Not you. Please.

Kapitel 10

Adela

Der Rest des Schultages geht noch relativ schnell vorbei, ins besondere, weil die letzte Stunde ausfällt. Deswegen gehe ich nach der Doppelstunde Mathe Richtung Ausgang vom Schulhaus. Meine Gedanken kreisen darum, wie ich die Arbeitsblätter und die Hefteinträge für Cameron, der in Mathe aus unerklärlichen Gründen normalerweise neben mir sitzt, nach Hause zu bringen.

Doch dann fällt mein Blick auf Alex, der mit Rick durch den Gang geht. „Alex. Warte mal.", rufe ich. Zu meinem Glück bleiben beide stehen und ich hole zu ihnen auf.

„Hey, Adela. Was ist los?"

„Ich wollte wissen, wo Cameron wohnt. Muss die Mathesachen bringen." Alex und Rick schauen sich mit hochgezogenen Augenbrauen an, antworten dann aber doch.

Schnell gebe ich die Adresse in mein Handy ein und stelle fest, dass es nur 20 Minuten zu Fuß sind. „Danke, Jungs. Bye." Ich drehe mich schon zum Ausgang, werde jedoch von Rick aufgehalten.

„Hast du nicht noch Unterricht?" Mit einem Lächeln schüttele ich den Kopf.

„Hab letzte Stunde Entfall. Auch der Vertretungslehrer ist krank. Und sonst kann keiner. Habt ihr Mijou gesehen?"

„Nein, sorry." Rick zuckt entschuldigend mit den Schultern. Seit Kunst hab ich sie nicht mehr zu Gesicht bekommen, da wir in unterschiedlichen Mathekursen sind.

„Na dann. Ciao."

Ich schreibe ihr noch, dass ich jetzt schon aus habe und sie sich nicht wundern soll, dann gehe ich los zu Cameron. Irgendwie bin ich nervös. Aber wieso? Vielleicht weil ich noch nie bei Cameron zu Hause war. Genau. Das muss es sein.

Mit Musik in meinen Ohren und der frischen Luft merke ich gar nicht, wie schnell die Zeit verflogen ist und schon stehe ich vor einem großen weißen Haus. Das muss es wohl sein, also läute ich an der Tür, die auch kurz darauf von einem sehr überraschten Cameron geöffnet wird.

„Hey. Was machst du denn hier?" Er fährt sich durch die längeren, gewellten Haare, die ihm in die Stirn fallen.

„Wollte dir nur den Berg an Blättern von heute vorbeibringen.", erwidere ich lächelnd. Auf seinem Gesicht bildet sich ein Grinsen.

„Dann immer herein spaziert." Er tritt zur Seite. Im Flur ziehe ich mir die Schuhe und Jacke aus, welche er mir abnimmt und aufhängt.

Er führt mich durch den Eingangsbereich hinter ins Wohnzimmer. Das Haus ist wirklich groß. Dort sehe ich ein süßes kleines Mädchen auf dem Sofa liegen, dessen Haare zu zwei Zöpfen geflochten sind. Im Hintergrund läuft der Fernseher, aus welchem ein Titelsong einer Kinderserie dudelt.

„Das ist Riley. Meine kleine Schwester." Verlegen kratzt er sich am Hinterkopf. Bei der Erwähnung ihres Namens blickt die kleine Maus auf und sieht mich mit großen Rehaugen an.

„Wow. Du bist schön.", sagt sie gerade heraus. Sie hat Schwierigkeiten, die einzelnen Wörter richtig auszusprechen, dennoch versteht man sie prächtig. Oh Gott. Wie süß. Jetzt, wo ich ihr Gesicht sehe, erkenne ich, dass sie nicht älter als drei oder vier sein kann.

„Riley!", weißt ihr Bruder sie zurecht.

Aber sie lächelt nur, dann fragt sie mich, wie ich denn heiße. Auch hier geht mein Herz auf.

„Adela. Ihr Name ist Adela." Bevor ich auch nur den Mund öffnen kann, hat Cameron bereits geantwortet. Ich werfe einen Blick zu ihm und sehe, wie er mich mustert. Mit einem Ausdruck, den ich nicht zu deuten vermag.

Sie mustert mich immer noch aus glänzenden Augen und grinst breit. Dann wendet sie sich wieder ihrer Serie zu. Und erst in diesem Moment fällt mein Blick auf den eingewickelten Fuß von der Maus.