Drei Männer und ein Pferd im Moor

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Stille.

Alle starrten auf den getöteten Mann der im Staub des kleinen Platzes lag. Harry trat heran, sah auf ihn hinunter, zog ihm den Pfeil aus der Kehle, wischte ihn an seiner Hose ab und steckte ihn zurück in den Köcher. Die Dörfler schwiegen und Louis sah ihn fassungslos an. Niemand hier schien so recht glauben zu können, dass er gerade wirklich einen Menschen getötet hatte und alle starrten weiterhin auf den Toten, der im Staub des Dorfplatzes lag und sich nicht mehr bewegte. „Wir müssen hier weg." sagte Harry zu Louis, kniete sich neben ihn und sah ihn an: „Kannst du aufstehen? Hat er dich schwer verletzt?" - „Ich...ich weiß nicht genau...aber lass uns erstmal hier verschwinden." sagte Louis und stand mit wackeligen Beinen auf. Als sie sich umwandten, stand ein älterer Mann vor ihnen: „Danke. Ihr habt uns gerettet. Wir werden uns um Dorian kümmern, bis er wieder gesund ist, aber den Toten müsst Ihr aus dem Weg schaffen. Wir werden nicht verraten, was aus ihm geworden ist, sollte man nach ihm fragen." versprach er und Harry nickte. „Wir schaffen ihn fort und das Pferd nehmen wir auch gleich mit, das können wir gut gebrauchen." sagte er und zusammen mit dem Mann schafften sie es, den leblosen Körper auf den Rücken des Tieres zu heben. Harry band das Pferd los und gemeinsam verließen sie das Dorf, in dem es nun still war. Niemand winkte, oder rief ihnen nach. Alle schienen noch zu geschockt zu sein und sahen ihnen nur nach, wie sie in den Bäumen verschwanden.

Louis Bein brannte beim Gehen und er humpelte leicht neben Harry her, der das Pferd führte, das zwar ein wenig verwirrt aussah, ihnen jedoch folgte. „Wo werden wir ihn los?" fragte Louis und nickte zu dem Toten hin. „Vielleicht finden wir einen Sumpf in dem man ihn versenken kann...zuerst hatte ich überlegt, ihn einfach in einen See zu werfen, aber er könnte nicht untergehen und vielleicht gefunden werden. Hier muss es irgendwo ein Moor geben, wenn ich mich recht erinnere." sagte Harry und Louis musterte ihn: es schien ihm nichts auszumachen, dass er gerade einen Menschen getötet hatte. Wie oft hatte er das schon getan? „Sie mich nicht so an, Louis. Ich konnte nicht zulassen, dass er dir auch noch wehtut, nachdem du dich einfach dazwischn geworfen hattest. Was hast du dir eigentlich dabei gedacht? Das war wirklich töricht." sagte Harry ernst und lächelte dann mild: „Sobald wir ihn hier losgeworden sind, sehen wir uns deine Verletzung mal an, ja?" Louis nickte. Sein Mund war trocken geworden. Ja, es war töricht von ihm gewesen, sich einfach so einzumischen, doch Harry hatte den Mann getötet, weil er ihn bedroht hatte. Das war nicht minder töricht. Wenn man das herausfinden würde, würde man ihn einsperren und umbringen und er war das Risiko eingegangen, weil ER bedroht worden war. In Louis zog sich alles zusammen vor Dankbarkeit und Scham, denn bisher hatte Niemand in seinem Umfeld so etwas je für ihn getan. Gleichzeitig erschreckte es ihn ein wenig, dass Harry seine Drohung, den Mann zu erschießen, einfach so wahrgemacht hatte. Vermutlich hatte die Zeit im Wald und die Tyrannei, die er erlebt hatte, ihn hart und kalt gemacht und er begegnete Gewalt nun ebenfalls mit Gewalt. Würde er auch so werden, wenn er nur lange genug bei den Merry Men war? Würde auch er irgendwann einen Mann töten, ohne dabei mit der Wimper zu zucken? Wollte er das überhaupt? Louis war nie ein Mensch gewesen, der anderen Schlechtes wollte, doch wie es schien, gab es manchmal keinen anderen Weg. „Du bist so nachdenklich, was ist los? Ist es, weil ich dich töricht genannt habe?" fragte Harry und sah zu ihm hinunter. Louis biss sich kurz auf die Lippe, dann sagte er: „Nein, ich habe mich nur gefragt, ob ich auch so werde, wenn ich lange bei euch bin." gab er zu und sah schnell zu Harry hin, um seine Reaktion zu sehen. „Wie wirst du werden?" fragte sein Begleiter und sah ihn weiterhin interessiert an. „So...hart...ich meine; du hast diesen Mann erschossen, das ist doch...ich weiß auch nicht...nicht richtig...oder nicht?" - „Er hat dir wehgetan und keine Anstalten gemacht, damit aufzuhören. Ich konnte nicht zulassen, dass er dir oder Dorian noch mehr Schmerzen zufügt. Du hast seinen Blick nicht gesehen, als der Lederriemen euch getroffen hat. Er hatte ein gutes Gefühl dabei, das konnte man sehen. Und solche Menschen verdienen es nicht, am Leben zu bleiben. Das hat nichts mit Härte sondern mit Nächstenliebe zu tun." - „Aber man tötet Niemanden aus Nächstenliebe." widersprach Louis und Harry schüttelte den Kopf: „Ich rede nicht von Nächstenliebe zu diesem Mann. Ich rede von Nächstenliebe gegenüber dir." Louis übersah eine Mulde im Boden, weil er unentwegt Harry anstarrte und stolperte, fing sich aber wieder und humpelte weiter neben ihm her. „Du bist Teil der Merry Men und ich lasse nicht zu, dass Jemand meinen Freunden wehtut. Es reicht, wenn Jonathan das Volk unterdrückt und wenn ich schon das nicht verhindern kann, dann will ich wenigstens meine Freunde schützen. Da vorne ist das Moor." sagte Harry und tatsächlich konnte man von Weitem das Glitzern von Wasser erkennen, das die Sonnenstrahlen reflektierte.

Der verlorene KönigWo Geschichten leben. Entdecke jetzt