Ein Vorrat an Pfeilen

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Zayns Worte schienen Harry überzeugt zu haben und er nickte langsam. „Ja, vielleicht ist das wirklich besser. Ich weiß auch gar nicht, wie viel wir noch im Lager haben." Neugierig verfolgte Louis das Gespräch und fragte sich, ob die Vier wirklich gerade darüber sprachen einen Geldkutsche zu überfallen. „Ed hat schon den Posten an der Kreuzung bezogen und behält alles im Auge." Cuthberts Blick fiel nun endlich auf Louis und er zog die Augenbrauen zusammen. „Wer ist das?" fragte er an Harry und Zayn gewandt. „Das ist Louis. Vogelfrei und seit gestern bei uns. Er hat sich gerade Leofwine vorgestellt. Hast du nicht zugehört?" - „Nein, ich war in Gedanken bei der Kutsche." gab Cuthbert zu und wandte sich dann an Louis: „Hallo Louis. Mein Name ist Cuthbert." Sein Handschlag war fest und kräftig, man spürte, dass er mit den Händen arbeitete. Er drückte Louis Hand so fest, dass er ihm den verletzten Daumen zusammenpresste und Louis zischend einatmete: „Au..." - „Oh, das tut mir Leid, ist die Verletzung noch recht frisch?" fragte Cuthbert sofort und Louis berichtete von seiner Erfahrung, die er in der Folterkammer des Königs gemacht hatte. Ob der Druide in der Nähe war? Die Salbe,die er ihm gestern angerührt hatte, hatte gut geholfen und er hoffte, heute nochmal eine neue Behandlung zu bekommen. Jedoch wollte er nicht direkt danach fragen, schließlich war er gerade erst ganz neu hier und hielt es nicht für sinnvoll, sich jetzt schon so zu verhalten, als forderte er Dinge ein. „Ich brauche neue Pfeile. Mist." stellte Harry fest, zählte die Pfeile im Köcher nochmals nach und seufzte. „Macht ihr die selbst?" fragte Louis und deutete auf die Pfeile. Sie sahen alle gleich aus und er vermutete, dass sie von einem Handwerker gemacht worden waren. „Nein. Einmal pro Woche geht einer von uns in die Stadt und kauft Pfeile. Bisher ist noch niemandem aufgefallen, dass man mit der Menge eine ganze Armee ausstatten könnte. Niemand ist bisher misstrauisch geworden." Zayn klang spöttisch, als er das sagte und Harry kicherte: „Hey, binde ihm keinen Bären auf. Woher soll er es denn auch wissen?" Er sah Louis an, lächelte und sagte: „Wir machen das alles selbst. Auch die Bogen haben wir selbst gemacht. Wenn du möchtest, zeige ich dir unser Lager." er stand wieder auf, ging um das Feuer herum und verschwand wortlos in der Spalte, die nach Draußen führte.

Louis folgte ihm nach Draußen. Zayn misstraute ihm offenbar immer noch und Cuthbert schien sich gerade noch mit anderen Dingen zu beschäftigen, als dass er sich mit ihm unterhalten würde, da ließ er sich lieber von Harry das Lager zeigen. Sowieso fragte er sich, wo die Merry Men Waffen lagerten. Gab es hier vielleicht noch andere Bäume, die hohl waren, wie die Eiche und in der sich Schätze verbargen?

