachtsmann-Kostüm vorstellen."

„Das ist zum Glück schon vergeben. Das trägt wie jedes Jahr Henri. Kannst du dich noch an ihn erinnern?"

„Ja, stimmt. Er gehört zu Weihnachten bei uns einfach dazu. Der lief doch schon so durch die Stadt, als wir noch Kinder waren. Was macht er eigentlich sonst noch? Das habe ich mich nie gefragt."

„Keine Ahnung. Aber ich hoffe, dass ich nicht zum Engel oder Weihnachtswichtel werden muss."

„Dann bräuchte ich auf jeden Fall ein Foto."

Den Rest des Abends verbrachten wir damit, uns die grässlichsten Kostüme auszumalen. Es war schön, wieder gemeinsam im Restaurant zu sitzen und zu wissen, dass man sich jetzt öfter sehen konnte. Trotzdem vermisste ich München, das Gewusel, die vielen verschiedenen Leute und auch ein wenig die Anonymität der Großstadt, in der man sich zurückziehen konnte. Mittlerweile wusste nämlich die gesamte Nachbarschaft meiner Eltern, dass ich wieder hier war und ich wusste nicht, wie ich das finden sollte. Es fühlte sich an, als hätte ich versagt und es in der Großstadt nicht geschafft. Und ich wollte nicht, dass andere so etwas über mich dachten. Es war schon schlimm genug, dass ich das über mich selbst dachte.

Um das Tragen eines auffälligen Kostüms war ich zum Glück drumherum gekommen. Aber ich war dazu angehalten, stets ein Klemmbrett mit mir herumzutragen, das mit künstlichem Tannengrün verziert war. Dadurch war es allerdings ziemlich unhandlich, zudem brauchte ich es gar nicht unbedingt. Aber für die Gäste war es mein Erkennungszeichen.

Mittlerweile hatte sich das Hotel immer mehr gefüllt. Das erste Adventswochenende stand an und die letzten Vorbereitungen liefen auf Hochtouren. Ich eilte also mit meinem Klemmbrett durch die Gegend, um meine Checkliste fleißig abzuarbeiten. Die Gemeinschaftsräume waren bereits komplett dekoriert worden. Im großen Foyer stand ein riesiger Tannenbaum, der natürlich bereits vollständig geschmückt war, damit er nicht so nackt wirkte. Dafür hatte ich mehrere Stunden gebraucht. Es war auch nicht einfach gewesen, auf einer Leiter in mehreren Metern Höhe die Weihnachtskugeln und Lichterketten zu platzieren.

Die Adventsplanerin - Liebe im TraumzeithofWo Geschichten leben. Entdecke jetzt