Teil 5

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Am Donnerstag wurde ein außerordentliches Meeting einberufen, zu dem unsere Hausleiterin Regina kurzfristig eingeladen hatte. Der Hotelinhaber war nicht mit dabei, aber wir erfuhren, dass das Treffen seine Idee gewesen war. Was allerdings genau dahintersteckte, wussten wir nicht. Ein Großteil der Mitarbeiter war im Aufenthaltsraum für das Personal zusammengekommen und wartete gespannt ab, worum es bei dem Meeting gehen würde.

„Liebe Kolleginnen und Kollegen", begann Regina. „Wie die meisten bereits mitbekommen haben dürften, gastiert derzeit ein Reporter in unserem Hotel."

Bestätigendes Gemurmel machte sich breit, ehe Regina weiterredete.

„Wie ich aus einzelnen Gesprächen mit euch bereits heraushören konnte, scheint Herr Freisinger noch nicht wirklich auf unsere speziellen Angebote einzugehen und auch kein besonderer Adventsfan zu sein wie unsere üblichen Gäste zu dieser Jahreszeit. Er hat die Dekorationen aus seinem Zimmer außer Sichtweite gestellt und sogar den kleinen Baum auf den Balkon verfrachtet. Auf unserem Adventsmarkt wurde er bisher nur einmal gesichtet. Dabei soll er wohl nur kurz etwas gegessen haben, ohne den restlichen Ständen auch nur einen Blick zu schenken. Er war vor zwei Tagen zwar bei einer Lesung, schien aber eher unbeteiligt und wenig begeistert."

Ich nickte, denn mittlerweile hatte ich herausgefunden, wer der Mann war, der mich die Tage zuvor so durcheinandergebracht hatte. Eigentlich hatte es mich nicht sonderlich überrascht, als ich herausgefunden hatte, dass er Journalist war und er es daher vielleicht auch schlicht gewohnt war, sich über Titel und Texte anderer ein Urteil zu bilden. Und dieses öffentlich kundzutun.

„Herr Moisander hat noch einmal betont, wie wichtig es ist, Herrn Freisinger von unserem Konzept zu überzeugen", sagte Regina.

Herr Moisander war der Hotelinhaber. Ich hatte ihn bislang nur zwei Mal gesehen. Es wunderte mich ein wenig, dass er selbst nicht öfter im Gebäude unterwegs war, um sich davon zu überzeugen, ob alles stets in bester Ordnung war. Aber vielleicht hatte er auch einfach genug Vertrauen in sein komplettes Personal. Allerdings fragte ich mich schon, wieso er so versessen auf diesen Artikel über sein Hotel war. Ich hatte mit meinen Kollegen gesprochen und sie hatten bestätigt, dass zuvor noch nie ein Journalist als Gast eingeladen worden war. Es gab zwar ständig gute Presse über Veranstaltungen vor Ort, aber es hatte noch nie diesen exklusiven Einblick für jemanden gegeben. Ich fand das auch wirklich merkwürdig. Ich bezweifelte, dass andere Hotels so etwas taten.

„Für uns alle gilt es nun, Herrn Freisinger unser Hotel und die Adventszeit bei uns näher zu bringen", sagte Regina. „Ich dachte da vor allem an unser Event-Team. Wie wäre es, wenn Sie, Lara, zu seiner persönlichen Betreuerin werden?"

Alle Augen richteten sich auf mich.

„Seine Betreuerin?", entfuhr es mir etwas zu laut. „Was soll das denn für eine Aufgabe sein? Soll ich ihm jetzt jeden Tag persönlich unsere Highlights vorstellen oder wie genau soll ich ihn dazu bekommen, an mehr Aktionen teilzunehmen?"

„So in etwa", antwortete Regina. „Es wäre schön, wenn Sie sich etwas einfallen lassen könnten, um ihn dazu zu bewegen, nicht nur in seinem Hotelzimmer zu hocken oder in der Stadt im Café zu sitzen. Ansonsten wüsste ich nämlich nicht, wie jemals ein authentischer Artikel über unseren weihnachtlichen Traumzeithof entstehen soll."

„Und wie genau soll ich ihn dazu bekommen?"

Auf diese Frage bekam ich als Antwort nur ein Schulterzucken. Na das konnte ja noch heiter werden.


***


Nach der Versammlung fühlte ich mich nicht wirklich wohl. Schon bei dem Gedanken daran, diesem Herrn Freisinger von jetzt an öfter zu begegnen, sorgte bei mir für ein flaues Gefühl in der Magengegend. Zudem sollte ja ich diejenige sein, die ihn aufsuchen sollte und nicht umgekehrt. Dabei hatte ich keine Ahnung, wie ich ihn dazu bringen sollte, sich ein wenig mehr zu beteiligen. Ich wusste ja noch nicht einmal, wo er sich im Moment überhaupt aufhielt. Ich entschied mich, mir später darüber Gedanken zu machen und fürs Erste einfach meiner normalen Arbeit nachzugehen. Ich wurde schließlich nicht dafür bezahlt, nur einen einzigen Gast zu beschäftigen.

Die Adventsplanerin - Liebe im TraumzeithofWo Geschichten leben. Entdecke jetzt