Teil 22

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„Vielen Dank, dass Sie mir noch kurz Ihre Aufmerksamkeit schenken", sagte Herr Moisander, nachdem er auf die Bühne getreten war. „Gleich werden wir die Tanzfläche eröffnen. Bevor das geschieht, möchte ich noch eine Ankündigung machen."

Jetzt wurde es also ernst. Herr Moisander hatte extra alle Mitarbeiter gebeten, sich im Ballsaal zu versammeln. Selbst diejenigen, die bislang im Hintergrund geblieben waren, hatten herkommen sollen. Sie standen nun entweder am Bühnenaufgang oder hatten sich in einer Reihe an die Wand im hinteren Bereich des Saals aufgestellt. Alle ahnten, was nun kommen würde. Jetzt würden wir wohl erfahren, wie es mit dem Traumzeithof weitergehen sollte. Denn die allgemeine Weihnachtsansprache für das Personal hätte er sonst vermutlich nicht vor all den Gästen gehalten.

Herr Moisander erzählte kurz etwas über die Geschichte des Hotels und dass er den Traumzeithof vor über zwanzig Jahren von seinem Vater übernommen hatte.

„Es war eine wunderschöne Zeit, die ich hier verbringen konnte", sagte er. „Aber jetzt möchte ich kürzertreten und so habe ich mich entschieden – schweren Herzens – den Traumzeithof zu verkaufen."

Ein Raunen ging durchs Publikum. Während dort die meisten erschreckt oder zumindest erstaunt nach Luft schnappten, war es beim Personal ungewöhnlich ruhig. Ich stand zusammen mit einigen anderen gegenüber von der Bühne. Unsere Reihe war einfach nur still. Und ich schätzte, dass es bei der anderen Gruppe weiter vorne nicht anders war. Auch wenn wir natürlich mit dieser Nachricht gerechnet hatten, war es trotzdem ein Schock. Zumindest für mich. Ich stand völlig starr, konnte mich überhaupt nicht bewegen, während ich weiter gebannt auf die Bühne schaute und mich anstrengte, ja keines von Herrn Moisanders Worten zu verpassen.

„Ich stehe heute Abend hier, um mich von Ihnen zu verabschieden. Aber vor allem auch, um Ihnen voller Stolz meinen Nachfolger zu präsentieren."

Die Anspannung, die sich durch unsere Reihen zog, war fast greifbar. Ich merkte, wie sich alle neben mir etwas aufrichteten. Das war wirklich neu für uns. Jeder war von einem Verkauf ausgegangen, aber ich vermutete stark, dass niemand damit gerechnet hatte, dass schon jetzt ein neuer Inhaber feststand. Das war viel schneller gegangen, als ich es für möglich gehalten hätte. Vor allem musste Herr Moisander dann wirklich von demjenigen überzeugt sein.

„Darf ich Ihnen den neuen Inhaber des Traumzeithofs vorstelle: Henri Stollberger."

„Nein", entfuhr es mir. Und da war ich nicht die Einzige. Mehrere hatten erstaunt aufgeschrien. Nur eine war völlig ruhige geblieben und klatschte vergnügt in die Hände: Regina. Sie hatte es definitiv gewusst. So viel stand fest.

Ich beobachtete, wie Henri auf die Bühne kam – natürlich ohne Weihnachtsmannkostüm. Tausend Gedanken und unzählige Fragen durchschossen meinen Kopf. Wie hatte das bitteschön zustande kommen können? Ich hätte noch nicht einmal vermutet, dass Henri so viel Geld hatte, dass er sich den Kauf eines solchen Hotels tatsächlich leisten konnte. Irgendwie war ich immer davon ausgegangen, dass er sich als Autor zwar genug zur Seite gelegt hatte, um nie einen festen Job annehmen zu müssen. Aber dass es genug für einen solchen Coup war, hätte ich nicht gedacht. Aber vielleicht kam das Geld auch ganz woanders her. Henri war so ein geheimnisvoller Mann, aus dem ich einfach nicht schlau wurde. Er lebte so zurückgezogen und auf einmal würde er zum Retter von einem der wichtigsten Arbeitgeber der Stadt werden. Ich merkte, wie ich Tränen in den Augen bekam.

Ich hörte seiner Ansprache überhaupt nicht richtig zu. Ich war so überwältigt, dass ich mich gar nicht konzentrieren konnte. Wie ferngesteuert stimmte ich in aufbrausenden Applaus mit ein und betrachtete danach die Gäste, die zur Tanzfläche strömten. Als wäre nichts geschehen, erhoben sie sich von ihren Sitzen. Alle sahen so wunderschön aus, vor allem die Frauen, die mit ihren imposanten Kleidern den Saal noch mehr zum Leuchten brachten.

Die Adventsplanerin - Liebe im TraumzeithofWo Geschichten leben. Entdecke jetzt