Sie entfernten sich immer weiter von der alten Eiche und irgendwann konnte man nicht einmal mehr die Umrisse des Baumes ausmachen, der durch die übrigen Bäume schimmerte. Bald fehlte Louis auch die Orientierung und er konnte nicht mehr sagen, in welcher Himmelsrichtung sich das Lager befand. Wenn Harry ihn jetzt allein lassen würde, könnte er die Eiche nicht mehr allein finden. Als sie an niedrigen Felsen vorbeikamen, die aussahen, als hätte sie ein Riese vor langer Zeit einmal ganz willkürlich in der Landschaft verteilt, sagte Harry: „Wir sind gleich da." Er ging zwischen zwei hohen Felsen hindurch, die so eng beieinander standen, dass man sich beinahe die Schultern anstieß und bog dann nach rechts ab. Einen Moment hatte Louis Angst, ihn nun doch verloren zu haben, doch dann sah er einen Strauch erzittern und schob sich zwischen den Ästen hindurch. „Gib Acht, dass du nicht fällst." ermahnte Harry ihn und Louis sah schnell auf den Boden. Sie befanden sich in einer Höhle, die sehr breit war. Durch den schmalen Felsspalt fiel ein wenig Licht und so konnte Louis schemenhaft hinter Harry einige Gegenstände erkennen, die an der Steinwand lehnten. Einige Lederbeutel, sowie ein Korb mit Äpfeln. „Hier lagert ihr Gold?" Suchend sah sich Louis in der kleinen Höhle um, doch da war nichts zu entdecken, das im fahlen Licht glitzerte. „Ja, aber natürlich stellen wir die Truhe nicht einfach mitten in die Höhle." Harry schob sich an Louis vorbei und ging in eine Ecke, wo einige flache Schiefersteine aufgetürmt lagen. Ein kratzendes Geräusch war zu hören, als er die Steine beiseite schob und Louis dann zwei Silbermünzen hinstreckte. „Hier. Viel ist nicht mehr da. Wir sollten wirklich diese Kutsche ausnehmen." überlegte Harry mehr für sich selbst und legte das Silber wieder zurück und bedeckte es mit etwas Erde. „Ihr seid also Wegelagerer?" fragte Louis vorsichtig wärend Harry nun wieder die Steine aufschichtete. „Ja sind wir. Hm, hier haben wir also auch keine Pfeile mehr auf Vorrat, da muss ich mir dann wohl doch wieder selbst welche machen." Harry sah sich nochmal in der Höhle um, fast so, als hoffte er, vielleicht doch Pfeile übersehen zu haben. Doch dem war leider nicht so und er bedeutete Louis, die Höhle wieder zu verlassen, ohne dabei genauer auf seine Frage einzugehen. „Möchtest du mir dabei helfen, geeignete Äste für die Pfeile zu finden? Wir können ja auf dem Rückweg ein wenig Ausschau halten." schlug Harry vor, nachdem sie sich durch den Strauch geschoben hatten, der den Eingang zur Höhle verbarg. „Ja sehr gerne." antwortete Louis und beobachtete Harry, der neben einem niedrigen Strauch stehengeblieben war und ein paar Äste genauer betrachtete. „Besonders gut eignen sich Äste, die schmal und gerade gewachsen sind. Sie sollten aber nicht zu biegsam sein, damit sie keine Kraft verlieren, wenn sie ihr Ziel treffen." erklärte Harry, zog ein Messer aus dem Gürtel und schnitt einige Äste ziemlich weit unten ab. „Hier, der hier ist perfekt." er reichte Louis einen schmalen Ast und dieser nahm ihn genau unter die Lupe. Noch nie hatte er sich damit beschäftigt, wie man Waffen selbst herstellte und die Merry Men schienen in diesem Gebiet sehr erfahren zu sein, also lernte er von den Besten, wenn er sich alles zeigen ließ. „Man muss sie dann noch in Form schnitzen und eine Spitze daran befestigen. Ich kann dir zeigen, wie das alles geht, wenn du möchtest." Louis nickte und nahm Harry die ganzen Äste ab, damit er weitere von den Sträuchern schneiden konnte. „Sobald meine Hand geheilt ist, helfe ich dir gerne. Vorher kann ich sicherlich kein Messer führen. Schießt du denn schon lange?" fragte er neugierig und nahm weiter Äste entgegen. „Ja, seit meiner Kindheit und ich bin wirklich gut darin. Der Langbogen ist eine praktische Waffe für die Leute, die sich keine teure Rüstung leisten und nicht im Nahkampf kämpfen können. Bei uns nutzen fast alle den Langbogen. Er hat viel Durchschlagskraft und leicht zu tragen, behindert nicht auf langen Wanderungen, was alles sehr hilfreich ist, wenn man sich viel im Wald herumtreibt." Sie gingen an vielen jungen Bäumen und Sträuchern vorbei, suchten sich das beste Holz aus und banden alles zu einem Bündel zusammen, um es besser transportieren zu können. Louis musterte die Äste in seiner Hand und fragte sich, wie viele Pfeile Harry wohl schon auf Menschen abgeschossen hatte. Obwohl er sich ziemlich sicher war, dass vorhin in der Eiche der Plan, eine Kutsche voller Golf zu überfallen, geschmiedet worden war, wollte er aus Harrys Mund hören, dass die Merry Men in Wahrheit nichts anderes als Wegelagerer waren. „Verbrauchst du denn viele Pfeile?" hakte er vorsichtig nach um nicht allzu direkt zu sein.

Der verlorene KönigWo Geschichten leben. Entdecke jetzt