Adela
Rick parkt auf dem Parkplatz vor der Schule. Außer ihm und Alex weiß noch niemand, dass ich heute wieder komme. Aber ich habe beschlossen, dass mir Ablenkung, in egal welcher Weise, definitiv gut tun wird. Sei es durchs Lernen oder am Abend mit den anderen Tanzen gehen. Inzwischen bin ich sogar so weit, dass ich mich darauf freue.
Da eben niemand wusste, dass ich heute wieder kommen würde, fällt auch die Begrüßung extrem stürmisch aus. Sobald ich aus dem Auto gestiegen bin, rennt mir eine kreischende Mijou entgegen, wobei ihre lange Kette hin und her baumelt und springt. Mich wundert es jedes Mal aufs Neue, wie sie mit so hohen Schuhen laufen kann. Das Gehen lass ich mir noch eingehen. Das kriege selbst ich noch hin, aber mit den mörderischen Dingern zu rennen? – nein danke. Ihre Locken wippen auf und ab, als sie quer über den ganzen Platz sprintet. Auch Mike wirkt überrascht, kommt aber nach wenigen Sekunden lächelnd auf mich zu.
„Oh mein Gott! Du bist wieder da!" Mijou zieht mich in eine feste Umarmung, die ich nur etwas verloren erwidern kann. Ich war doch nur für drei Tage nicht in der Schule und wir haben uns gestern gesehen.
„So lange war ich aber auch wieder nicht weg.", beschwere ich mich.
„Trotzdem. Du hast mir hier gefehlt." Sie löst sich wieder von mir, was mir die Möglichkeit gibt, wieder Luft zu holen, um nicht an Sauerstoffmangel zu sterben. „Mit den Jungs hier wurde es langsam langweilig." Sie deutet auf meinen Bruder und macht eine ausladende Geste, die auch Rick und Mike einschließt. Aber von Cameron weit und breit nichts zu sehen. Sehr seltsam. Normalerweise hängt Mijou an ihm wie ein kleines Hündchen.
„Wo ist denn Cameron?", frage ich in die Runde hinein, was von den Jungs nur mit einem Schulterzucken, von Mijou mit einem Blick zu Boden beantwortet wird. Ich werde sie einfach irgendwann alleine darauf ansprechen.
„Bereit? Können wir rein?" Mijou hält mir den Arm hin. Bei dieser Geste stocke ich einen Moment zu lange, bevor ich mich bei ihr unterhacke. Auf einmal kann ich wieder die Oberfläche des Sees vor mir sehen.
Als wir durch den Eingang gehen, sehe ich auch Cameron, den ich seit Dienstag nicht mehr zu Gesicht bekommen habe, endlich. Ich sehe Mijou fragend an, die aber scheint Cam nicht zu bemerken oder zu ignorieren, da sie mich einfach weiter ziehen will. Ich aber bleibe stehen und lasse meinen Arm aus ihrem gleiten. Vorsichtig nähere ich mich ihm. Er lehnt an seinem Spind, eine Hand in der Hosentasche, die andere hält sein Handy. Bei genauerem Betrachten fallen mir die dunklen Schatten unter seinen Augen auf. Er wirkt auch nicht sonderlich gut gelaunt. Trotzdem gehe ich weiter auf ihn zu, bis ich genau vor ihm stehen bleibe. „Cam?" Ich spreche leise, da ich ihn nicht erschrecken will. Er sieht noch schrecklicher aus, als ich gedacht habe. Nicht nur sind es Schatten unter seinen Augen, es sind schwarze Ringe. Seine Wangen wirken eingefallen. Auch sein Haar wirkt nicht gestylt wie sonst. Langsam hebt er seinen Kopf, bevor seine Augen meine treffen. Das schöne Braun, in das ich früher stundenlang hinein schauen konnte, wirkt nicht mehr wie Schokolade. Es ist nur noch... braun. Ohne jeglichen Glanz. Auch sein Lächeln in den Augen ist verschwunden.
„Pom." Er klingt heiser. Gar nicht wie er selbst. Seine Stimme scheint erschöpft. Kraftlos. Was war denn vorgefallen? Aber meinen Spitznamen von ihm zu hören tut ganz schön gut. Auf einmal klopft mein Herz mir bis zum Hals, weil ich so nervös bin.
„Bei dir alles klar?", frage ich nach. Er zwingt sich ein Lächeln ab, bevor sein Blick hinter mich gleitet. Ich folge diesem und sehe, dass die anderen sich gerade auf den Weg zu ihren Klassenräumen machen.
„Du bist wieder da." Ich erkenne, dass er unsicher ist, wie ich nun zu ihm stehe. Ich erkenne aber auch, dass er von seinem Zustand ablenken will.
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Not you. Please.
Romance》Band 1《 Nach einem Unfall, bei dem Adela ihren Vater verloren hat, befindet sie sich nur noch auf Autopilot. Sie versucht für jeden da zu sein und alle glücklich zu machen. Dabei wacht sie jede Nacht schreiend aus ihren Träumen auf. Eines Tages beg...